Praktisch alle neuen Features und auch das Design des Geräts waren bereits im Vorfeld durchgesickert - und die Neuerungen in Version 6 des Betriebssystems iOS hatte Apple auf der WWDC im Juli ja schon ausführlich angekündigt. Im Prinzip wurde das Design von iOS seit der Vorstellung des Ur-iPhones im Jahr 2007 nicht mehr grundlegend verändert - und die Skeuomorphismen ("Techik von heute, Design von gestern", wie es DRadio Wissen formuliert) des Systems und vieler Apple-eigener Apps stoßen inzwischen auf durchaus massive Kritik.
Die britischen Analysten von Ovum konstatieren angesichts dessen etwa: "Ohne ein Redesign der iOS-Benutzeroberfläche und unterliegenden Software-Plattform innerhalb der nächsten zwei Jahre wird Apple sich in einer ähnlichen Position wiederfinden wie Nokia und RIM mit ihren veralteten Smartphone-Plattformen, die ausgewechselt werden mussten." Nach der Ankündigung heute Abend ist sich Ovum-Mann Jan Dawson andererseits aber auch sicher, dass Apple von der iPhone-Neuauflage innerhalb der nächsten zwölf Monate trotzdem locker über 100 Millionen Stück verkaufen wird.
Doch zurück zu Hardware und Features des iPhone 5: Die neue Generation des Apple-Smartphones steckt in einem Gehäuse aus Aluminium und Glas mit diesmal wieder metallener Rückseite. Das Display ist wie erwartet höher geworden: Es hat nun eine Diagonale von 4 Zoll, stellt 1136 x 640 Bildpunkte dar - beim Seitenverhältnis von 16:9 passt eine Reihe mehr Icons auf den Bildschirm - und hat die gleiche Retina-Auflösung von 336 ppi wie der 4S-Vorgänger. Die Farbsättigung soll dem gegenüber aber 44 Prozent höher liegen und der Bildschirm überdies den vollen SRGB-Farbraum abdecken.
Herzstück des iPhone 5 ist der "A6"-Prozessor auf ARM-Basis, der gegenüber dem bisherigen A5 bei Rechenleistung und Grafik das Doppelte leisten soll, trotzdem aber 22 Prozent weniger Platz braucht. Insgesamt ist es Apples Hardware-Entwicklern gelungen, das neue iPhone 5 dünner und leichter zu machen. Es ist nur noch 7,6 Millimeter dick und wiegt 112 Gramm (4S: 9,3 Millimeter / 140 Gramm). Die Akkulaufzeit fällt nach Angaben des Herstellers dennoch ein wenig länger aus als beim Vorgänger.
In Sachen Mobilfunk hat das iPhone 5 wie erwartet die schnelle Datentechnik LTE an Bord (außerdem HSPA+ und DC-HSDPA); als Netzpartner für Deutschland wurde dafür einzig die Deutsche Telekom ausdrücklich erwähnt - das liegt daran, dass Vodafone und O2 ihr LTE auf Frequnzen senden, die das iPhone 5 nicht drauf hat. Das WLAN-Modul funkt bei 802.11n nun endlich neben 2,4 auch mit 5 Gigahertz. Die bereits im iPhone 4S eingeführte "dynamische Antenne" will Apple im neuen Smartphone nochmals verbessert haben.
Apple-Event als QuickTime-Stream
Apple hat mittlerweile die iPhone5-Ankündigung als QuickTime-Stream ins Netz gestellt. Außerdem gibt es ein Hintergrund-Video zum iPhone 5, in dem unter anderem der bühnenscheue Chefdesigner Sir Jony Ive zu Wort kommt.
Anschluss findet das iPhone 5 über den erwarteten neuen und kleineren Connector, den Apple (analog zur Rechner-Schnittstelle "Thunderbolt") auf "Lightning" getauft hat. Er führt acht Signale volldigital nach außen, der Stecker passt in beiden Richtungen. Natürlich gibt es als Zubehör auch einen Adapter vom alten 30-Pin-Anschluss auf Lightning.
Die rückseitige Kamera im iPhone 5 arbeitet weiterhin mit einem 8-Megapixel-Sensor (3264 x 2448 Pixel). Dieser ist nun aber von hinten beleuchtet, hat einen hybriden IR-Filter und vorgeschaltet eine fünflinsige Optik (f/2.4). Die Kamera soll auch dank einer verbesserten Rauschunterdrückung vor allem bei schlechteren Lichtverhältnissen bessere Fotos schießen und noch dazu etwa 40 Prozent schneller auslösen als beim Vorgänger.
Sie kann nun außerdem vollautomatisch Panorama-Fotos erstellen. Im Video-Modus (weiterhin 1080p) wurde die Bildstabilisierung verbessert. Die Front Facing Camera (FFC) für "Facetime"-Videogespräche schafft nun 720p. In Sachen Audio ist das iPhone 5 nun mit drei Mikrofonen auf der Vorder-, Unter- und Rückseite augestattet und bietet dank "Wideband Audio" eine bessere Klangqualität bei Telefongesprächen - vorausgesetzt, der Carrier unterstützt das ebenfalls (die Deutsche Telekom tut das).
Die Nahbereichs-Funktechnik NFC, die unter anderem für berührungslose Bezahlverfahren interessant ist, hat Apple allerdings ebensowenig in das iPhone 5 eingebaut wie die Möglichkeit, den Akku kontaktlos zu laden. Dieses "Wireless Charging" über den "Qi"-Standard hat Nokia gerade für seine neuen "Lumias" mit Windows Phone 8 angekündigt. Bei NFC sei einfach nicht klar, dass es irgendein aktuelles Problem löse, sagte Apples Marketing-Chef Phil Schiller dem Technikblog "All Things D": "Passbook macht genau die Dinge, die Verbraucher heute benötigen."
Mit dem iPhone 5 geht Apple aber erst einmal gestärkt in die nächste Runde im harten Smartphone-Konkurrenzkampf. "Der Markt rund um mobiles Internet hat viele Fronten. Hersteller, die um den Verkauf ihrer Geräte konkurrieren, werden gleichzeitig von Anbietern wie Amazon angegriffen, die mit Tablets den Abverkauf von Inhalten stimulieren wollen", sagt Nikolaus Mohr, Experte für Telekommunikation bei Accenture. "Schon lange tobt die Auseinandersetzung mit Plattformanbietern wie Google und Microsoft. Deren Ziel ist, ihre Geschäftsgrundlage in die mobile Welt hinüberzuretten und dort auszuweiten, Google seine Werbeplattform, Microsoft seine Software-Plattform."
Vorbestellen kann man das iPhone 5 ab dem kommenden Freitag (14. September) und bekommen eine Woche später (21. September). Die US-Preise entsprechen denen des Vorgängermodells 4S, das mit Verfügbarkeit des Nachfolgers wie üblich günstiger verkauft wird. iOS 6 als Update erscheint am 19. September. Deutsche Preise für das iPhone 5 hat Apple noch nicht genannt. Laut "Mac & i" steigen sie aber gegenüber dem iPhone 4S um jeweils 50 Euro (so steht es auch auf einer relativ versteckten Vergeichsseite im Apple Store) und beginnen somit bei 679 Euro ohne Vertrag; außerdem soll das iPhone 5 bei der Telekom wieder mit einem Netlock versehen sein.
Apple stellte in San Francisco außerdem noch eine von der Bedienung her vereinfachte und mit iCloud integrierte neue iTunes-Software für Mac und PC (diese soll Ende Oktober herauskommen) und neue iPod-Audioplayer vor. Die iPod-Verkäufe waren zuletzt stets rückläufig gewesen, weil immer mehr Menschen Musik vom Smartphone hören. Der Markt ist Apple aber offenbar immer noch wichtig und lukrativ genug für eine Runderneuerung von iPod nano und iPod touch.
Die Börse reagierte kaum auf die Apple-Ankündigungen; das Papier ging zum Fixing an der Nasdaq gut ein Prozent fester bei knapp 670 Dollar aus dem Handel.