Entgeltfortzahlung nur ohne Eigenverschulden

Ausgerutscht – wer trägt die Folgen?



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Verhält sich ein Arbeitnehmer besonders leichtfertig oder vorsätzlich, verschuldet er bei einem Sturz seine Arbeitsunfähigkeit selbst. Stefan Engelhardt nennt Details.

Für viele Arbeitgeber unbekannt ist immer noch die Regelung des § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG, wonach der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle entfällt, wenn ein Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit selbst verschuldet hat. Die Frage ist, welcher Grad des Verschuldens notwendig ist.

Mit einer Entscheidung vom 19.04.2013, 7 Sa 1204/11, hat das LAG Köln entschieden, dass ein besonderes leichtfertiges oder gar vorsätzliches Verhalten des Arbeitnehmers erforderlich ist.

Im entschiedenen Fall war die Klägerin in einem Restaurant der Beklagten beschäftigt und stürzte auf nassem Boden im Restaurant. Dabei verletzte sie sich so schwer, dass sie vier Wochen arbeitsunfähig war. Ihr Arbeitgeber weigerte sich nun, für die Zeit Entgeltfortzahlung zu leisten und vertrat die Auffassung, dass die Klägerin den Sturz selbst verschuldet habe, weil sie Stoffturnschuhe mit glatten Sohlen getragen habe. Bereits am Vortag hätten zwei Vorgesetzte sie darauf angesprochen, dass diese Schuhe nicht hinreichend rutschfest seien. Dennoch sei die Klägerin am nächsten Tag wieder mit diesen Stoffschuhen zur Arbeit erschienen.

Die Klägerin bestritt, am Unfalltag diese Stoffschuhe getragen zu haben und vertrat die Auffassung, dass sie Lederschuhe mit rutschfester Sohle getragen habe.

Kein Warnschild

Zu dem Unfall sei es auch nur gekommen, weil der frisch aufgewischte Boden nicht getrocknet gewesen sei. Ein Warnschild habe auch nicht auf den nassen Boden hingewiesen.

Ihre Klage hatte sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass es überhaupt nicht darauf ankomme, welche Schuhe getragen worden seien. Jedenfalls habe hier ein besonders leichtfertiges oder vorsätzliches Verhalten der Arbeitnehmerin nicht vorgelegen. (oe)

Stefan Engelhardt ist Landesregionalleiter "Hamburg" der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V., www.mittelstands-anwaelte.de
Kontakt:
Roggelin & Partner, Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwälte Partnerschaft, Alte Rabenstraße 32, 20148 Hamburg, Tel.: 040 769999-21, E-Mail: stefan.engelhardt@roggelin.de, Internet: www.roggelin.de

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