Nach einer vom OLG Düsseldorf erlassenen Entscheidung (I.-16 U 134/11 vom 26.10.2012) mag es im Hinblick auf das Sicherungsinteresse des Unternehmers für ein Jahr hinnehmbar sein, dass sich die Höhe des Einbehalts und das Stornorisiko nicht entsprechen. Muss der Handelsvertreter aber drei Jahre oder sogar noch länger warten, bis sich auch der letzte Vertrag außerhalb der Haftungszeit befindet, wird er unangemessen benachteiligt.
Ausgangspunkt ist die Bestimmung des § 87 a HGB, wonach der Provisionsanspruch des Handelsvertreters entsteht, sobald und soweit der Unternehmer das Geschäft ausgeführt hat.
Im konkreten Fall hatte das Unternehmen 15 % Stornoreserve aus jedem Geschäft einbehalten, bis ein Betrag von 10.000,00 € erreicht war. Der Vertreter sollte die Stornoreserve erst dann ausbezahlt erhalten, wenn sämtliche Forderungen des Unternehmens gegen den Vertreter ausgeglichen wären und sämtliche Verträge sich außerhalb der Haftungszeit befunden hätten. Da das Vermittlerkonto, auf dem sämtliche Verbindlichkeiten, Ansprüche und Gutschriften der Parteien in Form eines Kontokorrents verbucht wurden, einen negativen Saldo aufwies, machte das Unternehmen nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses Ansprüche gegen den Vertreter geltend. Dieser wehrte sich durch Aufrechnung mit Gegenansprüchen wegen der aus seiner Sicht zu hohen Stornoreserve.
Die erste Instanz hatte dem Unternehmen noch Recht gegeben. Zwar hätte das Gericht es auch für unzulässig gehalten, wenn das Unternehmen die gesamte im Laufe der Jahre aufgebaute Stornoreserve solange einbehalten hätte, bis auch der letzte möglicherweise stornogefährdete Vertrag aus der Haftungszeit entlassen gewesen wäre, doch verstand es die Klausel im Handelsvertretervertrag einschränkend in dem Sinn, dass ein Auszahlungsanspruch des Vertreters erst dann entstehe, wenn das Haftungsrisiko die Stornoreserve nicht mehr übersteige. Nach der zwischen den Parteien gelebten Praxis sei eine Übersicherung zu Gunsten der Klägerin ausgeschlossen gewesen.
Diese Entscheidung hielt das Berufungsgericht nicht. Die vom Unternehmen verwendete Bestimmung in den allgemeinen Geschäftsbedingungen sei unwirksam, da sie den Handelsvertreter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige (§ 307 BGB).
Es sei zwar grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn hinsichtlich der Auszahlung vereinbart werde, dass der Unternehmer die Stornoreserve noch einbehalte, bis nach Vertragsende anfallende Storni festgestellt und etwaige Rückgewähransprüche des Unternehmers dem Guthaben des Handelsvertreters belastet würden.
Restprovisionen
Über einen Zeitraum von etwa einem Jahr sei das auch noch hinzunehmen. Wenn der Handelsvertreter aber auf verdiente und an sich auszuzahlende Restprovisionen aber weit mehr als drei Jahre warten müsse, bis auch der letzte Vertrag sich außerhalb der Haftungszeit befinde, was im konkreten Fall zu 10 Jahren hätten sein können, sei dies eine unangemessene Benachteiligung des Handelsvertreters. Damit trage der Handelsvertreter ein zu hohes Risiko. Das sei nicht akzeptabel.
Im Ergebnis durfte damit der Handelsvertreter mit seinem Anspruch auf Rückzahlung der einbehaltenen Stornoreserve gegen die Forderungen des Unternehmens aufrechnen.
Der Autor Alexander Rilling ist Rechtsanwalt und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V., www.mittelstands-anwaelte.de
Kontakt:
Rechtsanwalt Alexander Rilling, c/0 Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll., Theodor-Heuss-Str. 11, 70174 Stuttgart, Tel.: 0711 305893-0, E-Mail: rilling@drgaupp.de, Internet: www.drgaupp.de
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