Seit 1. Mai greift HPs neues Channelprogramm. Nach vielen turbulenten Jahren ist damit bei HP wieder eine klare Linie im Vertrieb und in der strategischen Ausrichtung erkennbar.
HP hat es dem Channel in den vergangenen Jahren nicht leicht gemacht: Immer wieder kam der Direktvertrieb den Partnern in die Quere, das Boni-Programm für die Distribution begünstigte im Enterprise-Bereich letztlich nur eine Hand voll großer Partner. Die an fixe Umsatzziele gekoppelten Backend-Boni führten obendrein dazu, dass das Geschäft für Reseller kaum kalkulierbar war. Das Programm insgesamt erwies sich in der Praxis als viel zu komplex. Es fehlte eine klare Unternehmensstrategie, bei der Produktentwicklung vermissten Partner - insbesondere im Storage-Bereich -lange Zeit die nötige Innovationen.
Entsprechend hoch waren die Erwartungen der Partner an HPs neue Konzernchefin Meg Whitman, die im September 2011 das Ruder übernahm. Whitman versprach beim Amtsantritt, alle Probleme anzupacken. Seitdem legten die PPS- und Enterprise-Units zahlreiche neue Produkte auf, und fanden damit - selbst im Storage-Umfeld - wieder Anschluss an die Wettbewerber. Im Februar 2012 führte die Enterprise Group (EG) ein neues Bonifizierungsmodell für die Distributoren ein, im Mai 2013 fiel der Startschuss für das überarbeitete Partnerprogramm, das die EG im November 2013 um einen weiteren Baustein ergänzen will.
Direktvertrieb soll den Channel fördern
Auf der Partnerkonferenz im Februar 2013 in Orlando hatte Meg Whitman erklärt: "Ich werde dagegen schießen, wenn jemand aus den eigenen Reihen dem Channel Geschäft wegnehmen will". Wie ernst es Whitman mit diesem Bekenntnis ist, wurde schon daran deutlich, dass Thomas Beyer, Director Corporates, Enterprise & Public Printing and Personal Systems Group, und somit Chef des Direktvertriebs bei HP PPS, bei der Ankündigung des neuen Channelprogramms in Las Vegas mit vor Ort war. Bei Partnern sorgte das für Aufsehen.
Doch wie soll dieses Versprechen in der Praxis eingelöst werden? Ähnlich wie Dell hat auch HP das Provisionsmodell für den eigenen Direktvertrieb geändert: Der Vertriebsmitarbeiter in HPs Direct Sales erhält für ein Projekt, das er mit einem Partner umsetzt, dieselbe Provision wie beim Direktverkauf ohne Partner. Flankiert wird diese Maßnahme von Trainings für den Umgang und die loyale Zusammenarbeit mit dem Channel.
Das Modell scheint zu greifen: "Seit vier Monaten habe ich keine Eskalationsmeldungen über Channelkonflikte mit dem Direktvertrieb mehr auf dem Tisch", berichtet Gabriele Pohl, Director Channel Sales der HP PPS in Deutschland. In den vergangenen Monaten habe der HP PSS Direktvertrieb bereits Großprojekte gemeinsam mit dem Channel abgeschlossen, die jetzt als Referenzprojekte dienten. "Das ist ein deutlicher Schritt nach vorn, um das Vertrauen der Partner wieder zu gewinnen", so Pohl.
Sollte der Endkunde darauf bestehen, direkt vom Hersteller betreut zu werden, will HP die Möglichkeit ausschöpfen, als Generalunternehmer zu agieren und Reseller als Lösungspartner und Value-Dienstleister mit einzubinden. "Dazu wird es demnächst eine Art Lösungskatalog geben, der die Lösungskompetenzen der Partner dokumentiert. Diesen Katalog nehmen unsere Endkundenbetreuer mit, um Kunden von der Kompetenz der Partner zu überzeugen und für deren Einbindung im Projekt zu gewinnen. Dieses Programm soll noch im laufenden Jahr starten", kündigte die PPS-Channelchefin an.
"Für HP ist das revolutionär"
Offensichtlich ist: HP kämpft um das Vertrauen der Partner. Ursprünglich als reine Channel-Company gestartet, hatte HP nach der Einführung des Direktvertriebs und den daraus resultierenden Reibereien viel Vertrauen verspielt, Partner verprellt und damit auch Kunden verloren. "Deshalb haben wir hierzulande schon vor zwei Jahren darüber nachgedacht, wie wir die Bezahlung der Direktvertriebsmitarbeiter verändern könnten, um Konflikte mit dem Channel auszuschließen. Aber diese Modelle greifen nur, wenn sie weltweit installiert und gesteuert werden", berichtet Pohl. Das ist jetzt erstmals der Fall. "Das ist eine Revolution für HP. Sie wird das Konfliktpotenzial nicht gänzlich ausmerzen, aber zu 95 Prozent auf jeden Fall", zeigt sich die Managerin zuversichtlich.
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