Urteil zur Auskunftspflicht

Steuerfahndung kriegt Daten von Plattform



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Der Bundesfinanzhof sieht kein Verweigerungsrecht wegen einer privatrechtlich vereinbarten Geheimhaltung bei Daten der Nutzer einer Internethandelsplattform.
Foto: eBay

Die Antwort auf ein Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung kann nicht mit der Begründung verweigert werden, die Geheimhaltung der Daten sei privatrechtlich vereinbart worden. Darauf verweist Fachanwalt für Erb-, Steuer sowie Handels- und Gesellschaftsrecht Dr. Norbert Gieseler aus der Nürnberger Kanzlei Meinhardt, Gieseler & Partner, Präsident des DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.7.2013 zu seinem Urteil vom 16.5.2013 (II R 15/12).

Im Streitfall ging es dem Finanzamt darum zu erfahren, welche Nutzer Verkaufserlöse von mehr als 17.500 Euro pro Jahr über eine Internethandelsplattform erzielt hatten. Name und Anschrift der Händler sollten ebenso angegeben werden wie deren Bankverbindung. Außerdem sollte eine Aufstellung der einzelnen Verkäufe vorgelegt werden. Ab einem Umsatz von mehr als 17.500 Euro pro Jahr ist Umsatzsteuer zu entrichten.

Das Sammelauskunftsverlangen war gerichtet an die deutsche Schwestergesellschaft eines in Luxemburg ansässigen Betreibers einer Internethandelsplattform. Die in Deutschland ansässige GmbH hatte die Internethandelsplattform früher selbst betrieben. Nach der Übertragung des Geschäfts auf ihre in Luxemburg ansässige Schwestergesellschaft hatte sie sich dazu verpflichtet, umfangreiche Datenverarbeitungsleistungen für diese auf der Grundlage luxemburgischen Rechts zu erbringen. Außerdem hatte sie sich verpflichtet, die von ihr zu verarbeitenden Daten nicht an Dritte weiterzugeben.

Argumente der Klägerin

Vor Gericht argumentierte die Klägerin, sie könne die von ihr verlangten Auskünfte nicht erteilen, da sie hierzu nach den für sie bindenden Weisungen ihrer Schwestergesellschaft nicht befugt sei. Sie könne ihre Schwestergesellschaft auch nicht dazu bringen, der Datenherausgabe zuzustimmen. Die Daten stünden ihr auch tatsächlich nicht zur Verfügung, da sie auf Servern im Ausland gespeichert seien, die ihr weder gehörten noch von ihr verwaltet oder gepflegt würden.

Das Finanzgericht (FG) hat daraufhin der Klage stattgegeben und das Sammelauskunftsersuchen aufgehoben, da der Klägerin die Erteilung der Auskunft in tatsächlicher Hinsicht unmöglich sei. Auf die Revision des Finanzamts hat der BFH das Urteil des FG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen, so Dr. Gieseler.

Das FG hat – wie sich aus der Begründung des Urteils ergibt – keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen getroffen, dass der Klägerin der Zugriff auf die Daten aus technischen Gründen unmöglich ist. Dass die Datenserver im Ausland stehen, steht dem Zugriff auf die Daten nicht entgegen. An die tatsächliche Würdigung des FG war der BFH deshalb nicht gebunden. Das FG hat vielmehr entscheidend darauf abgestellt, dass sich die Klägerin gegenüber ihrer Schwestergesellschaft zur Geheimhaltung der Daten verpflichtet hatte. Die darin liegende rechtliche Wertung hat der BFH verworfen. Die privatrechtlich vereinbarte Geheimhaltung kann der öffentlich-rechtlichen Auskunftspflicht nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden. Das Urteil des FG konnte deshalb keinen Bestand haben.

Finanzgericht muss weitere Fragen klären

Das FG muss nun feststellen, ob die Klägerin tatsächlich auf die fraglichen Daten zugreifen kann. Der BFH hat dem FG außerdem umfangreiche Hinweise für die weitere Bearbeitung des Falles erteilt.

Dr. Gieseler empfiehlt, dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen Rechtsrat einzuholen, wozu er u. a. auch auf den DUV Deutscher Unternehmenssteuer Verband e. V. (www.duv-verband.de) verweist. (oe)

Weitere Informationen und Kontakt:
Dr. Norbert Gieseler, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, für Steuerrecht und für Handels- und Gesellschaftsrecht sowie DUV-Präsident, c/o Meinhardt, Gieseler & Partner, Rathenauplatz 4-8, 90489 Nürnberg, Tel.: 0911 580560-0, E-Mail: kanzlei@mgup.de, Internet: www.mgup-kanzlei.de

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