Navigation, Telefonie, Facebook: Viele Autofahrer greifen auch am Steuer zum Smartphone. Aus gutem Grund gelten für die Handynutzung im Straßenverkehr aber strenge Regeln, schließlich kann eine unachtsame Nutzung das Unfallrisiko erheblich erhöhen – auch für andere Verkehrsteilnehmer. Weil die Gesetzgebung dabei viele Facetten hat und teils saftige Strafen drohen, haben wir uns für Sie schlau gemacht: Hier lesen Sie, was Sie am Steuer mit Ihrem Handy tun dürfen, welche Strafen drohen und worauf Sie achten sollten.
Zahlreiche Zwischenfälle und viele Verbote
Wer am Steuer mit dem Handy hantiert, bringt sich und andere in Gefahr. Rechtlich gehört die „Aufnahme und Nutzung mobiler Endgeräte“ zu den Ordnungswidrigkeiten und ist mit Bußgeld belegt. Laut einer offiziellen Statistik kam es in Deutschland im Jahr 2020 zu immerhin 413.277 solcher Handyverstöße im Straßenverkehr. Seit 2017 ist der Gesetzgeber im Umgang mit Delinquenten dabei strenger geworden, die Bußgelder sind gestiegen. Neben Telefonieren mit dem Handy am Ohr sind beim Autofahren heute auch viele weitere Funktionen der mobilen Geräte tabu.
Das ist verboten – da ist erlaubt
Unter Verbot fällt das Schreiben von Textnachrichten, aber auch das Ablehnen von Anrufen und sogar das Ablesen der Uhrzeit vom Display. Das klingt zunächst etwas drakonisch, soll Handysünder aber wohl auch einer effektiven Ausrede berauben: Wer mit dem Smartphone in der Hand erwischt wird, kann sich nicht mehr so leicht herausreden.
Verboten ist natürlich auch das Surfen im Internet, das Halten des Handys ans Ohr und das Bedienen von Navigationsdiensten. Erlaubt ist wiederum das Telefonieren via Freisprechanlage oder mit einem Headset. An sich ist auch die Nutzung eines Navis in Ordnung, solange das Smartphone dabei nicht in der Hand gehalten oder auch nur berührt wird. Steckt das Handy also in einer Halterung, dürfen Sie die Wegfindung ablesen, das Display aber nicht bedienen, denn es sind nur „kurze“ Blickzuwendungen gestattet. Eine aktive Bedienung des Smartphones oder längeres Hinsehen sind also in keinem Fall erlaubt. Das Gerät darf weder „aufgenommen noch gehalten“ werden ( § 23 Abs. 1a StVO). Das schließt auch Musik-Apps mit ein.
Nutzer einer Smartwatch müssen ebenfalls aufpassen. Das kurze Ablesen der Uhrzeit ist hier in Ordnung, die Uhr muss aber am Handgelenk getragen werden. Sprachbefehle oder die Vorlesen-Funktion sind dabei ebenfalls gestattet. Die Bedienung mit der anderen Hand oder längeres Ablesen (etwa von Textnachrichten) sind hier aber ebenso tabu wie bei einem Smartphone.
Die gleichen Regeln gelten übrigens auch für Fahrradfahrer. Die Ausnahme: Das Fahrrad steht. Auch wenn das Auto sich nicht bewegt und der Motor abgeschaltet ist, dürfen Fahrer nach Lust und Laune elektronische Geräte bedienen. Dabei gibt es aber eine Ausnahme: Nutzen Sie ein Start-Stopp-System, müssen Sie dabei die Finger von Smartphone und Co. lassen.
Bei der Handynutzung am Steuer drohen empfindliche Strafen
Aktuell unterscheidet der Gesetzgeber bei der Handynutzung am Steuer zwischen drei Fällen, bei denen unterschiedliche Strafen drohen.
Werden elektronische Geräte beim Autofahren rechtswidrig genutzt (dazu gehört auch das Telefonieren ohne Freisprechanlage), sind 100 Euro Bußgeld fällig. Dazu gibt es einen Punkt in Flensburg.
Kommt es dabei zusätzlich zu einer Gefährdung, steigt das Bußgeld auf 150 Euro, es hagelt zwei Punkte und ein einmonatiges Fahrverbot.
Findet dann auch noch eine Sachbeschädigung statt, müssen Delinquenten 200 Euro zahlen, erhalten zwei Punkte und dürfen ebenfalls einen Monat lang nicht fahren.
Zur Info: Ordnungswidrigkeiten mit einem Punkt verfallen nach zweieinhalb Jahren. Werden Ordnungswidrigkeiten mit zwei Punkten bestraft, dann bleiben sie fünf Jahre erhalten.
Wer in der Probezeit mit dem Smartphone am Steuer erwischt wird, muss übrigens nicht nur ein Bußgeld zahlen und einen Punkt in Flensburg in Kauf nehmen. Bei Fahranfängern verlängert sich auch die Probezeit von ursprünglich zwei auf vier Jahre und sie müssen ein kostenpflichtiges Aufbauseminar besuchen.
Achtung: Ist durch die Nutzung elektronischer Geräte am Steuer der Tatbestand grober Fahrlässigkeit erfüllt (was schnell passieren kann), so können sich bei einem Unfall sowohl Teil- als auch Vollkaskoversicherung weigern, den entstandenen Schaden zu übernehmen. Das kann dann richtig teuer werden.
Verbote gelten nicht nur für Handys
Vorschriften und Strafen gelten übrigens längst nicht nur für Smartphones oder Handys allein. Die Handhabe von allen elektronischen Geräten, die „der Kommunikation, Information oder Organisation“ dienen, ist in Deutschland beim Autofahren in gleicher Art geregelt. So steht es im § 23 der Straßenverkehrsordnung.
Diese Strafen erwarten Handysünder im europäischen Ausland
Auch im europäischen Ausland werden Autofahrer für verbotene Handynutzung am Steuer zur Kasse gebeten. Die Strafen fallen aber sehr unterschiedlich aus. Einer Aufstellung des ADAC haben wir folgende Top 5 und Bottom 5 entnommen:
Top 5:
Estland bis 400 €
Großbritannien ab 235 €
Spanien: ab 200 €
Dänemark: 200 €
Italien: ab 165 €
Bottom 5:
Lettland: 15 €
Bulgarien: ab 25 €
Island 30 €
Tschechien ab 40 €
Ungarn: ab 40 €
Kuriose Urteile rund ums Handy am Steuer
Rund um die Handynutzer am Steuer kam es in der Vergangenheit zu einigen interessanten Urteilen der deutschen Rechtsprechung. Eine Auswahl:
Wer das Ladekabel beim Autofahren ins Handy steckt, erfüllt den Tatbestand der unerlaubten Handynutzung. (OLG Oldenburg vom 07.12.2015 Aktenzeichen: 2 Ss (OWi) 290/15 DAR 2016, 151)
Fahrlehrer dürfen als Beifahrer telefonieren, wenn der Fahrschüler im fortgeschrittenen Ausbildungsstand ist. (BGH vom 23.09.2014 - Az. 4 StR 92/14)
Das Einklemmen des Handys zwischen Ohr und Schulter gilt als unzulässiges Halten . (OLG Köln, Urteil vom 20.1.2021, Az.: III-1 RBs 347/20)
Auch die Bedienung elektronischer Fahrzeugschlüssel, sogenannter "Smart Keys" ist während der Fahrt verboten. (OLG Hamm, 4. Strafsenat, Beschluss vom 03.11.2020 - 4 RBs 345/20, NJW 2021, 99)
Fazit
Eine strenge Regelung und ordentliche Strafen für Handysünder sind sicher sinnvoll: Schließlich will niemand überfahren werden, weil ein Autofahrer gerade Katzenvideos guckt. Typisch für die deutsche Gesetzgebung ist aber auch hier der Regelwust: Variable Strafen, Sonderfälle und kuriose Rechtsprechungen machen die Lage für Laien manchmal unübersichtlich. Im Grunde lässt sich dieses Problem aber ganz einfach umgehen: Indem man beim Autofahren vom Smartphone eben die Finger lässt. (PC-Welt)