Amazon versendet seine Waren jetzt weltweit. Und zwar automatisch, wenn Händler, die am FBA-Programm teilnehmen, diese Funktion nicht deaktiviert haben.
Wer ist betroffen?
Erst einmal sollte klar sein, wer von der Änderung betroffen ist: Sie sollten weiterlesen, wenn Sie sich bei Amazon für das FBA-Programm angemeldet haben. FBA bedeutet:
Sie senden Ihre Ware an ein Amazon-Logistikzentrum,
Amazon kümmert sich um die Lagerung - und, sobald eine Bestellung eintrifft, auch um Verpackung, Lieferung, Kundenservice und Retourenabwicklung. Das Handling der Ware kann auch Umlagerungen der Ware in andere europäische Länder beinhalten.
Bisher war klar: Das ganze geschieht innerhalb der Grenzen Europas. Und jetzt heißt es, dass Amazon auch den weltweiten Versand übernimmt.
Nichtstun ist eine schlechte Idee
Eigentlich ist das doch kein Grund zur Besorgnis, sondern ein toller Service von Amazon, könnte man sagen. Ungünstig ist nur: Der weltweite Versand ist erst einmal automatisch für die Shop-Betreiber voreingestellt, wie eine gut versteckte Informationsseite von Amazon aufklärt. Wenn Sie also nichts machen, kann Ihre Ware bereits seit einem Monat weltweit durch Amazon versendet werden. Und bevor Sie sich vielleicht Gedanken gemacht haben, ob Sie das überhaupt wollen, ist das Kind möglicherweise schon in den Brunnen gefallen. Denn vorteilhaft ist der neue Service nicht in jedem Fall.
Egal wohin: Ausfuhrlieferung ist umsatzsteuerfrei
Steuerlich gesehen sind Sie auf einmal Exporteur. Sie liefern also in ein Drittland, was die USA oder auch die Schweiz sein kann. Das macht für Sie erst einmal keinen Unterschied, denn Ausfuhrlieferungen sind im Ursprungsland - in Deutschland - umsatzsteuerfrei.
Grund für die Regelung: Verhinderung der doppelten Besteuerung, also zum einen der Lieferung in Deutschland als auch der Einfuhr im Bestimmungsland - also dem Land, in das die Ware eingeführt wird.
Wie man die Umsatzsteuerfreiheit erreicht, ist dagegen nicht ganz so einfach. Um von der Umsatzsteuer befreit zu werden, müssen Unternehmer Beleg- und Buchnachweise vorlegen. Sonst ist nicht nachgewiesen, dass die Ware auch tatsächlich in das Drittland gelangt ist.
- Tipp 1 - Checkout überprüfen
Die meisten Käufe werden auf der Bezahlseite abgebrochen. Hier sollten Shop-Betreiber ansetzen. - Tipp 2 - Lieferangaben: So kurz wie möglich
Je weniger Daten potentielle Käufer eingeben müssen, umso geringer die Chance, dass sie abspringen. - Tipp 3 - Zahlungsoptionen prüfen
Findet ein Kunde das gewünschte Bezahlverfahren nicht, droht ein Kaufabbruch. Eine breite Auswahl an Bezahlverfahren kann dies verhindern. - Tipp 4 - Lieferzeit und Lieferkosten: bitte zum Nulltarif!
Sind die Versandkosten zu hoch, springen Kunden ab. Viele Kunden erwarten inzwischen sogar Versand zum Nulltarif. - Tipp 5 - Shops auf mobile Endgeräte optimieren
Immer mehr Kunden nutzen ihre mobilen Endgeräte zum Einkauf. Shop-Betreiber sollten ihre Webseiten darauf einstellen.
Was sind das für Belege?
Als Belegnachweis reicht bei Teilnahme am Automatisierten Tarif und Lokalen Zollabwicklungssystem (ATLAS-Verfahren) ein endgültiger Ausgangsvermerk mit MRN-Nummer (Movement Reference Number).
Nehmen Sie daran nicht teil, brauchen Sie einen vollständig ausgefüllten Frachtbrief oder vollständig ausgefüllten Einlieferungsschein inklusive des Ziellandes.
Wenn Sie solche Belege nicht haben, muss der Spediteur tätig werden. Er muss Ihnen einen Beleg mit folgenden Angaben ausstellen:
a) den Namen und die Anschrift des liefernden Unternehmers,
b) die Menge des ausgeführten Gegenstands und die handelsübliche Bezeichnung,
c) den Ort und den Tag der Ausfuhr sowie
d) eine Ausfuhrbestätigung der Grenzzollstelle eines Mitgliedstaates, die den Ausgang des Gegenstands aus dem Gemeinschaftsgebiet überwacht.
Außerdem brauchen Sie noch einen Buchnachweis, der folgende Daten enthalten muss:
1. die Menge des Gegenstands der Lieferung sowie die handelsübliche Bezeichnung,
2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers oder Auftraggebers,
3. den Tag der Lieferung,
4. das vereinbarte Entgelt,
5. die Art und den Umfang einer Bearbeitung oder Verarbeitung vor der Ausfuhr,
6. den Tag der Ausfuhr
7. sowie ggf. die MRN-Nummer.
Empfehlung: Nehmen Sie das mit den Belegen nicht auf die leichte Schulter beziehungsweise verlassen Sie sich nicht auf Amazon. Denn wenn alles schiefgeht, wird das Finanzamt Ihnen und nicht Amazon die deutsche Umsatzsteuer berechnen und nachfordern.
Das passiert im Drittland
Betrachten wir nun die steuerliche Seite im Drittland, wird es kompliziert. Und nicht nur das: Es kann auch richtig teuer werden.
Oder kennen Sie die umsatzsteuerlichen Regeln in jedem Drittland, in das Sie theoretisch liefern könnten? Wir nicht.
Wir wissen nur: Die Regeln können sehr unterschiedlich aussehen. So gibt es in bestimmten Ländern zum Beispiel sogenannte Lieferschwellen oder ähnliche Konstrukte. Sobald Sie mit den Umsätzen, die Sie mit Lieferungen in dieses Land erzielen, über die jeweilige Lieferschwelle kommen, wird dort Umsatzsteuer fällig.
In der Schweiz zum Beispiel wurde zum 1.1.2019 eine Art Lieferschwelle eingeführt. Was das bedeutet, zeigt das folgende Beispiel.
Beispiel: Schmidt ist deutscher Amazon-Händler und verkauft Kleidung. Am 15.4. kauft ein Schweizer Kunde bei Schmidt eine Hose für 100 Euro (dies entspricht etwa 113 Schweizer Franken). Eine andere Kundin in der Schweiz ersteht einen Rock für 40 Euro (etwa 45 Schweizer Franken). Da Schmidt in seinem Amazon-Konto die Funktion nicht rechtzeitig deaktiviert hat, wird Amazon tätig: Das Unternehmen übernimmt den Versand in die Schweiz. Schmidt kann jetzt nur noch prüfen: Ist die Schweizer Lieferschwelle überschritten?
Schmidt hat es dabei mit einer komplizierten Frage zu tun. Denn in der Schweiz läuft das mit den Lieferschwellen doch etwas anders, als er es aus Deutschland kennt. Die grundsätzliche Umsatzsteuerregelung in der Schweiz sagt: Eine Lieferung muss nur besteuert werden, wenn die Steuer 5 Schweizer Franken oder mehr beträgt. Bei einem Normalsteuersatz von 7,7% in der Schweiz liegt die Steuer bei einem Warenwert von 113 Franken darüber - und muss also besteuert werden. Diese Steuer muss der Schweizer Kunde, der die Hose gekauft hat, tragen. Die Steuer auf den Rock, dessen Warenwert nur 45 Franken beträgt, muss dagegen nicht von der Kundin bezahlt werden. Hierbei handelt es sich um eine sogenannte Kleinlieferung.
Kommen wir zu Schmidt und der Lieferschwelle. Seit dem 1.1.2019 müssen ausländische Importeure in der Schweiz - wie Schmidt - bezahlen. Es gilt eine Lieferschwelle von 100.000 Schweizer Franken. In diese Bemessungsgrundlage fallen allerdings nur solche Lieferungen, für die nicht schon der Kunde die Steuer trägt (Kleinlieferungen).
Für Schmidt heißt das: Der Umsatz aus dem Verkauf des Rocks an die Kundin fließt in die Bemessungsgrundlage ein. Und sobald in einem Jahr mehr als 100.000 Franken Umsatz mit solchen Lieferungen erzielt werden, muss Schmidt die Steuer abführen. Was das alles für Registrierungs- und Meldepflichten nach sich zieht, sollte Schmidt am besten mit einem Steuerberater besprechen. Und Sie auch, wenn Sie in eine ähnliche Situation kommen.
Tipp: Überlegen Sie sich so schnell wie möglich, ob der weltweite Amazon-Versand sich für Sie lohnt. Wenn nicht, deaktivieren Sie die Funktion besser gestern als heute.