Nach der Übernahme von Surfcontrol

Websense mit neuem Fokus

28.01.2008
Nach der Übernahme von Surfcontrol will Websense nun im Mittelstand an Boden gewinnen: Helfen sollen dem Sicherheitsspezialisten dabei ein größeres Portfolio sowie ein erneuertes Channel-Programm, das auch kleinere Fachhändler an Bord holen soll.

Von Alexander Roth

Das "Warum" war gleich klar, das "Wie" jedoch noch nicht, als der Sicherheitsspezialist Websense im Oktober 2007 seinen Wettbewerber Surfcontrol für rund 400 Millionen Dollar kaufte. Beide Unternehmen, die mit Web-, URL- und Mail-Filtern ihr Geld verdienen, schienen gut zusammenzupassen, denn sie bedienen unterschiedliche Kundschaft: Während Websense seinen Fokus auf größere Unternehmen legt, hat Surfcontrol den unteren Mittelstand im Visier. Wie es nach dem Kauf weitergehen sollte, stand aber in den Sternen, galt es doch, zwei grundlegend verschiedene Vertriebskulturen einander anzupassen und auch das Portfolio neu auszurichten.

Meinung des Redakteurs

Websense hat sich zum Ziel gesetzt, gerade bei Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern zu punkten - eine Klientel, die der Sicherheitsspezialist bislang vernachlässigt hat. Surfcontrol bietet hier ein interessantes Portfolio, gerade im Bereich des Webhosting. Die Möglichkeiten sind da, nun heißt es abzuwarten, ob die neue Produktgeneration, die im Herbst kommen soll, hält, was die Ankündigungen versprechen.

ComputerLinks gekündigt

Licht ins Dunkel bringt jetzt die Ankündigung von Websense, dass ab sofort ein weltweit einheitliches Partnerprogramm für den Channel beider Unternehmen gilt. Das Programm mit dem Namen "Channelconnect" soll vor allem in Deutschland kleinere Fachhändler an Bord holen. Auch hat sich die Distributorensituation mittlerweile geklärt: Websense behält mit Wick Hill und Noxs den bisherigen Kanal, während der Vertrag mit Surfcontrols größtem Distributor, ComputerLinks, gekündigt wurde. Der zweite Distributor des zugekauften Unternehmens, Infinigate, soll jedoch gehalten werden.

Zugleich verkündete Websense, im September 2008 eine neue Produktgeneration unter einheitlichem Brand mit den integrierten Lösungen von Surfcontrol auf dem Markt zu bringen. Insbesondere im Bereich der Hosting-Lösungen für die Spam- und Webkontrolle möchte der Sicherheitsspezialist ein neues Paket anbieten. Dabei will Websense vor allem auf Surfcontrols erfolgreiches On-Demand-Angebot im Bereich Anti-Spam zurückgreifen, dank dem das übernommene Unternehmen 2007 ein Wachstum von rund 60 Prozent ausgewiesen hatte.

Grundsätzlich plant Websense, seine Produktreihen, allen voran das Flaggschiff " Web-Security-Suite", weiterzuführen, ab Herbst 2008 jedoch mit einer einfacheren, von Surfcontrol "geklauten" Administrationsoberfläche. Zentraleuropa-Vertriebsschef Michael Neumayr erhofft sich von der Übernahme ein mittelstandsgerechteres Portfolio: "Gerade Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern können vom Content-Schutz, wie wir ihn anbieten, profitieren. Der vor Ort eingesetzte Filter geht nämlich oft nicht über die in Gateway-All-In-One-Appliances enthaltenen Funktionen hinaus. Dabei lässt sich mit dedizierten Schutzlösungen im Bereich Spam und Web die Produktivität deutlich erhöhen, beispielsweise wenn es um das Einschränken des Surfverhaltens der Mitarbeiter geht. Gerade auf den Fachhandel kommt hier eine große Verantwortung bei der Beratung zu", so Neumayr.

Den Status gibt´s nicht geschenkt

Im weiteren Verlauf des Gesprächs mit ChannelPartner erläuterte der Manager die Auswirkungen der Übernahme auf den deutschen Channel. So arbeite Websense derzeit mit vier Platin-, zwölf Gold- und rund 100 registrierten Silber-Partnern zusammen. Für diese ändere sich nicht viel, bis auf die Möglichkeit, ab sofort auch die Lösungen von Surfcontrol anbieten zu können.

Auf Änderungen gefasst machen müssen sich jedoch die ehemaligen Surfcontrol-Fachhändler, deren Anzahl aufgrund der Positionierung von Surfcontrol im Mittelstand den Partnerstamm von Websense deutlich übersteigt.

¬ªGerade Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern können vom Content-Schutz, wie wir ihn anbieten, profitieren.¬´ Michael Neumayr, Vertriebsleiter Zentraleuropa bei Websense
¬ªGerade Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern können vom Content-Schutz, wie wir ihn anbieten, profitieren.¬´ Michael Neumayr, Vertriebsleiter Zentraleuropa bei Websense

"Alle Surfcontrol-Partner müssen uns gegenüber bis Mitte 2008 beweisen, dass sie ihren jeweiligen Status verdient haben. Diese Regel gilt für alle Eckpunkte des Partnerprogramms, wie Zertifizierungen, Schulungen und vereinbarte Geschäftsziele", so Neumayr. Im Gegenzug biete Websense dem Channel ab sofort größere Vertriebsunterstützung, erstmals auch durch Außendienstmitarbeiter. Dafür hat Neumayr das eigene Sales-Team aufgestockt. Insgesamt arbeiten bei Websense in Deutschland nun knapp 20 Mitarbeiter, vor der Übernahme waren es zwölf.

Schneller zum Gold-Partner

Eine Neuerung gibt es für regionale Fachhändler: Um diesen "faire Chancen" zu ermöglichen, können sie bereits bei vier Projekten pro Jahr den attraktiveren Gold-Status erlangen. Auch müssen sich die deutschen Gold-Partner, im Gegensatz zur weltweiten Regel, nur in zwei der drei Lösungskategorien Web-, Messaging- oder Hosted-Security zertifizieren, um ihren Status zu erhalten.

Locken will der Manager damit auch IT-Reseller, die bislang mit dem großen Wettbewerber Webwasher zusammengearbeitet haben. Immerhin wird der Marktanteil des zu Secure Computing gehörenden Unternehmens in Deutschland auf fast 40 Prozent geschätzt, während vermutlich rund 15 Prozent der in Deutschland installierten URL-Filter von Websense oder Surfcontrol stammen.

Dass Websense grundsätzlich keine Firewalls anbietet, stört Neumayr nicht. Aus seiner Sicht ist die Mehrheit der Unternehmen in diesem Bereich ausreichend mit Lösungen ausgestattet: "Gerade im Mittelstand beobachten wir im Segment Anti-Spam ein stark wachsendes Interesse an Managed-Security-Lösungen. Viele Gateway-Produkte sind trotz Skalierbarkeit nach einiger Zeit nicht in der Lage, die jährlich stark wachsende Spam-Flut oder auch sonstige ein- und ausgehende Daten effizient zu filtern. Was heute noch reicht, kann morgen schon ausgelastet sein. Outsourcing ist hier oft die bessere Alternative."

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