Der weltgrößte Handyhersteller Nokia wagt im Kampf gegen fallende Marktanteile eine Neuausrichtung. Wie der Konzern heute, Freitag, bekannt gegeben hat, kommt es zu einer umfassenden strategischen Partnerschaft mit Microsoft. Demnach wird Windows Phone zu Nokias wichtigster Smartphone-Plattform, die ihrerseits von der Expertise des Geräteherstellers profitierten soll.
Zumindest vorerst werden die Finnen aber auch Symbian treu bleiben. "Ich vermute, sie werden an Symbian für wenigstens ein Jahr festhalten, während sie den Preis für Windows Phone drücken", meint Gartner-Analystin Carolina Milanesi. Selbst das Linux-Experiment MeeGo wird von Nokia nicht eingestampft, sondern soll dieses Jahr doch noch Geräte hervorbringen.
Nokia & Microsoft: die schwächelnden Giganten
Mit Nokia und Microsoft verbünden sich zwei Giganten, die in den letzten Jahren im Smartphone-Geschäft Federn lassen mussten. Nokia und Symbian haben als Marktführer massiv Marktanteile eingebüst. Windows Phone wiederum liegt abgeschlagen auch hinter Android, dem BlackBerry OS und Apples iOS. Schon vor der offiziellen Verlautbarung der Union gab es daher seitens der Konkurrenz Häme. "Zwei Truthähne ergeben keinen Adler", ließ Google-VP Vic Gundotra via Twitter wissen. Doch Nokia erhofft sich vom neuen Bündnis eine Trendumkehr und soll gleichzeitig Windows Phone frischen Wind verschaffen.
"Ich bin aber etwas überrascht, wie sehr Microsoft offenbar das Ruder übernimmt", meint Milanesi. Nach Angaben von Nokia soll beispielsweise dessen eigener Content- und App-Store in Microsofts Marketplace integriert werden. Zudem wird die App-Entwicklung mit Microsoft-Tools erfolgen, was die Zukunft von Nokias eigener Entwicklungsumgebung Qt infrage stellt. Freilich liegt für Drittentwickler der Vorteil auf der Hand, dass sie somit Apps leicht auf Nokia-Geräte und andere Windows-Phone-Modelle bringen können.
Nokia fährt dreigleisig
Obwohl Nokia bei Smartphones in Zukunft auf Windows Phone als Top-Plattform setzen wird, bleibt der Konzern auch bisherigen Betriebssystemen treu. Symbian soll als Franchise-Plattform weiter bestehen. Dabei will Nokia nicht nur bisherige Symbian-Nutzer behalten, sondern in den nächsten Jahren immerhin noch um die 150 Mio. neue Symbian-Geräte verkaufen. Langfristig dürfte Symbian aber ganz verschwinden, mutmaßt Milanesi.
Auch die vor knapp einem Jahr angekündigte Plattform MeeGo wird vorerst nicht eingestampft. Vielmehr hält Nokia daran fest, dieses Jahr erste MeeGo-Produkte auf den Markt zu bringen. "Ich hoffe, dass ist eine vorübergehende Maßnahme mit Schwerpunkt Tablets, während man auf Windows 8 wartet. Es ist nicht sinnvoll, unterschiedliche Betriebssysteme für Tables und Smartphones zu haben", meint die Gartner-Analystin. Laut Nokia soll der Schwerpunkt bei MeeGo freilich verstärkt auf die "Erforschung von Next-Generation-Geräten, Plattformen und Benutzererlebnissen" legen.
Ab 1. April wird auch der Konzern neu strukturiert. Im Rahmen einer Smart-Devices-Sparte will Nokia Symian-, MeeGo- und Windows-Phone-Geräte vorantreiben. Die Sparte "Mobile Phones" wird ihr Hauptaugenmerk auf preiswerte Lösungen für Entwicklungs- und Schwellenländer legen. (pte/rw)