Experton Group kommentiert

Vor- und Nachteile der IBM PureSystems

17.04.2012
IBM PureSystems: Sind die neuen Cloud Appliances Fluch oder Segen?
Andreas Zilch, Analyst bei der Experton-Group
Andreas Zilch, Analyst bei der Experton-Group
Foto: Experton Group

IBM hat in dieser Woche eine "new family of expert integrated systems" - IBM PureSystems - angekündigt. Die ersten beiden Produkte dabei sind IBM PureFlex und IBM PureApplication. Experton Group hatte dieses Announcement erwartet, da es ähnlichen Ankündigungen von Cisco und HP, aber auch Oracle und SAP folgt.
Im Grunde geht es um eine neue Generation von "Private Cloud Appliances" (diesen Begriff haben wir soeben erfunden), welche Server, Storage, Connectivity und einen Software/Middleware Stack vereinen sowie für diesen gesamten Stack optimiert sind.

Bei IBM sollen die Systeme "integrierte Expertise" haben, die die Einfachheit einer Appliance mit der Elastizität der Cloud und der Flexibilität von herkömmlichen Server-/Storage-Systemen vereint - ein sehr hoher Anspruch.
Das IBM PureFlex System stellt eine Infrastruktur-Lösung dar, welche neben Servern (x oder p) und Storage (Storwize) noch eine Cloud-Management-Schicht beinhaltet. Dieses System kann also mit IaaS verglichen werden; für die Middleware- und Application-Schicht ist der Kunde verantwortlich. IBM liefert hierzu Patterns und Images, um die Integration und das Tuning zu vereinfachen.
Deutlich weiter geht die Integration bei den PureApplication Systems, die mit einer PaaS- bzw. sogar SaaS-Lösung vergleichbar sind. Hier stellt IBM noch weitere integrierte Middleware-Komponenten (DB2, Websphere) zur Verfügung. Von ISVs werden über das PureSystems Center bereits über 100 für das System optimierte Business-Applikationen zur Verfügung gestellt.

IBM stellt in dem Announcement die Vorteile der Systeme heraus - insbesondere die integrierte Optimierung der Systeme, verbesserte Konsolidierungsmöglichkeiten und potenziell leichtere Einbindung in die Cloud. Diese Vorteile adressieren tatsächlich derzeitige Probleme bei vielen Anbietern im Data Center.

Risiko: Abhängigkeit und höhere Komplexität

Allerdings haben diese Vorteile auch eine Kehrseite - gerade bei den PureApplications-Systemen, die die größten Vorteile bringen, entsteht auch die größte Abhängigkeit. Nicht nur bei IBM begibt man sich mit diesem Konzept wieder in eine proprietäre Umgebung. Irgendwie erinnern die Konzepte ein wenig an "AS/400-Revival" - ein komplettes, integriertes und optimiertes System, dass einfach zu verwalten und zu betreiben ist.

Die Anbieter haben natürlich ein hohes Interesse, solche Systeme anzubieten, da eine klare Wettbewerbsdifferenzierung und potenziell höhere Margen möglich sind. Für Anwender sind Vorteile möglich; im Fall der IBM PureSystems insbesondere, wenn das Data Center heute schon auf Websphere und DB2 standardisiert ist.

Allerdings ist dies in relativ wenigen Fällen die Realität, oftmals herrscht Applikations-getrieben eine starke Heterogenität. Gerade im Datenbank-Bereich werden die meisten Anwender Oracle und Microsoft SQL Server unterstützen müssen. Und gerade in diesen gemischten Umgebungen kann der Vorteil zu einem Nachteil werden, denn die neue Generation von Private Cloud Appliances erhöht zunächst die Komplexität, da ein weiteres System hinzukommt.

Das wichtigste für die Anwender ist also eine klare Standardisierungs-Strategie - einfacher gesagt als getan, da die existierende Applikationslandschaft hier nachhaltig kontraproduktiv wirkt. Die Herausforderung ist also, ausgehend von der Ist-Situation einen realistischen Weg zu einem höheren Standardisierungsniveau zu definieren und kontinuierlich umzusetzen.

Die Private Cloud Appliances - egal von welchem Hersteller, können dabei ggf. unterstützen, eine Alternative ist aber auch, eine geeignete Middleware-Schicht selbst zu definieren. Damit ist dann der Integrationsaufwand höher, es sind aber Vorteile bei Offenheit und Flexibilität zu verzeichnen.
Insgesamt ist die IBM-Initiative die umfassendste und kompletteste am Markt. Neben den unbestreitbaren Vorteilen müssen aber auch die Nachteile gesehen und bewertet werden.

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(rb)

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