Tops und Flops

100 Jahre IFA

05.09.2024
Die IFA startete 1924 ganz unbescheiden als "Große Deutsche Funkausstellung". Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Messe zum Schauplatz bahnbrechender Innovationen, landete aber auch einige Flops.
In 100 Jahren Messegeschichte erlebte die IFA einige Aufs und Abs. Der Andrang zur Messe 1981 hier im Bild gehört zu den besseren Zeiten.
In 100 Jahren Messegeschichte erlebte die IFA einige Aufs und Abs. Der Andrang zur Messe 1981 hier im Bild gehört zu den besseren Zeiten.
Foto: IFA Berlin

Die Premiere des Farbfernsehens in Deutschland am 25. August 1967 begann mit einer Panne. Der damalige Vizekanzler Willy Brandt war auf das Gelände der Internationalen Funkausstellung (IFA) unter dem Berliner Funkturm gekommen, um vor laufenden Kameras mit einem großen roten Knopf das neue TV-Zeitalter zu starten.

Der Schalter war aber nur eine Attrappe, wie sich kurz danach herausstellte. Denn als der SPD-Politiker - eben noch in Schwarz-weiß zu sehen - den Knopf um 10:57 Uhr feierlich drückte, war es schon zu spät. Das übertragene Fernsehbild war bereits bunt. Wahrscheinlich hatte ein nervöser Techniker hinter der Bühne wenige Sekunden zu früh das Farb-TV aktiviert.

Bei der ersten IFA 1924 war telefonieren aus dem fahrenden Zug ein Zukunftsthema. 100 Jahre später wird darüber immer noch heiß diskutiert.
Bei der ersten IFA 1924 war telefonieren aus dem fahrenden Zug ein Zukunftsthema. 100 Jahre später wird darüber immer noch heiß diskutiert.
Foto: Bundesarchiv

Um eine echte Weltneuheit handelte es sich beim Start des Farbfernsehens aber nicht. Schließlich konnten einige Fernsehzuschauer in den USA schon seit Mitte der 50er Jahre bunte TV-Bilder empfangen - allerdings im qualitativ deutlich schlechteren Standard NTSC.

Deutschland setzte auf den von Walter Bruch bei Telefunken in Hannover entwickelten Standard PAL, der sich nach der IFA-Premiere in Westeuropa, Australien sowie etlichen Ländern in Südamerika, Afrika und Asien durchsetzen sollte. In der DDR kam die PAL-Technik aus Westdeutschland dagegen nicht zum Einsatz, weil sich der gesamte Ostblock für das französische System SECAM entschieden hatte.

Start auf dem "Strahle der elektrischen Kraft"

Zu Beginn der Funkausstellung in Berlin 1924 ging es noch nicht ums Fernsehen. Das kam erst sieben Jahre später. Zunächst standen die Radioempfänger im Rampenlicht. Die Parole der frühen Hörfunk-Pioniere lautete: "Vom Mund zum Ohr auf dem Strahle der elektrischen Kraft!"

Telefunken als einer der deutschen Fernsehpioniere war regelmäßig groß auf der IFA vertreten - so wie hier in Halle 2 im Jahr 1975.
Telefunken als einer der deutschen Fernsehpioniere war regelmäßig groß auf der IFA vertreten - so wie hier in Halle 2 im Jahr 1975.
Foto: IFA Berlin

Was wenige Jahre zuvor noch als vage Idee von kauzigen Bastlern abgetan wurde, zeigte schnell die Perspektive einer Wachstumsbranche. Radiohersteller wie Braun, Grundig, ITT Schaub Lorenz, Körting, Loewe, Nordmende, Saba und Telefunken machten nach den bescheidenen Anfängen jahrzehntelang nicht nur in Deutschland gute Geschäfte.

In der Geschichte des Fernsehens hat die Funkausstellung seit 1931 einen festen Platz. Damals führte der TV-Pionier und Wissenschaftler Manfred von Ardenne das erste voll elektronische Fernsehen vor, das für lange Zeit die TV-Zukunft bestimmen sollte. Im Jahre 1935 startete die deutsche Reichs-Rundfunkanstalt den ersten öffentlichen Fernseh-Programmdienst der Welt.

"Goebbels Schnauze"

Die Funkausstellung wurde nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten immer stärker politisch instrumentalisiert. Technische Innovationen wie der auf der Funkausstellung 1933 vorgestellte "Volksempfänger VE 301" wurden von Reichspropagandaleiter Joseph Goebbels persönlich in Auftrag gegeben und dienten dem Regime als wichtiges Propaganda-Werkzeug. "Goebbels Schnauze" war ein Radiogerät mit nur zwei Programmen.

Die IFA war auch immer wieder für spektakuläre Stände gut. Hier zeigte LG Electronics 2018 im "LED Canyon", was sich alles mit LED-Bildschirmen machen lässt.
Die IFA war auch immer wieder für spektakuläre Stände gut. Hier zeigte LG Electronics 2018 im "LED Canyon", was sich alles mit LED-Bildschirmen machen lässt.
Foto: Armin Weiler

Mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 fand die Funkausstellung ein vorläufiges Ende. Sie sollte erst 1950 als Wanderausstellung mit den Stationen Düsseldorf, Frankfurt, Berlin und Stuttgart neu gestartet werden. 1971 kehrte die Messe dauerhaft auf das Gelände unter dem Berliner Funkturm als "Internationale Funkausstellung" (IFA) zurück.

Internationale Ambitionen

Der neue internationale Anspruch im Messe-Namen wurde in den kommenden Jahren vor allem durch die wachsende Präsenz von ausländischen Ausstellern - vor allem aus Asien - unterstrichen. Und die sorgten für Highlights: So wurde auf der IFA 1981 die Compact Disc (CD) erstmals einem breiten Publikum vorgestellt.

1977 waren große Telefonhörer schick und durften die IFA-Besucher erstmals Bildschirmtext bestaunen. Immerhin hatten ARD und ZDF zum Start 400 informative Seiten im Angebot.
1977 waren große Telefonhörer schick und durften die IFA-Besucher erstmals Bildschirmtext bestaunen. Immerhin hatten ARD und ZDF zum Start 400 informative Seiten im Angebot.
Foto: IFA Berlin

Die Innovation war vom niederländischen Philips-Konzern zusammen mit dem japanischen Elektronikriesen Sony entwickelt worden. Die Compact Disc revolutionierte die Musikindustrie und leitete die Wende von der analogen zur digitalen Technologie ein.

Zwei Jahre später, auf der IFA 1983, wurden erste Digital-Fernsehgeräte vorgestellt. Zeitgleich wurde als Experiment auch erstmals 3D-Fernsehen gezeigt. Während sich das Digital-System inzwischen flächendeckend durchgesetzt hat, blieb das dreidimensionale TV eine Nischenanwendung.

HD, Full HD, 4K, 8K

Großen Anklang fanden dagegen Fernseher mit hoher Auflösung (HD), die ab dem Jahr 1985 auf der IFA gezeigt wurden. Die immer höhere Auflösung der Bildschirme - von HD zu Full HD über 4K bis hin zu 8K - zieht sich seitdem wie ein roter Faden durch die Geschichte der IFA, auch wenn sich nicht jeder in Berlin präsentierte Zwischenstandard durchgesetzt hat. Ein Beispiel dafür ist wie D2-MAC.

1983 konnten sich IFA-Besucher erstmals ein Bild vom 3D-Fernsehen machen - wobei damals die Bildschrimdiagonalen noch wenig beeindruckend waren.
1983 konnten sich IFA-Besucher erstmals ein Bild vom 3D-Fernsehen machen - wobei damals die Bildschrimdiagonalen noch wenig beeindruckend waren.
Foto: IFA Berlin

In den 90er Jahren verpasste die Berliner Messe dann allerdings einen wichtigen Techniktrend, den Mobilfunk. Die ersten beiden digitalen Mobilfunknetze in Deutschland und das erste massentaugliche Mobiltelefon von Nokia wurden 1992 vorgestellt - aber nicht auf der IFA, denn in diesem Jahr gab es gar keine Funkausstellung.

Erst 2005 wechselte die Messe auf einen jährlichen Rhythmus. Zu diesem Zeitpunkt war es aber schon zu spät, um Mobilfunk-Fachmessen, vor allem dem Mobile World Congress in Barcelona, Konkurrenz zu machen. Erst 2017 zeigte auf der IFA eine nennenswerte Anzahl damals namhafter Smartphone-Anbieter ihre Neuheiten - darunter LG, Lenovo, Sony Archos und Sharp, das seine Rückkehr in den Smartphone-Markt ankündigte.

1992 hatte Nokia das erste massentaugliche Mobiltelefon vorgestellt. 1993 war es dann auch auf der damals noch alle zwei Jahre stattfindenden IFA zu sehen.
1992 hatte Nokia das erste massentaugliche Mobiltelefon vorgestellt. 1993 war es dann auch auf der damals noch alle zwei Jahre stattfindenden IFA zu sehen.
Foto: IFA Berlin

Auch beim PC-Boom hatte die IFA lange das Nachsehen. Den Dauerstreit mit der CeBIT um Besucher- und Ausstellerzahlen entschied die Berliner Messe allerdings letzlich für sich: Im Jahr 2018 fand die CeBIT in Hannover zum letzten Mal statt. Die Deutsche Telekom, einst der Hauptmieter der Messehalle 21 der IFA, konzentriert sich inzwischen auf das eigene Event DigitalX in Köln.

Verpasste Themen

Auch in den vergangenen Jahren hat es die IFA versäumt, Trendthemen wie Elektromobilität oder autonomes Fahren aufzugreifen, wie dies der US-amerikanischen Konkurrenzveranstaltung CES in Las Vegas gelungen ist.

"Miss IFA" zeigte 2018 stolz ihre "Lieblingsprodukte". Dazu gehörten auch - aber nicht nur - diverse Haushaltsgeräte.
"Miss IFA" zeigte 2018 stolz ihre "Lieblingsprodukte". Dazu gehörten auch - aber nicht nur - diverse Haushaltsgeräte.
Foto: Messe Berlin

Aufgegangen dagegen ist die strategische Entscheidung der IFA, Ende der 2000er-Jahre nicht nur klassische Unterhaltungselektronik auszustellen, sondern auch Haushaltsgeräte ins Programm aufzunehmen - vom Geschirrspüler über den Kaffeevollautomaten bis hin zum Putzroboter.

Einen Einschnitt brachte auch der IFA die Corona-Pandemie. 2020 und 2021 musste die Messe abgesagt werden. Es folgten unangenehme Monate, in denen sich das künftige Ausrichterkonsortium um die GfU und den britischen Event-Spezialisten Clarion auf der einen und die Messe Berlin auf der anderen Seite um die künftige Ausrichtung stritten.

Seit Sommer 2023 ist ehemalige Samsung-Manager Leif-Erik Lindner Chef der IFA in Berlin.
Seit Sommer 2023 ist ehemalige Samsung-Manager Leif-Erik Lindner Chef der IFA in Berlin.
Foto: GfU

Auch der Messestandort Berlin wurde dabei in Frage gestellt. Im November 2022 konnten sich die Beteiligten dann auf ein gemeinsames Konzept verständigen. Seit Sommer 2023 ist ehemalige Samsung-Manager Leif-Erik Lindner neuer Chef der IFA in Berlin.

Um nicht erneut den Zug zu verpassen, hat sich der IFA-Veranstalter 2024 vorgenommen, intensiv auf Trendthemen wie Künstliche Intelligenz einzugehen. KI ist nicht nur auf den Computer-Bildschirmen allgegenwärtig, sondern steuert auch viele Geräte in der Unterhaltungselektronik und im Haushalt. (dpa/rs/pma)

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