IBM Cloud CTO

Wie IBM das Cloud-Rennen gewinnen will

Wolfgang Herrmann ist IT-Fachjournalist und Editorial Lead des Wettbewerbs „CIO des Jahres“. Der langjährige Editorial Manager des CIO-Magazins war unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO sowie Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.
IBMs Cloud-CTO Jim Comfort erklärt, wie sich der Konzern von den scheinbar übermächtigen Konkurrenten AWS, Microsoft und Google unterscheiden will. Ein ausgeprägter Branchenfokus spielt dabei eine zentrale Rolle.

Dass Cloud Computing auch das Kerngeschäft des einstigen Branchenprimus auf den Kopf stellt, gehört zu den bitteren Wahrheiten, mit denen sich das IBM-Management schon seit längerem konfrontiert sieht. Die Umsätze mit klassischen Data-Center-Produkten wie Server oder Storage gehen kontinuierlich zurück. Doch das Führungsteam um CEO Ginni Rometty macht aus der Not eine Tugend und erklärt die Cloud kurzerhand zu einer von drei strategischen Säulen.

„Wir sind in diesem Spiel, um zu gewinnen“, sagt Jim Comfort, CTO für die IBM Cloud.
„Wir sind in diesem Spiel, um zu gewinnen“, sagt Jim Comfort, CTO für die IBM Cloud.
Foto: IBM

Die zweite heißt "Cognitive Computing" und dreht sich vor allem um Techniken der künstlichen Intelligenz, die IBM mit seinem Watson-Portfolio feilbietet. Erfolgsentscheidend nicht nur für das Cloud Business soll aber vor allem die dritte Säule werden, nämlich eine ausgeprägte Branchenorientierung, wie Jim Comfort, CTO für die IBM Cloud, im Gespräch mit dem IDG News Service erläutert.

"Wir sind in diesem Spiel, um zu gewinnen", gibt sich der Manager selbstbewusst. "Unsere Plattform ist die Cloud. Es geht nicht darum, einfach einige Cloud-Services anzubieten. Wir wollen alles, was wir haben, künftig über die Cloud ausliefern." Schon bisher habe man die Entwicklung der IBM hin zu einer Cloud-Company verfolgen können, so Comfort. Künftig werde sich diese Ausrichtung mehr und mehr für verschiedene Branchen ausdifferenzieren: "Wir wissen, worauf es in den vertikalen Märkten ankommt." Für Amazon Web Services (AWS) und Google gelte das nicht. Auch Microsoft verfüge nur in bestimmten Bereichen über das nötige Branchenwissen.

Cloud-Umsätze: Lichtblick in der IBM-Bilanz

Tatsächlich sorgt das Cloud-Geschäft derzeit für die wenigen Lichtblicke im komplexen Zahlenwerk von IBM. Im abgelaufenen zweiten Quartal stiegen die Cloud-Umsätze im Jahresvergleich um 30 Prozent auf 11,6 Milliarden Dollar. Zugleich gingen etwa die Einnahmen im Bereich Systems Hardware und Betriebssystem-Software um 23 Prozent zurück. Das siebzehnte Mal in Folge musste Rometty im Juli 2016 einen gesunkenen Quartalsgewinn erklären.

Strategisch sehen die Konzernlenker zwar ein Abflauen des Cloud-Hypes der vergangenen Jahre. Immer häufiger gehe es in den Unternehmen nun aber um Innovation und Transformation. Und in eben diesen Bereichen sei IBM besser aufgestellt als die Cloud-Schwergewichte, so das Kalkül. Im Finanzsektor beispielsweise nutzt IBM seine "Bluemix Garages", um Entwickler zusammenzubringen, die gemeinsam an Blockchain-Technologien arbeiten. In diesem Kontext geht es etwa um neue Apps für mobiles Banking oder die Vermögensverwaltung. Mit seiner erst kürzlich vorgestellten Einheit "Cloud Video" adressiert der Konzern die Medien- und Unterhaltungsbranche. Einen Vorsprung gegenüber den Mitbewerbern sieht Cloud-Manager Comfort zudem in Sachen Cloud-basierte Analytics-Tools, darunter etwa BigInsights on Cloud und IBM Analytics for Apache Spark. Hinzu komme eine ganze Reihe von Cognitive-Angeboten auf Basis von Watson-Technologien.

IaaS: IBM günstiger als AWS?

Selbst im hart umkämpften IaaS-Geschäft (Infrastructure-as-a-Service) könne IBM Größenvorteile in die Waagschale werfen, um etwa gegen AWS zu bestehen, behauptet der Manager: "Mit unseren Skaleneffekten können wir AWS in puncto Total Cost of Ownership (TCO) um 20 bis 30 Prozent unterbieten." Angesichts der komplexen Portfolio- und Pricing-Strukturen im IaaS-Markt dürfte sich diese Aussage allerdings nur schwer belegen lassen.

Die Preisdiskussionen ständen für IBM aber nicht im Mittelpunkt, erläutert Comfort: "Wir konzentrieren uns eher auf Dinge, die uns helfen, die Branchen zu transformieren, die wir bedienen." IBM werde seine vertikalen Angebote deshalb weiter ausbauen und sich zugleich noch stärker auf das Thema Internet of Things (IoT) konzentrieren. Erst im Juni hatte Big Blue das Branchenpaket IoT for Electronics vorgestellt, ein Pendant für die Automobilindustrie soll folgen.

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