Kollidiert ein Radfahrer im öffentlichen Straßenverkehr mit einem anderen – sich verkehrswidrig verhaltenden – Verkehrsteilnehmer (Kfz; Radfahrer usw.) und erleidet er infolge des unfallbedingten Sturzes Kopfverletzungen, die ein Fahrradhelm verhindert oder gemindert hätte, muss er sich grundsätzlich ein Mitverschulden wegen Nichttragens eines Fahrradhelms anrechnen lassen.
Dies, so der Kieler Rechtsanwalt Jens Klarmann, Präsident des VdVKA – Verband deutscher VerkehrsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die entsprechende Mitteilung des Gerichts vom 17.06.2013 hat der 7. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts 05.06.2013 entschieden und im konkreten Fall den Mitverschuldensanteil mit 20 % bemessen. (Az. 7 U 11/12).
Der Unfallhergang
Zum konkreten Fall: Die Klägerin fuhr mit ihrem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit auf einer Straße. Sie trug keinen Fahrradhelm. Am rechten Fahrbahnrand parkte ein Pkw. Die Halterin des PKW öffnete unmittelbar vor der sich nähernden Fahrradfahrerin von innen die Fahrertür, so dass die Radfahrerin nicht mehr ausweichen konnte, gegen die Fahrertür fuhr und zu Boden stürzte. Sie fiel auf den Hinterkopf und zog sich schwere Schädel-Hirnverletzungen zu, die einen zweimonatigen Krankenhausaufenthalt erforderten und anschließend eine ambulante Weiterbehandlung.
Da die ärztliche Behandlung und die berufliche Wiedereingliederung noch nicht abgeschlossen waren, verlangte die Fahrradfahrerin vor Gericht zunächst die Feststellung, dass die Halterin des PKW und deren Kfz-Haftpflichtversicherung verpflichtet sind, ihr alle aus dem Unfall entstandenen und zukünftig entstehenden Schäden zu ersetzen, insbesondere auch ein Schmerzensgeld zu zahlen. Die Halterin des Pkw und ihre Versicherung verteidigten sich damit, dass die Fahrradfahrerin ein Mitverschulden an den Kopfverletzungen treffe, weil sie keinen Helm getragen habe.
Die Fahrradfahrerin trifft ein Mitverschulden an den erlittenen Schädelverletzungen, weil sie keinen Helm getragen und damit Schutzmaßnahmen zu ihrer eigenen Sicherheit unterlassen hat (sogenanntes Verschulden gegen sich selbst). Der Mitverschuldensanteil wird im konkreten Fall mit 20 Prozent bemessen. Hierbei berücksichtigt das Gericht zum einen, dass ein Helm nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen die Kopfverletzung der Fahrradfahrerin zwar in einem gewissen Umfang hätte verringern, aber nicht verhindern können, und zum anderen, dass das grob fahrlässige Verhalten der Halterin des Pkw den Mitverschuldensanteil der Fahrradfahrerin deutlich überwiegt.
Helm – nicht verpflichtend, aber ratsam
Zwar besteht für Fahrradfahrer nach dem Gesetz keine allgemeine Helmpflicht. Fahrradfahrer, so das Gericht, sind heutzutage jedoch im täglichen Straßenverkehr einem besonderen Verletzungsrisiko ausgesetzt. Der gegenwärtige Straßenverkehr ist besonders dicht, wobei motorisierte Fahrzeuge dominieren und Radfahrer von Kraftfahrern oftmals nur als störende Hindernisse im frei fließenden Verkehr empfunden werden.
Aufgrund der Fallhöhe, der fehlenden Möglichkeit, sich abzustützen (die Hände stützen sich auf den Lenker, der keinen Halt bietet) und ihrer höheren Geschwindigkeit, z.B. gegenüber Fußgängern, sind Radfahrer besonders gefährdet, Kopfverletzungen zu erleiden. Gerade dagegen soll der Helm schützen. Dass der Helm diesen Schutz auch bewirkt, entspricht der einmütigen Einschätzung der Sicherheitsexperten und wird auch nicht ernsthaft angezweifelt.
Anschaffung eines Schutzhelms zumutbar
Die Anschaffung eines Schutzhelms ist darüber hinaus wirtschaftlich zumutbar. Daher kann nach dem heutigen Erkenntnisstand grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass ein verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens beim Radfahren einen Helm tragen wird, soweit er sich in den öffentlichen Straßenverkehr mit dem dargestellten besonderen Verletzungsrisiko begibt.
Klarmann empfiehlt, dies zu beachten und in ähnlichen Fällen ggfs. rechtlichen Rat in Anspruch zu nehmen, wobei er dabei u. a. auch auf den VdVKA - Verband deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V. (www.vdvka.de) verweist.
Weitere Informationen und Kontakt:
Jens Klarmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Präsident und geschäftsführendes Vorstandsmitglied des VdVKA - Verband Deutscher Verkehrsrechtsanwälte e. V., c/o Passau, Niemeyer & Collegen, Walkerdamm 1, 24103 Kiel, Tel.: 0431 9743030, E-Mail: j.klarmann@pani-c.de, Internet:
www.pani-c.de
- Kino gegen Langeweile
So lange die Genesung nicht gefährdet wird, ist – je nach Krankheit – ein Kino- oder Restaurantbesuch durchaus in Ordnung. Wer jedoch z.B. wegen einer Magenverstimmung nicht zur Arbeit geht, dann aber im Fastfood-Restaurant angetroffen wird, muss mit einer Abmahnung rechnen. - Krank während des Urlaubs
Das ist besonders ärgerlich. Aber zum Glück verlängert sich der Urlaubsanspruch um die Tage, an denen der Arbeitnehmer krankgeschriebenen ist. Der Arbeitgeber muss aber schnellstmöglich (z.B. Fax, E-Mail, Anruf) informiert werden. Ferner muss der Arbeitnehmer Adresse und Telefonnummer hinterlassen, unter der dieser erreichbar ist. - Urlaub trotz Krankheit
Reisen, die den Heilungsprozess fördern, sind grundsätzlich erlaubt. Wer also z.B. wegen eines Bronchialkatarrs krankgeschrieben ist, darf ruhig einige Tage an der Nordsee durchatmen. Zur Sicherheit soll man aber seinen Arzt fragen und sich die Reise von ihm genehmigen lassen. Wilde Partynächte am Ballermann sind dagegen der Genesung alles andere als zuträglich und verbieten sich damit eigentlich von selbst. - Dünne Besetzung
Solidarität mit den überlasteten Kollegen ist sicher löblich. Doch man sollte bedenken, dass man sich schnell in der rechtlichen Grauzone befindet, wenn man trotz Krankschreibung im Job einspringt. Denn ein Arbeitnehmer hat sich so zu verhalten, dass er so schnell wie möglich wieder gesund wird.