Virtueller Assistent mit Handicap

Wie Apple heimlich Siri auf das Niveau von ChatGPT bringen will

Seit 2002 schreibt Thomas Hartmann als freier Autor Artikel für die Macwelt. Schwerpunkte sind News über aktuelle Mac-Nachrichten und neue Programme sowie Recherchen zu Hintergrundthemen. Gern sieht er sich neuere Bildbearbeitungsprogramme unterhalb der Photoshop-Ebene an und berichtet regelmäßig über Spiele, die auf der Mac-Plattform erscheinen. Auch kleinere Tests von Mac-Programmen gehören zu seinem Repertoire. Dass er auch zu anderen Plattformen eine Affinität hat, zeigt seine frühere Windows-Kolumne auf Macwelt.de. Und um sich auch auf anderen mobilen Betriebssystemen auszukennen, nutzt er neben seinem iPad ein Android-Smartphone.
Durch die zuletzt rasante Entwicklung der KI ChatGPT sind die traditionellen digitalen Assistenten wie Alexa, Siri & Co. ins Hintertreffen geraten. Apple will aufholen - hat dabei aber mit Problemen zu kämpfen.
Mit dem Siegeszug von ChatGPT ist Siri - ähnlich wie Alexa oder Google Assistant - ziemlich ins Hintertreffen geraten.
Mit dem Siegeszug von ChatGPT ist Siri - ähnlich wie Alexa oder Google Assistant - ziemlich ins Hintertreffen geraten.
Foto: Juicy FOTO - shutterstock.com

Immerhin kann Siri etwas, was ChatGPT nicht kann - nämlich Text in ganz normale Programme wie Word, Pages oder E-Mails diktieren. Andererseits gibt es schon Anwendungen wie Blue Mail, die automatisch generierte Antworten durch ChatGPT integriert haben.

Dagegen wirken die Reaktionen von Siri auf unsere Fragen hin oft sehr bescheiden und wenig effektiv. Vor allem, wenn man das mit der Auskunftsfreudigkeit von ChatGPT vergleicht, das ganze Aufsätze schreiben kann. Ganz klar, Apple muss, ähnlich wie auch Google es bereits versucht, schnell aufholen, zumal Microsoft durch die Integration in Bing und die geplante Aufnahme in seine Anwendungen wie Office hier bereits einen klaren Fortschritt erzielt hat. Offenbar ist man in Cupertino auch intensiv dabei, sich Siri diesbezüglich näher anzuschauen, wie 9to5Mac in Bezug auf einen ausführlichen Artikel der New York Times (hinter Paywall) mit der Überschrift: "Wie Siri, Alexa und Google Assistant das A.I.-Rennen verloren haben", berichtet.

Siri mit "klobigem Design"

Demnach hätten die virtuellen Assistenten sich selbst "durch klobiges Design und Fehlkalkulationen behindert, was den Chatbots Raum zum Aufstieg gab". Besonders Siri lasse sich nur langsam anpassen, es gebe "technologische Hürden" und "klobigen Code", wird dort John Burkey, der als ehemaliger Apple-Ingenieur lange an Siri gearbeitet hat, zitiert. Es dauere Wochen, bis Siri mit "grundlegenden Funktionen" aktualisiert werden konnte.

Die Datenbank von Siri enthält demnach eine riesige Liste von Wörtern, darunter die Namen von Musikern und Orten wie Restaurants, und das in fast zwei Dutzend Sprachen. Das mache sie laut Burkey zu "einem großen Schneeball": Wenn jemand ein Wort zur Siri-Datenbank hinzufügen wolle, komme es "auf einen großen Haufen." Daher würde das Hinzufügen einiger neuer Phrasen zum Datensatz einen Neuaufbau der gesamten Datenbank erfordern, was bis zu sechs Wochen dauern könnte. "Das Hinzufügen komplexerer Funktionen wie neuer Suchwerkzeuge könnte fast ein Jahr dauern", heißt es in dem Bericht weiter.

Apple schweigt - und entwickelt im Geheimen

Auf dem letzten internen Apple-AI-Gipfel für Mitarbeitende im Februar war dies in Cupertino wohl kein offizielles Thema. Aber dennoch sollen Apple-Ingenieure "jede Woche sprachgenerierende Konzepte getestet" haben, darunter auch die Entwickler aus dem Siri-Team. Immerhin soll es trotz der Geheimhaltung, die wie für Apple typisch aus der Entwicklung praktisch nichts nach außen dringen lässt, auch Fortschritte in diesem Bereich geben.

Wie das aktuelle GPT-4 einem iPhone-Entwickler hilft

Doch es gibt auch gute Nachrichten für die KI-Entwicklung auf Apple-Plattformen. So hat einem anderen Bericht von 9to5Mac zufolge der Entwickler Morten Just auf Twitter demonstriert , wie er mit Hilfe des brandaktuellen GPT-4 eine iPhone-App erstellt hat, die dem User jeden Tag fünf neue Filme empfiehlt.

Dafür müsse man die KI nur bitten, Apples eigene Entwicklersprache SwiftUI zu verwenden. Darüber teilt man mit, dass die App Trailer und die Streaming-Plattformen zeigen soll, auf denen der jeweilige Film zu sehen ist. Besonders spannend ist dabei, dass GPT-4 den Code für eine iPhone-App zur Verfügung gestellt hat, die genau das tut, worum der Entwickler gebeten hat.

Wie in dem Video auf Twitter zu sehen ist, führt der Code zu einer voll funktionsfähigen App, die eine Liste von fünf verschiedenen Filmen mit der Beschreibung und dem Trailer für jeden einzelnen anzeigt. Laut Morten Just wies die erste Version noch einige Fehler auf, aber GPT-4 habe diese behoben und sich anschließend entschuldigt. Insofern kann sich ja vielleicht auch Apple in Cupertino direkt helfen lassen - durch ChatGPT in der jüngsten Version.

Dass der Entwicklung übrigens, wie auf dem Twitter-Post zu sehen ist, seinen Auftrag mit "hey gpt4" einleitet, ist natürlich nur als Scherz in Anlehnung an das deutlich weniger effektive "Hey Siri" zu sehen. Ohne fremde Hilfe wird es Siri wohl allein nie soweit bringen können… (Macwelt)

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