Die Idee war denkbar einfach: All den mittelständischen Kunden, die kein Vertrauen in die öffentliche Cloud haben, eine "Private Cloud"-Umgebung bei ihnen im Haus zur Verfügung zu stellen. Genau dies war das Geschäftsziel der 2012 gegründeten Protonet Betriebs GmbH.
Doch nun musste der Hamburger Startup Anfang Februar 2017 den Gang zum Amtsgericht Hamburg antreten und dort die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen. Was waren die Gründe dafür?
Immerhin erhielt das Unternehmen noch 2014 drei Millionen Euro aus einer breit angelegten Crowdfunding-Kampagne und wurde danach noch mehrfach ausgezeichnet (Lead Award zum "Start-up des Jahres 2014", Mitglied des Accelerator-Programms von Y-Combinator, etc.)
Auch die Server von Protonet sahen schick aus und erfüllten ihre Aufgabe einwandfrei. Ferner statteten die Hamburger ihre Hardware mit immer mehr Software aus und lieferten an ihre Kunden daraufhin schlüsselfertige und einsatzbereite Server aus.
An mangelnden Marketing-Anstrengungen lag es gewiss auch nicht, dass Protonet Insolvenz anmelden musste: Das Unternehmen war die letzten drei Jahre auf der CeBIT sowie auf den großen Hausmessen der Broadliner Also und Ingram Micro vertreten.
Warum nun der Gang zum Insolvenzrichter? Das hat mehrere Gründe: Zum einen dauert es eine gewisse Zeit, bis ein neuer Brand vom Channel angenommen wird. Insbesondere die deutschen Hersteller sind sehr vorsichtig, wenn es um die Erweiterung ihres Portfolios geht oder gar der Lieferant gewechselt werden soll.
Von den Distributoren konnte sich Protonet auch keine große Unterstützung erhoffen, dazu reichten einfach die zur Verfügung stehenden WKZ-Gelder (Werbekostenzuschüsse) nicht aus. Und zuletzt kam noch die Cloud auch im deutschen Mittelstand an. Immer mehr dieser Firmen vertrauen ihre Daten und Anwendungen Cloud-Providern wie T-Systems (Microsoft) oder Pironet (HPE) an.
Hier hätte Protonet vielleicht den Ansatz einer "zweiten Cloud" fahren, also ihren Kunden raten sollen, trotz Nutzung der öffentlichen Cloud auf eigene IT-Infrastruktur im eigenen Unternehmen nicht ganz zu verzichten.
Wie geht es mit Protonet weiter?
Zum vorläufigen Insolvenzverwalter der Protonet GmbH hat das Amtsgericht Hamburg den Hamburger Rechtsanwalt Prof. Dr. Klaus Pannen bestellt. Dies scheint eine gute Wahl zu sein, schließlich ist Pannen seit über 30 Jahren als Fachanwalt für Insolvenzrecht tätig und hat in dieser Zeit zahlreiche Insolvenzverfahren, Konkurs- und Gesamtvollstreckungsverfahren als Verwalter bearbeitet und viele Unternehmen im In- und Ausland saniert.
Die Situation bei Protonet beurteilt er durchaus positiv: "Ich bin fest davon überzeugt, dass gerade im Hinblick auf die hohe Motivation der Mitarbeiter der Protonet Betriebs GmbH und angesichts des erstklassigen Produkts, das im Markt einmalig ist, ein langfristiges Überleben des Unternehmens sichergestellt wird."
So hat Pannen gemeinsam mit der Protonet-Geschäftsleitung entschieden, dass der Betrieb des Hamburger Unternehmens uneingeschränkt fortgeführt werden kann. Die Gehälter der 16 Angestellten sind durch das Insolvenzgeld bis Ende April 2017 gesichert. Während dieser Zeit wird der vorläufige Insolvenzverwalter gemeinsam mit der Geschäftsleitung ein Sanierungskonzept erstellen, das den langfristigen Bestand der Protonet Betriebs GmbH sicherstellen soll.
Dies bedeutet, dass Protonet seine Produkte weiterhin verkaufen kann. Dazu gehört es auch, dass der Support der Bestandskunden weiter gewährleistet ist. Auch die IT-Infrastruktur, die für die vollumfängliche Nutzung der Protonet-Systeme notwendig ist, bleibt dem Unternehmen erhalten und wird nicht "versilbert".