Was mich immer wieder erstaunt: IT-Dienstleister sind die Helden einer der heißesten Technologien - der IT! Sie arbeiten in einer der relevantesten Branchen. Aber dem Marketing - von Ausnahmen abgesehen - sieht man das oft überhaupt nicht an! Woran liegt das?
Ralf Korb: Das ist ein bisschen wie im Mittelalter bei den Barden und Minnesängern: Die besungenen Helden sind oft die größten, und diejenigen, denen man Lieder widmet, die sind halt besonders aufgefallen. Die vielen unbesungenen Helden sind aber nicht minder wichtig gewesen, und so ist das mit den IT-Dienstleistern. Es sind meine heimlichen Helden, meinen unentdeckten Champions, die es ins Rampenlicht zu befördern gilt.
Solange die Umsätze laufen, sind die unbesungenen Helden auch einfach auf ihre Arbeit fokussiert. Ich gewinne den Eindruck, dass viele IT-Dienstleister und Systemhäuser sich ihrer Stärken zwar bewusst sind, aber eigentlich davon ausgehen, dass man ihnen das automatisch ansieht oder dass sie weiterempfohlen werden.
Die Herausforderung, im Understatement mit einer unglücklichen Positionierung im Outbound-Ansatz gefunden zu werden, ist sehr groß. Im klassischen Outbound Marketing der Dienstleister im Haifischbecken wahrgenommen zu werden, ist halt einfach für viele zu schwierig.
Klare Werte versprechen, klaren Nutzen aufzeigen, ehrliche Leistungsansätze im Sinne von Sicherheit, Stabilität, Qualität und Zuverlässigkeit für Kunden zu bieten und zu gewährleisten, sind hier das Geheimnis des Erfolges.
Eindeutige und einfache Botschaften und klare Leistungszusagen, insbesondere in schwierigen Zeiten, sorgen im Ansatzpunkt des Inbound Marketing nicht nur für neue Kundenpotenziale, sondern auch für neue Bewerber Potenziale. Also Appell: Krempeln Sie Ihr Marketing um :-)
Junge Menschen - potenzielle IT-Fachkräfte und CIOs von morgen - wachsen mit der IT von Kindesbeinen an auf und finden Apple, Google & Co. sehr attraktiv. Was das Systemhaus um die Ecke macht, wissen sie oft nicht, sofern sie dessen Namen überhaupt kennen. Wie riskant ist das aus Deiner Sicht?
Korb: Ich halte das für brandgefährlich, nennen wir es ruhig desaströs. Es ist wie die Ignoranz gegenüber Datenschutzproblem und Cyberkriminalität. Die Systemhäuser bieten spannende, abwechslungsreiche und intellektuell anspruchsvolle Tätigkeitsfelder mit vielen Abwechslungen und ständig sich verändernden Anforderungen. Das ist für mich exakt ein Profil, was ich über mich als IT-Dienstleister auch erzählen würde. Und dabei meine besondere Spezialisierung und Differenzierung verdeutlichen.
Was sind die ersten Schritte, wenn ich als IT-Dienstleister meine Sichtbarkeit erhöhen will?
Korb: Die ersten Schritte für ein Systemhaus zur Erhöhung der Sichtbarkeit ist eine Überprüfung der Webseite und der Präsenzen in den sozialen Medien.
Ich muss in meinen entsprechenden digitalen Präsenzen wie auf einer klassischen Messe, kurz knapp und präzise meine Leistungsversprechen erklären, wofür wir stehen, was wir können und ihm als Besucher seinen Nutzen verdeutlichen.
Der Besucher der Webseite muss sofort verstehen, dass ich ihm einen Nutzen stiften kann und er bei mir das bekommt, was er gerade benötigt.
Ich empfehle einen klaren, unterteilten Bereich in Wissensvermittlung, smarte Leadgenerierung (mit Whitepapern, Analysen zur Selbsteinschätzung und Rentabilitätsbetrachtungen), dem entsprechenden Leistungsangebot und Referenzgeschichten.
Für die Zukunft kann ich über mein Leistungsportfolio und meine Bestandskunden, die Referenzen sind, auch zukünftigen Nutzen anbieten.
Auf dem Systemhauskongress CHANCEN werden Sie Ihr Wissen und Ihre Erfahrungen teilen und zeigen, wie sich "positive Digitale Duftmarken" setzen lassen. Welche Aspekte und Methoden werden Sie genauer beleuchten?
Korb: Ich werde hinterfragen, ob die Teilnehmer sich bewusst sind, wie ein Besucher die digitalen Angebote und Visitenkarten wahrnimmt. Im Rahmen der Impulspräsentation werde ich herausarbeiten, dass es - ähnlich dem Elevator-Pitch - im persönlichen Gespräch einer digitalen Variante des Leistungsversprechens bedarf. Anhand von Inhalten eines Design Thinking Ansatzes gehe ich auf ein Modell 7W/7P ein und erläutere dann eine Vorgehensweise mit klaren Botschaften zur Kommunikation.
Wo erwarten Sie Widerspruch?
Korb: Wo immer er sich zeigen mag: Jeder Widerspruch kann guter Ansatz für Diskussion und Folgegespräche sein. Und klar: 30 Minuten sind ein Impuls, keine Universallösung. Wer nicht denken, sondern konsumieren möchte, kann nicht "reich, berühmt und glücklich" werden.
Was möchten Sie den Teilnehmern mitgeben?
Korb: Dass nichts so schlimm ist, wie Stillstand und Unbeweglichkeit. Ich lade zum Mitdenken, Umdenken und anders denken ein. So kommt man durch den Austausch oft zu einem spannenden, besseren Denken, was für die Gestaltung von Zukunft einfach unentbehrlich ist. Hierzu gebe ich ein paar Gedanken mit auf den Weg.
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Wie sieht das Marketing von übermorgen aus?
Korb: Next Marketing wird sehr Kunden-fokussiert, maßgeblich digital, nutzenstiftend, ehrliches, nachhaltiges und ereignisorientiert als Multichannel-Marketing existieren. Die Endgeräte entscheiden, wie viel und in welcher Länge und Menge Botschaften gesandt werden können. Aber auch die Verarbeitungen von Informationen hat ein Limit.
Der Kunden erhält die Führung und Macht zurück und definiert klar seine Erwartungen.
Wir werden in Echtzeit - Real Time - in der Fläche, aber auch im E-Commerce unsere Beratungsleistung optimieren müssen, das Kundenerlebnis aktiv gestalten können bzw. müssen und ad hoc auf Verhaltensänderungen reagieren.
Das 1:1 Marketing in der Personalisierung wird branchenunabhängiger werden und auch hier müssen wir den Erwartungshaltungen unserer Kunden entsprechen.
Marketing haftet immer noch das Image des kostspieligen Luxus an. Zumal IT-Dienstleister seit vielen Jahren IT-Dienstleister eher das Problem haben, die Fülle an Aufträgen zu bewältigen. Und Neukundenakquise via Mundpropaganda und Weiterempfehlungen von zufriedenen Bestandskunden scheinen prächtig zu funktionieren. Warum also sollte Marketing zur Chefsache werden?
Korb: Marketing sollte Chefsache werden, weil der Chef am besten weiß, was sein Unternehmen alles leisten kann.
Marketing ist eine Führungsaufgabe, ist Strategie und ist wichtig. Damit ist es Chefsache. Marketing sorgt im Verbund mit den anderen Fachabteilungen für den Nachschub bei Potentialen, Kunden und Bewerbern. Marketing ist auch ein Gestaltungsraum, den Führungskräfte eng an sich binden sollten oder mit einem Team des Vertrauens gemeinsam gestalten.
Marketing sollte Chefsache sein, weil die Führung der Spezialisten und ihre Leistungsangebote nur von ihm auch weiterentwickelt wird. Zumindest ist das in der strategischen Ausrichtung und quasi im Kopf so, die Umsetzung erfolgt dann letztendlich im Team.
Kunden sind kein natürlich nachwachsender Rohstoff. Wer die Bedarfe seiner Potenziale nicht kennt, insbesondere die zukünftigen, der wird auf einmal überrascht, dass er sich dann plötzlich vorkommt wie in der Wüste, wo keine Kunden mehr nachwachsen.
Wer nicht weiß, was seine Kunden wünschen, der kann sie auch nicht bedienen, kann ihre Wünsche nicht erfüllen.
Wer nicht mit der Zeit geht, geht leider mit der Zeit.
Sie sind hierzulande einer der profiliertesten Marketing- und CRM-Experten und Kenner des IT-Channels. Was begeistert Sie an diesen Themen schon so viele Jahre?
Korb: Marketing, aber auch CRM sind keine in Stein gemeißelten Wissenschaften oder Erkenntnisräume. Marketing und das Kundenbeziehungsmanagement oder auch das Kundenerlebnismanagement sind wie lebende Wesen: Es lernt, es verändert sich, es schafft neue Erkenntnisse und es ist spannend und lehrreich es immer wieder neu zu gestalten. CRM, CXM und die Orchestrierung der Customer Journeys sind super spannend.
Ich gestalte insbesondere den CRM Markt seit Ende der 80er Jahre Anfang der 90er und habe bei verschiedenen Herstellern, aber auch Lösungspartner und Analysten Häusern gearbeitet.
Meinen Ausflug in die Security Technologie habe ich dafür genutzt, um wieder eine bestimmte Kategorie Marktteilnehmer besser kennenzulernen.
Als Zukunftsgestalter bin ich oft der Kommunikator und das Bindeglied zwischen Angebot und Nachfrage und immer öfter der Dolmetscher für die vorhandenen Wünsche. Das Matching von Angebot und Nachfrage fasziniert mich.
Der IT Channel mit seinen Möglichkeiten wird sehr oft in seiner Leistungsfähigkeit unterschätzt und die Gestaltungsräume wachsen zunehmend weiter.
Im IT Channel lerne ich genauso, wie in der Beratung von den Nutzern und auch Dienstleistern. Die intensive Art der Begegnung mit Menschen ist für mich stets spannend, aber auch unterhaltsam und letztendlich ernährt es mich auch.