Keine Einladung zum Bewerbungsgespräch

Gericht sieht Diskriminierung nicht gegeben



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Ein schwerbehinderter Bewerber hat nicht immer einen Entschädigungsanspruch, wenn er in einem Auswahlverfahren, das sich an eine bestimmte Personengruppe richtet, nicht berücksichtigt wurde.

Schreibt ein öffentlicher Arbeitgeber eine wegen Altersteilzeit frei gewordene Stelle nur für Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit Bedrohte aus, benachteiligt er allein dadurch keine schwerbehinderten Bewerber, die eine Anstellung haben. Er muss sie nicht zum Bewerbungsgespräch einladen. Darauf verweist der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die entsprechende Mitteilung des Arbeitsgerichts (ArbG) Kiel vom 22.10.2014 zu seinem Urteil vom 19.9.2014 - (Az. öD 2 Ca 1194 c/14).

Die deutschen Gesetze verbieten es, dass Schwerbehinderte im Job benachteiligt werden. Doch nicht immer ist eine Diskriminierung gegeben.
Die deutschen Gesetze verbieten es, dass Schwerbehinderte im Job benachteiligt werden. Doch nicht immer ist eine Diskriminierung gegeben.
Foto: Martin Fally - Fotolia.com

Nachdem an ihrer Universität wegen Altersteilzeit ein Arbeitsplatz frei geworden war, schrieb die Beklagte diese Stelle nur für arbeitslos Gemeldete oder von Arbeitslosigkeit Bedrohte aus, um eine aufstockende Förderung nach dem Altersteilzeitgesetz in Anspruch nehmen zu können. Der fachlich für die Tätigkeit zweifelsfrei geeignete Kläger bewarb sich unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung und stellte auf Nachfrage klar, dass er nicht arbeitslos und auch nicht von Arbeitslosigkeit bedroht sei. Daraufhin wurde er im Auswahlverfahren nicht weiter berücksichtigt und verlangte nun mit seiner Klage von der beklagten öffentlichen Arbeitgeberin 30.000,00 Euro Entschädigung nach dem Antidiskriminierungsgesetz.

Kein Indiz für eine Benachteiligung

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Aus der Tatsache, dass die Stelle eingeschränkt ausgeschrieben war, lässt sich keinerlei Zusammenhang ableiten, dass die Nichtberücksichtigung des Klägers an dessen Behinderung anknüpfte oder durch diese motiviert war. Im Übrigen muss ein öffentlicher Arbeitgeber geeignete schwerbehinderte Bewerber zwar grundsätzlich zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Geschieht dies nicht, ist das in der Regel ein Indiz für eine Benachteiligung wegen der Behinderung. Lädt ein öffentlicher Arbeitgeber aber einen Bewerber mit Behinderung ausschließlich deshalb nicht zum Vorstellungsgespräch ein, weil dieser die formalen Voraussetzungen der beschränkten Ausschreibung nicht erfüllt, ist die Indizwirkung widerlegt.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Klarmann empfiehlt, dies beachten sowie in Zweifelsfällen um Rechtsrat nachzusuchen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. - www.vdaa.de - verweist.

Kontakt: Jens Klarmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Vizepräsident des VDAA, c/o Passau, Niemeyer & Kollegen, Walkerdamm 1, 24103 Kiel, Tel.: 0431 974300, j.klarmann@pani-c.de, Internet: www.pani-c.de

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