Das Bundesarbeitsgericht hat sich zu den Erfordernissen eines erfolgreichen Schadenersatzanspruchs bei einer möglichen Benachteiligung von Schwerbehinderten geäußert. Stefan Engelhardt nennt Details.
Die Klägerin dieses Verfahrens ist schwerbehindert und arbeitete seit 1996 für die Beklagte. Nach einer längeren Erkrankung wurde im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements Ende 2009 festgelegt, dass sie nach Möglichkeit die Beschäftigungsdienststelle wechseln solle. Im Juni 2010 wurde eine passende Stelle ausgeschrieben, auf die sich die Klägerin unter Hinweis auf ihre Schwerbehinderung bewarb.
Sie nahm dann an einem Vorstellungsgespräch teil, erhielt jedoch eine Absage, ohne dass diese begründet wurde. Hierin sah sie eine Benachteiligung aufgrund ihrer Behinderung und machte eine Entschädigung geltend. Ein Indiz für die Benachteiligung sei ihrer Auffassung nach darin zu sehen, dass die Beklagte der Aufforderung, den Grund für die Ablehnung der Bewerbung mitzuteilen, nicht nachgekommen sei und auch die Bitte, die Auswahlentscheidungsunterlagen einzusehen, abgelehnt habe.
Die Beklagte berief sich darauf, dass die Ablehnung der Klägerin nicht im Zusammenhang mit der Schwerbehinderung stehe, sondern sie vielmehr im Rahmen des Vorstellungsgesprächs keinen überzeugenden Eindruck hinterlassen habe.
Die Klage blieb in sämtlichen Instanzen ohne Erfolg.
Das Bundesarbeitsgericht (Entscheidung vom 21.02.2013, Aktenzeichen: 8 AZR 180/12) hat diese Entscheidung damit begründet, dass Arbeitnehmer, die eine Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG geltend machen, Indizien dafür vortragen müssen, dass ihre weniger günstige Behandlung aufgrund eines der in § 1 AGG genannten Gründe erfolgt sei oder aber dies zumindest zu vermuten sei.
Dies ist hier nicht geschehen, sodass die Klage abzuweisen war.
Daran ändert auch nichts, dass die Beklagte die Gründe für die Ablehnung der Klägerin zunächst nicht dargelegt habe. Dazu wäre sie nach § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX nur verpflichtet gewesen, wenn sie der Pflicht zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen nicht hinreichend nachgekommen wäre, was die Klägerin jedoch nicht dargelegt habe.
Auch die weiteren von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen stellen keine Indizien dafür dar, dass sie aufgrund ihrer Behinderung bei der Bewerbung nicht berücksichtigt worden sei.
Auskunftsanspruch
Daraus lässt sich ableiten, dass in dem Fall, dass der Arbeitgeber seine Pflicht zur Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen nicht hinreichend nachkommt, gemäß § 81 Abs. 1 S. 9 SGB IX die Gründe für die Ablehnung einer schwerbehinderten Bewerberin mitteilen muss, also ein Auskunftsanspruch des jeweiligen Arbeitnehmers besteht. (oe)
Der Autor Stefan Engelhardt ist Landesregionalleiter "Hamburg" der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V., www.mittelstands-anwaelte.de
Kontakt:
Stefan Engelhardt, c/o Roggelin & Partner, Wirtschaftsprüfer Steuerberater Rechtsanwälte Partnerschaft (AG Hamburg PR 632), Alte Rabenstraße 32, 20148 Hamburg, Tel.: 040 769999-21, E-Mail: stefan.engelhardt@roggelin.de, Internet: www.roggelin.de
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