Microsoft verlagert mit Windows Server 2012 zahlreiche Funktionen in die Cloud, die bislang auf dem SBS lokal betrieben werden konnten. Was aber, wenn der Kunde diese Dienste nicht in die Cloud auslagern will? Dann wird es teuer, so das Fazit vieler Partner.
Mit dem Startschuss von Windows Server 2012 hat Microsoft zeitgleich das Ende des Small Business Server (SBS) eingeläutet. Verfügbar ist künftig nur noch eine der SBS Essentials-Edition vergleichbare Server 2012 Essentials Version.
Die Essentials-Version des Windows Server 2012 ist, wie der bisherige SBS Essentials, für Unternehmen mit bis zu 25 Usern ausgelegt, für die keine Kosten für Client Access Lizenzen (CALs) anfallen. Exchange, SharePoint, WSUS und weitere Funktionen lassen sich - wie bei SBS Essentials, nur über Office 365 aus der Cloud beziehen.
Die Standard-Edition von SBS (ausgelegt bis zu 75 User) führte all diese und weitere Funktionen bereits vorinstalliert an Bord. Diese Version ist jetzt nicht mehr verfügbar.
- Windows Server 2012 Essentials
Das Dashboard wird über ein Icon auf dem Desktop gestartet und ist eine einfache Admin-Oberfläche. - Windows Server 2012 Essentials
Für die E-Mail-Funktionalität kann ein eigener Exchange-Server oder Office 365 angebunden werden. - Windows Server 2012 Essentials
Die Storage-Installation berücksichtigt auch die Backups der Clients, wie beim bisherigen Small Business Server Essentials. - Windows Server 2012 Essentials
Es werden einige der bisher bereits für den SBS 2011 Essentials verfügbare Add-ins gelistet. - Windows Server 2012 Essentials
Der Status der Systeme inklusive des Serves lässt sich auf einen Blick darstellen. - Windows Server 2012 Essentials
Die übersichtliche Nutzerverwaltung erlaubt das schnelle Hinzufügen oder Deaktiveren von Accounts.
Warum es teuer werden kann
Windows 2012 in der Standard-Version, die für nicht-virtualisierte Umgebungen ausgelegt ist, untersützt - im Unterschied zur bisherigen SBS-Standard-Version, keine 75 Client-Lizenzen mehr. Sondern hier werden die Lizenzkosten Prozessor-basiert berechnet plus CALs für jeden Nutzer oder jedes Endgerät, das direkt oder indirekt auf den Server zugreift. Nach Ansicht vieler Partner werden sich damit für viele Unternehmen die Kosten erhöhen.
Die Abkündigung der SBS-Standard-Version hat für die Endkunden - und letztlich auch die Vertriebspartner - insbesondere dann weit reichende Konsequenzen, wenn der Endkunde seine bislang vor Ort installierten Messaging- und Groupware-Funktionen nicht in die Cloud verlagern will.
Denn wer diese Komponenten weiterhin lokal nutzen möchte, muss die Lizenzen dafür separat kaufen. Damit schlagen aber nicht nur zusätzliche Gebühren für die Client Access Lizenzen (CALs) zu Buche, sondern auch die Implementierungskosten und möglicherweise auch mehr Serverhardware für einen separaten Exchange- und SQL-Datenbankserver.
Will der Kunde seine Daten und Dienste auch weiterhin selbst betreiben, wird es für ihn mit Microsoft Server 2012 sehr viel teurer als mit der bisherigen SBS-Standard-Edition.
"Small-Business-Server-Kunden, die bisher für 25 Clients Serverseitig zwischen 2.000 und 2.500 Euro bezahlt haben - also die Essentials-Version nutzten, müssen ab 2012 mit 10.000 bis 12.000 Euro rechnen, wollen sie weiter wie gehabt ihre Datenserver, Groupware,- Sharepoint sowie Backup- und Securitysoftware lokal betreiben", sagt Oliver Klarmann, IT-Consultant aus Frankfurt. Er betreut zahlreiche SBS-Anwenderunternehmen und sucht für seine Kunden nun nach Alternativen zum Microsoft Server 2012.
"De facto läuft die Umstellung auf eine massive Preiserhöhung für kleinere und mittelständische Unternehmen hinaus", zieht Univention-Geschäftsführer Peter Ganten Bilanz mit Blick auf die Reaktionen zahlreicher Anwender.
Endkunden wollen Cloud-Eintritts selbst bestimmen
Abgesehen von den Kosten sicht sich Klarmann auch noch aus einem weiteren Grund verpflichtet, sich nach Alternativen für die Kunden umzusehen: "Viele Kunden möchten nicht zwangsweise auf die Microsoft-Cloud umsteigen, um ihre Groupwaredienste und -daten zu nutzen."
"Für viele Organisationen ist es entscheidend, selbst bestimmen zu können, wann sie welche Dienste in die Cloud verlagern", sagt Ganten. "Wichtig ist es dabei, die Kontrolle über Daten und Dienste zu behalten und jederzeit die Möglichkeit zu haben, auch zwischen Anbietern wechseln zu können."
Vertriebspartner im Zugzwang
Angesichts dessen stecken viele Vertriebspartner in der Zwickmühle: Denn technologisch sei Microsoft mit Windows 2012 - gerade im Hinblick auf die Virtualisierungs-Funktionen und verglichen mit der Vorgängerversion - ein rundum guter Wurf geglückt. Auf der anderen Seite sei es gerade kleineren mittelständischen Kunden, die nicht in die Wolke wollten, kaum vermittelbar, künftig mehr zu zahlen, um den bisherigen Funktionsumfang lokal nutzen zu können.
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Open-Source-Anbieter wittern Morgenluft
Nach Aussagen von Univention steige das Interesse an Alternativen zum Small Business Server von Microsoft massiv an, und zwar in erster Linie bei Händlern und Systemintegratoren.
"Wir glauben, dass viele Anwender noch gar nicht realisiert haben, was die Änderungen im Portfolio von Microsoft für sie bedeuten", interpretiert Ganten diese Entwicklung und bringt hier den hauseigenen, Open-Source-basierten Univention Corporate Server (UCS) als Alternative in Stellung: "UCS stellt alles zur Verfügung, was nötig ist für Betrieb, Integration und Verwaltung von IT-Infrastruktur und Serverdiensten sowie Virtualisierungssoftware und vieles, was bei anderen Herstellern separat beschafft und verwaltet werden muss."
Obendrein umfasst der UCS die für den Betrieb von Windows-PCs wichtigen Active Directory-Domänendiensten und ermöglicht ebenso den Betrieb von Groupware- oder Dokumentenmanagementsystemen in der Cloud. "Allerdings können die Anwender hier selbst entscheiden, ob und welche Dienste sie bei welchem Cloud-Anbieter betreiben wollen und welche nicht", betont Ganten.
(rb)