Zollfahndern aus Frankfurt am Main ist ein spektakulärer Schlag gegen eine international operierende Fälscherbande gelungen: Bei der Durchsuchung von 28 Wohn- und Geschäftsräumen, davon 24 im Rhein-Main-Gebiet und vier in Nordrhein-Westfalen wurden gefälschte Tonerkartuschen für Kyocera-Drucker im Wert von rund zehn Millionen Euro sichergestellt und die drei Hauptverdächtigen festgenommen. Parallel dazu fand zudem eine Durchsuchung einer Firma in den Niederlanden durch die dortigen Behörden statt.
Allein schon der Umfang der Maßnahme erforderte ein großes Aufgebot an Personal und technischem Gerät: Für den Abtransport von 180 Paletten und drei 20-Fuß-Containern mit gefälschten Kartuschen waren ein Sattelzug und ein 7,5 Tonner einer Spedition sowie sechs Lkw des THW erforderlich, die insgesamt gut zwei Dutzend Ladungen transportierten. An dem Einsatz waren mehr als 200 Beamte und Kräfte von Zoll, Landeskriminalamt, Staatsanwaltschaft und dem THW beteiligt. Kyocera-Sachverständige begleiteten die Zoll-Razzia.
Neben den Tonerkassetten wurden zudem weitere schriftliche und elektronische Beweismittel sichergestellt. Im Rahmen der Vermögensabschöpfung wurden 106.140 Euro Bargeld sowie Gold und Wertgegenstände im Wert von etwa 40.000 Euro gesichert, zudem eine Pfändung in Höhe von 50.000 Euro durchgeführt.
In einer der durchsuchten Lagerhallen stapelt sich die gefälschte Ware bis unter das Dach.
Insgesamt 180 Paletten und drei Container mit gefälschtem Kyocera-Toner konnte der Zoll sicherstellen.
Auch hierzulande wurden leere Kassetten mit Toner befüllt und als Originalware ausgegeben.
Auch in Dieburg befüllten die Fälscher Kartuschen im großen Stil.
Mit Chip codierte Patronen wurden an diesem Arbeitsplatz manipuliert.
Einen Teil der Kartuschen wurde hier befüllt.
Die befüllten Kartuschen wurden in vermeintliche Originalkartons verpackt.
Die Fälscherbande vertrieb dann die Ware über eine Firmengeflecht in Deutschland und den Niederlanden.
Ermittlungen gegen 24 Beschuldigte
Die Ermittler sprechen von insgesamt 24 Beschuldigten mit deutscher, niederländischer, türkischer und iranischer Staatsangehörigkeit. Einer der Festgenommenen besitzt die deutsche und griechische Staatsangehörigkeit und stammt aus Groß-Umstadt, die beiden anderen festgenommenen Deutsch-Iraner im Alter von 52 und 48 Jahren haben keinen festen Wohnsitz in Deutschland.
Laut Erkenntnissen der Fahnder haben die Fälscher leere Tonerkartuschen in Europa angekauft und sie dann nach China und Dubai ausgeführt. Die befüllten Kassetten wurden dann wieder nach Deutschland eingeführt und als originale Kyocera-Ware gekennzeichnet. Einen Teil der leeren Kartuschen wurden auch in einer Produktionsstätte in Frankfurt am Main und in der Vergangenheit auch in Dieburg wieder befüllt.
Über ein Firmengeflecht in Deutschland und den Niederlanden wurden dann die gefälschten Verbrauchsmaterialien in den Verkehr gebracht. Die Einnahmen flossen auf Konten in Dubai.
Lesetipp: Die Plagiatjäger - Mit dem Zoll unterwegs
Hans-Jürgen Schmidt, Sprecher des Zollfahndungsamts Frankfurt am Main, geht von einer Schadenssumme "im zweistelligen Millionenbereich" aus. "Auf uns kommt nun viel Arbeit zu, die sichergestellten digitalen Medien und schriftlichen Aufzeichnungen müssen aufbereitet und anschließend ausgewertet werden, das wird einige Zeit in Anspruch nehmen", erklärt der Zollbeamte.
Nur sicher Bezugsquellen nutzen
Welchen Anteil Kyocera an dem Fahndungserfolg hatte, dazu kann der Konzern "aufgrund des laufenden Verfahrens" keine Stellung nehmen. In einem Schreiben an Fachhändler und Distributoren vom 20. Februar 2017 das ChannelPartner vorliegt, warnt der Hersteller vor "vermeintlich neuen Kyocera Originaltonern". So habe man festgestellt, dass als neue Kyocera Originaltoner angepriesene und auch so verkaufte Toner, die Artikel nicht dieser Bezeichnung entsprechen. Die Ware sei als wieder befüllte Ware identifiziert worden, die mit "unbekanntem Material befüllt wurde. Diese Kartuschen wurden als Originaltoner bezeichnet.
Stephen Schienbein, Direktor Vertrieb bei Kyocera Document Solutions Deutschland, rät Händlern, stets nur auf sichere Bezugsquellen zurückzugreifen: "Bereits in der Vergangenheit haben wir darauf hingewiesen, dass der sicherste Weg des Bezugs von original Kyocera Verbrauchsmaterialien die autorisierten Distributoren sind", betont er. Eine Liste dieser Distributoren hält der Hersteller hier bereit.
Schienbein warnt nachdrücklich vor dem Einsatz gefälschter Verbrauchsmaterialien. Es könne zu Beschädigungen an der Engine kommen, was zu einem schlechten Druckergebnis oder sogar zu einem Ausfall führen kann. Auch Umweltaspekte führt der Vertriebsdirektor ins Feld: "Originaler Kyocera-Toner wird in Deutschland CO²-kompensiert, gefälschte oder kompatibler Toner hingegen nicht."
So erkennt man die Fälschungen
Händler und Kunden können überprüfen, ob sie Originalware vertreiben oder besitzen. Alleine der Umstand, dass die Ware weit unter dem marktüblichen Preis verkauft wird, sollte stutzig machen.
Für A4-Tonern unter anderem mit den Typenbezeichnungen TK-170, TK-350, TK-590CMYK, TK-1130 sowie TK-1140 hat Kyocera im Jahr 2015 Seriennummer eingeführt, die an einem weißen Label mit einem QR-Code und einer entsprechenden Ziffernfolge zu erkennen sind. Das Label ist sowohl auf der Kartonage, als auch auf der Kartonage angebracht. "Bitte prüfen Sie immer, ob diese Label vorhanden sind", rät Kyocera. Sollte das Label bei einem seriennummernpflichtigen neuen Kyocera-Toner fehlen, sei dies ein Indiz dafür, die Beschaffenheit oder Echtheit des Toners anzuzweifeln.
Im Falle der auffällig gewordenen Fälschungen sind die Produktionsjahre der Tonerkassetten weitgehend aus den Jahren 2009 bis 2013. Das Produktionsjahr erkennt man an der sogenannten LOT-Nummer, die auf der Kartusche eingestanzt ist. Die erste Ziffer steht immer für das Produktionsjahr. So wurde beispielsweise eine Kassette mit der Nummer 2Z2N387 im Jahr 2012 produziert.
Sollten Händler oder Kunden Zweifel haben, ob es sich bei ihren Verbrauchsmaterialen tatsächlich um Originalware handelt, können sie sich an die E-Mails-Adresse tonerinfo@dde.kyocera.com wenden.
Für Plagiate, Fälschungen und Schutzrechtsverletzungen durch Firmen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union ist der Zoll zuständig.
In der Zolldienststelle auf der Frankfurter Messe bereiten sich Herstellervertreter und Zollmitarbeiter auf die Aktion vor.
Mit einem ganz speziellen "Einsatzfahrzeug" macht sich der Zoll auf den Weg.
Für die Messe ist das Zollamt Frankfurt am Main - Osthafen zuständig.
Um Produktpiraterie einzuschränken hat die Messegesellschaft das Programm "Messe Frankfurt against Copying" ins leben gerufen.
Ziel der Einsatzgruppe: Die Remanexpo, die die Aussteller aus den Bereichen Drucker-Verbrauchsmaterialien und Zubehör, Recycler-Industrie sowie OEM-Toner -Tintenkartuschen bündelt.
Vor dem Rundgang bespricht Stefan Pranzas, Sachbearbeiter Verbote und Beschränkungen beim Hauptzollamt Darmstadt, mit den Beteiligten die Verhaltensregeln.
Unter Leitung von Sachbearbeiter Stefan Pranzas werden verdächtige Messestände inspiziert.
Auch Listen und Kataloge werden kontrolliert.
Der Rundgang des Zolls durch die Halle 6.0 bleibt nicht unbemerkt.
Mancher Aussteller lässt die Plagiate schnell in den Schränken verschwinden, doch auch dort schaut der Zoll nach.
Auch im Reisegepäck können verdächtige Ausstellungsstücke versteckt sein.
Selbst eine Handtasche weckt das Interesse des Zolls.
Die Vertreter von Brother haben Plagiate entdeckt. Leider kann der Zoll nicht einschreiten, da eine Vertriebsniederlassung in der Europäischen Union existiert.
Hinter angeblicher Originalware verstecken sich oft geschickte Fälschungen.
Der Anwalt eines großen Kopiererherstellers inspiziert zusammen mit einem Zollbeamten ein verdächtiges Ausstellungsstück .
Den Standbesitzern wird die Sachlage erklärt.
In den Katalogen müssen alle Stellen mit den beanstandeten Produkten geschwärzt werden.
Das gilt auch für die Werbeplakate, die Pranzas und seine Kollegen entdeckt haben.
Entweder Abhängen oder übermalen - dieser Standbetreiber entscheidet sich für zweites.
Oberstaatsanwalt Weizmann wird hinzugezogen.
Auch hier könnten noch problematische Tonerkartuschen in den Schränken lagern.
Typenbezeichnungen werden genau mit Listen mit Verdachtsfällen verglichen, die schon im Vorfeld erstellt wurden.
Immer wieder verzögern lange Diskussionen mit den Standbetreibern den Rundgang.
Der Hersteller dieser Tonerkassetten hat wesentliche Designmerkmale von Brother kopiert.
Oberstaatsanwalt Weizmann lässt sich von den Brother-Spezialisten den Verdacht schildern.
Nun werden die verdächtigen Tonerkartuschen einer genauen Untersuchung unterzogen.
Alles wird für ein späteres Verfahren genau dokumentiert.
Die Kartuschen werden durch den Zoll sofort sichergestellt.
Die Aktivitäten des Zolls zeigen Wirkung: In den letzten Jahren wurden auf der Paperworld deutlich weniger Plagiate entdeckt.