Mittwoch Vormittag in Potsdam um acht Uhr: Mitarbeiter der A&O-Tochter 4tec GmbH fahren erst zum Kunden, nachdem ihnen die A&O Geld fürs Parken und Benzin ausgehändigt hatte. "Gegen Vorkasse", wie ein Mitarbeiter grimmig formulierte.
Dass die Servicegesellschaft mit ihren drei Niederlassungen in München, Neuss und Potsdam knapp bei Kasse war, war vielen Mitarbeitern bekannt. Wie knapp, zeigt eine interne Anweisung vom 13. Juli, die einen sofortigen Bestellstop von Fremdleistungen verlangt. Diese Anweisung ging an die Regional- und Gebietsleiter. Doch was die Mitarbeiter nicht ahnen konnten, aber gerade von der Geschäftsleitung um den offiziell erkrankten Michael Müller und Karsten Gosch (der derzeit laut einer internen Mail Herrn Müller offiziell vertritt) vorbereitet wurde, war, sowohl die 4tec als auch die Serviceorganisation itec GmbH, die ehemalige Siemens-Tochter Sinitec, in die Insolvenz zu schicken.
Mittwoch, kurz vor Mittag, erfolgte dann bei der A&O eine Telefonkonferenz mit wenigen Führungskräften. In dieser Konferenz kündigte die A&O-Geschäftsleitung an, dass beide GmbHs wegen Überschuldung Insolvenz anmelden müssten. Betroffen davon werden rund 550 Mitarbeiter sein. Am gestrigen Donnerstag (19.07) hat sie den Insolvenzantrag bei dem Amtsgericht Düsseldorf gestellt. Die Begründung lautet: mangelnde Profitabilität. Eine Stellungsnahme der Geschäftsleitung gab es auf Anfrage der CW-Schwesterpublikation "Channelpartner" nicht.
A&O-Geschäftsführer Michael Müller hatte die 4tec GmbH erst im Mai dieses Jahres gegründet, um die 550 Ex-Sinitec-Mitarbeiter zu deutlich schlechteren Konditionen als bisher zu beschäftigen. Im Klartext: Sie mussten mit Einkommenseinbußen zwischen 30 und 50 Prozent rechnen (siehe auch "Schlammschlacht zwischen IT Metall und A&O")
Daraufhin war es zu einem bösen Streit mit der IG Metall, aber auch mit Mitarbeitern gekommen. Sowohl die Gewerkschaft als auch Mitarbeiter weigerten sich, den durch den Betriebsübergang erfolgten Ausstieg aus dem Sanierungstarifvertrag, der für die itec GmbH galt, zu akzeptieren. Mit dem Abschluss dieses Tarifvertrages hatten die Sinitec-Mitarbeiter im Jahr 2005 zwar auf zirka 20 Prozent ihres Einkommens verzichtet und ferner 104 unbezahlte Überstunden pro Jahr zugesichert. Dafür war ihnen aber eine Beschäftigungsgarantie bis zum Jahr 2008 zugesichert worden. Diese Garantie wollte Müller mit der Gründung der 4tec los werden.
Was Müller nun erwartet, sind Hunderte von Klagen der IG Metall gegen die A&O Gruppe. Die Gewerkschaft klagt auf ausstehende Zahlungen an die Mitarbeiter, darunter Urlaubs- und Weihnachtsgelder.
Ob Müller der Coup der Insolvenz helfen wird, diese Zahlungen zu umgehen, ist zweifelhaft. Sicher dagegen ist, dass die europaweit rund 3.500 Mitarbeiter der A&O-Gruppe die Geschehnisse mehr als aufmerksam verfolgen werden. Das gilt insbesondere für 700 in Deutschland und weitere 2.300 GFS-Mitarbeiter (Global Field Services) in Europa, die die A&0 im vergangenen Herbst von IT-Dienstleister EDS übernommen hat. Denn ihnen könnte es genauso ergehen, wie es gerade mit den ehemaligen Sinitec-Mitarbeiternm passiert ist: Verkauft und dann abgewickelt. (Channelpartner/wl)