Das Thema Personalisierung im Marketing ist zwar in der Theorie ein absolutes Must-Have, in der Praxis sieht es allerdings anders aus. Viele Unternehmen setzen immer noch auf altmodische Offline-Methoden zur Analyse ihrer gesammelten Kundendaten. Anhand der Ergebnisse stellen sie fixe Regeln auf, die sie durch eine Business Rule Engine implementieren. Dies ist nicht nur sehr umständlich, sondern wird mit zunehmenden Datenmengen und Business-Rules auch ziemlich unübersichtlich. Letztendlich führt dieses Vorgehen sogar dazu, dass es die Personalisierung der Produkte und Dienstleistungen eher verhindert.
Datenbasiertes Marketing durch Machine Learning
Hochkomplexe Schemata und verwirrende Regeln lassen sich mithilfe von Machine Learning vermeiden. Erfolgreiche digitale Unternehmen wie Google, Twitter und Netflix vertrauen beim digitalen Marketing bereits auf selbstlernende Maschinen. Dabei handelt es sich um ein Konzept, bei dem eine Software unaufhörlich Informationen über ein Thema sammelt und sich gleichzeitig selbst optimiert. Unternehmen müssen dazu zunächst selbstlernende Algorithmen im Rahmen bestimmter Regeln festlegen. Mit zunehmender Datenmenge verbessern sich die Algorithmen und so auch die Auswertungen.
Ab der ersten Sekunde sammelt eine lernende Maschine die Daten der Kunden und wertet sie aus. Sie reagiert in Echtzeit auf die Ergebnisse und ergänzt sie durch eigene, neue Informationen. Basierend auf den Auswertungen stellt das Data-Analytics-System schließlich Regeln auf. Dadurch, dass das System zwischen Erfolg und Versagen unterscheiden kann, nehmen Business-Rules und Datenmengen nicht kontinuierlich zu, sondern werden weiterentwickelt und verbessert. Je nachdem, ob die Regeln erfolgreich sind oder nicht, passt das System sie entsprechend an.
Durch diese Prozesse entsteht eine übersichtliche Plattform, mit der Unternehmen schnell Einsichten über ihre Kunden gewinnen können. Mithilfe von Machine Learning können sie nicht nur die Präferenzen ihrer Kunden verfolgen, sondern auch ökonomische, soziale oder ökologische Umstände in deren Lebensumfeld. Mit den richtigen Informationen sind die Unternehmen sofort in der Lage, kundenorientiert zu entscheiden und personalisierte Angebote zu ermöglichen.
Ein Machine-Learning-System lässt sich dabei grob in drei Schritten implementieren: Zunächst müssen Unternehmen aus unterschiedlichen Quellen Daten zusammentragen und zur Analyse vorbereiten. Der zweite Schritt besteht dann darin, ein selbstlernendes System zu integrieren, für das das Unternehmen anhand der vorhandenen Daten Algorithmen erstellt und trainiert. Der dritte und letzte Schritt ist der Einsatz des Modells in Echtzeit.
Anwendungsbeispiele für selbstlernende Systeme
Es gibt eine Reihe von Anwendungsmöglichkeiten für Machine Learning. Im Kontext der Personalisierung können Unternehmen mithilfe von selbstlernenden Maschinen vorhersagen, wann ein Kunde etwas kaufen will und auf welchem Kanal er dieses Produkt kaufen wird. Während des Kaufprozesses kann das Unternehmen dem Kunden dann außerdem auf ihn zugeschnittene Empfehlungen anbieten.
Um eine Voraussage zu treffen, wann der Kunde das Bedürfnis haben wird, ein bestimmtes Produkt zu kaufen, analysiert ein selbstlernendes System die vergangenen Einkäufe. Aus den Auswertungen kann es wiederkehrende Muster ableiten. Wenn der Kunde zum Beispiel gerne Outdoorprodukte kauft und zwei Mal im Jahr neue Wanderschuhe, dann wird das System diese Wiederholung erkennen und eine Regel daraus erstellen. Die Maschine validiert diese Regel, indem sie weitere Kundendaten in die Analyse einbezieht. Verhalten sich andere wanderbegeisterte Kunden ähnlich, kann das Unternehmen all diesen Kunden Angebote zu neuen Wanderschuhen zukommen lassen, und zwar genau dann, wenn diese den Bedarf dazu verspüren.
Ein Machine-Learning-Algorithmus analysiert darüber hinaus die Location-Daten eines Kunden: Bestellt er lieber etwas online am PC, benutzt er die mobile App oder kauft er eher vor Ort im Laden ein? Die Ergebnisse vergleicht das selbstlernende System dann wieder mit ähnlichen Kunden. Ein Kunde kann sich beispielsweise gerne im Ladengeschäft informieren, das Produkt dann aber über den Onlineshop kaufen. Das selbstlernende System bereitet diese Informationen für den Händler auf, so dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit weiß, auf welchem Kanal er einem Kunden das gewünschte Produkt anbieten soll.
Durch die Analyse der Such- und Kaufverläufe lassen sich außerdem direkt Empfehlungen bereitstellen. Während ein Kunde surft, kann ein selbstlernendes System bereits gekaufte und angesehene Produkte mit anderen Angeboten korrelieren. Dieser Prozess ist dabei nicht nur auf einen Kunden beschränkt, sondern lässt sich auf ganze Kundensegmente gleichzeitig anwenden. Die Ergebnisse lassen sich dann beispielsweise in Form einer Rubrik mit dem Titel "Kunden, die diesen Roman kauften, kauften auch jenen" darstellen.
Vorteile und Herausforderungen von Machine Learning
Im Customer Relationship Management hilft Machine Learning bei der Kundenakquise, Konversion und Kundenbindung. Die effizienten Datenanalysen selbstlernender Systeme ermöglichen personalisierte und relevante Angebote für Kunden, die dadurch zufriedener sind und ein Produkt eher kaufen würden. Die automatisierte Pflege der selbstlernenden Maschinen sorgt darüber hinaus für sinkende Wartungskosten. Letztendlich kann mit Machine Learning der Umsatz des Unternehmens insgesamt erhöht werden.
Neben den Vorteilen für Kunden und Unternehmen bestehen allerdings auch Herausforderungen bei der Implementierung maschinellen Lernens. Für die Integration selbstlernender Systeme in das Kundenmanagement sind Unternehmen oftmals auf Experten aus dem Bereich des Machine Learnings angewiesen. Die entsprechende Programmierung der selbstlernenden Maschinen vor ihrem Einsatz ist nur durch fachliche Expertise möglich. Erst, wenn die selbstlernenden Systeme funktionsfähig sind, können sie die gewünschten Ergebnisse liefern.
Des Weiteren benötigen selbstlernende Maschinen eine kontinuierliche Zufuhr von Daten, damit die Prozesse funktionieren. Zur Analyse kleinerer Datenmengen ist Machine Learning eher nicht geeignet. Denn ohne die entsprechende Menge an Daten sind die Maschine-Learning-Algorithmen nicht in der Lage, weiter zu lernen. Solche enormen Datensätze kann jedoch nicht jedes Unternehmen aufbringen, so dass Machine Learning derzeit noch denen Firmen vorbehalten bleibt, die einen genügend großen Kundenstamm haben.
Fazit: Daten sammeln, analysieren und Regeln ableiten
Daten stellen den Ausgangspunkt für ein erfolgreiches digitales Marketing dar - egal, ob sie online, offline oder von Dritten stammen. Unternehmen müssen in der Lage sein, diese Daten zu sammeln, zu analysieren und entsprechende Regeln für das Kundenmanagement abzuleiten. Selbstlernende Maschinen sollten dabei traditionelle Offline-Analysemaßnahmen ersetzen. Machine-Learning-Algorithmen werten in Echtzeit große Datenmengen aus und bieten nützliche an Kunden angepasste Handlungsempfehlungen. So vereinfachen sie nicht nur das technische Management von Kundenbeziehungen, sondern eröffnen auch den Weg zur Personalisierung. (mb)