Es ist geschafft: Durch den DigitalPakt haben zahlreiche Schulen eine besser IT-Ausstattung bekommen. Basis dafür ist meist ein WLAN-Netzwerk. Genau das sehen einige Eltern aber kritisch. Im Netz gibt es mehrere Webseiten und Initiativen, die vor den Gefahren warnen, denen die Kinder dadurch - insbesondere in der Grundschule - ausgesetzt seien. Argumentiert wird mehr oder weniger seriös, unter anderem auch mit Verweis auf Studien, die vermeintliche Gefahren belegen.
Dabei werden regelmäßig verbreitete Fehlannahmen zu Strahlung kolportiert. Außerdem wird vielfach auf ältere Studien verwiesen, die eta ein mögliches Risiko für Schlafstörungen oder eine möglicherweise krebserregende Wirkung intensiver Mobilfunknutzung aufzeigten. Dabei bleibt oft unberücksichtigt, dass seitdem erstens die Grenzwerte des 2001 eingeführten SAR-Wertes reduziert wurden und zweitens die Hersteller die Geräte deutlich verbessert haben. Und schließlich werden die sehr unterschiedlichen Techniken WLAN und Mobilfunk von den Kritikern oft gleich behandelt.
Aufmerksamkeit bekam das Thema jetzt wieder einmal, weil vor dem Amtsgericht Pirna ein Elternvertreter gegen die WLAN-Installation in einer Grundschule geklagt hat. Zwar erfolglos, aber die betroffene Gemeinde will jetzt, um die Gemüter zu beruhigen, die neue, vom Freistaat Sachsen geförderte WLAN-Installation noch einmal überprüfen lassen. Und dem Kläger steht noch der Weg zum Verwaltungsgericht offen. Ausgestanden ist das Thema also noch nicht.
Problem oder Problemchen?
Viele der von ChannelPartner angefragten Hersteller ducken sich bei dem Thema weg und hoffen, dass es sich von allein erledigt, wenn sie nicht darüber sprechen. Für Händler und Dienstleister wäre es aber sehr von Vorteil, wenn sie schon im Vorfeld der Projekte auf gut strukturierte und leicht verständliche Informationen dazu verweisen könnten. Dann müssten sie sich im Fall der Fälle nicht auf komplexe und teils mit religiösem Eifer geführte Diskussionen einlassen. ChannelPartner hat immerhin einige hilfreiche Antworten bekommen.
Michael Müller, Vice President WLAN und Switches bei Lancom Systems, weiß, dass sich Berichte über die Bedenklichkeit von WLAN, wie sie vor allem in den Anfangszeiten der Technologie immer wieder einmal kursierten - hartnäckig halten und von Zeit zu Zeit immer erneut thematisiert werden. Grundsätzlich kann er jedoch nicht bestätigen, dass die Kritik an WLAN-Installationen in Schulen in der letzten Zeit zugenommen hat. "Die Akzeptanz der WLAN-Nutzung ist seit vielen Jahren im beruflichen als auch dem privaten Umfeld vorhanden. Daher verwundert es nicht, dass sich die Kritik im schulischen Umfeld sehr in Grenzen hält", erklärt Müller gegenüber ChannelPartner.
Auch Adnan Demir, Sales Director SMB & Enterprise bei TP-Link Deutschland, liegen hinsichtlich WLAN-Installationen oder dem in der jüngsten Klage speziell kritisierten Wi-Fi 6 "kaum" Beanstandungen vor. "Es wird aus dem schulischen Bereichen eher bemängelt, dass es kein gut funktionierendes Wireless-LAN gibt, welches gut ausgeleuchtet und in allen Ecken verfügbar ist. Hinzu kommt dass, gerade wenn viele Endgeräte - Smartphones, Tablets und Notebooks - gleichzeitig genutzt werden, die Leistung im Netzwerk oft unbefriedigend ist."
Gefordert wird also eher mehr Power, statt Drosselung. Deshalb empfehlt Demir Partnern Wi-Fi 6 und Wi-Fi 7 Access Points mit HD-Funktionalität. HD steht für "High Density", also eine höhere Dichte von Endgeräten, die gleichzeitig genutzt werden. Dadurch komme es zu keinen Engpässen im Wireless-Bereich.
Einwandbehandlung für Händler und Dienstleister
Genau solche Ansätze hatte aber der Kläger vor dem Amtsgericht Pirna (erfolglos) bemängelt. Wie können Händler und Schulträger in Gesprächen mit "besorgten Eltern" reagieren und welche Argumente können sie dem oft nur oberflächlich angelesenen Halbwissen entgegensetzen? Und gibt es Dokumente, auf die sie verweisen können?
Dazu hat Lancom soeben ein überarbeitetes Infopaper zur Verfügung gestellt (PDF). Es geht natürlich darauf ein, dass WLAN-Geräte von Lancom alle gesetzlichen Richtwerte für elektromagnetische Wellen erfüllen. Das tun aber natürlich die anderen Hersteller auch. Darauf hat die Bundesnetzagentur ein Auge. Sie erklärt in einem Service-Papier zu WLAN (PDF): Im Frequenzbereich 2,400 GHz - 2,4835 GHz darf die maximale Strahlungsleistung 100 mW (EIRP) nicht übersteigen. Im Frequenzbereich 5,150 GHz - 5,350 GHz sind maximal 200 mW (EIRP) zulässig. Im Bereich 5,470 GHz - 5,725 GHz darf maximal 1 W (EIRP) abgestrahlt werden.
Diese abstrakten Werte helfen aber oft nicht weiter. In dem aktuellen Lanom-Dokument wird das deshalb in die Praxis übersetzt. "Darin werden nicht nur die gesetzlichen Richtwerte erklärt, sondern wird mit Hilfe von Beispielrechnungen dargelegt, wie geringfügig der Einfluss von WLAN tatsächlich ist", sagt Lancom-Manager Müller. Außerdem wird in dem Dokument auch auf eine Reihe von weiterführenden und vor allem aktuellen wissenschaftliche Studien verwiesen, unter anderem des Bundesamtes für Strahlenschutz und der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Für TP-Link erklärt Vertriebsleiter Demir: "Sämtliche unserer Business Access Point halten die maximalen Strahlungswerte der Bundesnetzagentur ein. Somit werden Kinder in den Schulklassen keiner unnötigen Strahlungsbelastung ausgesetzt. Einige unserer Business Access Points verfügen darüber hinaus über die EMV/EMC EN 60601-1-2-Zertifizierung für elektromagnetische Verträglichkeit, die zum Beispiel im Umfeld von Kliniken vorausgesetzt wird, um die Beeinträchtigung medizinischer Geräte auszuschließen."
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