Mit der Ankündigung von vCloud Hybrid Service im Jahr 2013 positionierte sich VMware erstmals als Public-Cloud-Provider. Wie erfolgreich ist dieses Geschäftsfeld gemessen am Umsatz?
Fathers: Im ersten Quartal dieses Jahres erzielten wir mit As-a-Service-Angeboten rund fünf bis sechs Prozent unserer Einnahmen. Mit jährlichen Zuwachsraten um die 100 Prozent ist dies das am schnellsten wachsende Segment in unserem Portfolio. Der Anteil am Gesamtumsatz wird weiter zunehmen.
Welche Ziele verfolgt VMware mit der Public-Cloud-Plattform "vCloud Air"?
Fathers: Wir wollten eine Plattform etablieren, die für unsere Kunden einen starken Wertbeitrag leistet. Im ersten Schritt ging es darum, einige hundert sogenannte Signature Clients zu gewinnen, die von der Plattform in besonderem Maße profitieren können. Gleichzeitig haben wir tausende weitere Kunden ins Visier genommen, die die Vorteile der Cloud erkennen und nun Optionen nutzen möchten, wie sie heute in gängigen Public Clouds angeboten werden.
Wie weit sind sie damit?
Fathers: Wir haben unsere Ziele erreicht und mehr als 200 Signature Clients gewonnen, zumeist größere Unternehmen, aber auch einige mittelgroße Firmen. Diese Unternehmen nutzen vCloud Air in einer Weise, wie es mit anderen Cloud-Angeboten einfach nicht möglich wäre. Hinzu kommen einige tausend Kunden, die unsere Cloud-Services beispielsweise für Disaster Recovery oder Testing-Zwecke einsetzen.
Wie wichtig ist der deutsche Markt für VMware?
Fathers: Deutschland ist unter den Top Five weltweit, bezogen auf die Größe des adressierbaren Marktes und unserer installierten Basis.
Zu den zentralen Features von vCloud Air gehört es, Workloads von einer Private in eine Public Cloud zu verschieben. Wie viele Kunden nutzen diese Option bereits?
Fathers: Alle unsere Cloud-Kunden nutzen sie, um bestehende Workloads zu verlagern oder zusätzliche Aufgaben in der Public Cloud zu erledigen. Hinzu kommen neue Features wie etwa Auto Scaling. Das bedeutet, der Hypervisor stellt einer Anwendung bei Bedarf mehr Ressourcen on premise oder eben aus der Public Cloud zur Verfügung.
Ein nahtloses Verschieben virtueller Maschinen in die Public Cloud funktioniert nur innerhalb einer VMware-Infrastruktur. Müssen Kunden nicht fürchten, noch stärker von einem Anbieter abhängig zu werden?
Fathers: Lassen Sie mich dazu einen Schritt zurückgehen. Wir sagen: Das Nutzenpotenzial der Cloud ist für alle Unternehmen riesengroß. Wenn sie Cloud-Dienste für ihre Applikationen oder ihre Infrastruktur nutzen, können sie beispielsweise Produkte schneller auf den Markt bringen, die Kundenzufriedenheit erhöhen und vieles mehr. Etliche Firmen sind dabei, bestehende Anwendungen in eine Cloud-Infrastruktur zu transferieren. Nach einigen Jahren fangen sie an, ihre Anwendungen umzuschreiben, sodass diese mehr "Cloud-enabled" sind beziehungsweise die Vorteile des Cloud-Modells besser nutzen können. Unsere Strategie ist es, diesen Prozess zu beschleunigen, sodass Kunden viel schneller in den Genuss der Vorzüge kommen. Sie können ihre Anwendungen ohne jegliche Modifikationen in unsere Cloud-Infrastruktur überführen, sei es eine Private oder eine Public Cloud. Das unterscheidet VMware von allen anderen Cloud-Providern.
VMware ist spät in den Cloud-Markt eingestiegen, könnte im Wettbewerb aber von der großen installierten Basis in den Unternehmen profitieren. Andererseits trifft das genauso auf den großen Rivalen Microsoft zu. Wie positionieren Sie sich gegen Microsoft und das schnell wachsende Azure-Portfolio?
Fathers: Ich verwende keine Zeit darauf, mich mit Amazon Web Services oder Azure zu beschäftigen. Viel wichtiger ist, dass wir für uns eine einzigartige Chance identifiziert haben: Wir versetzen Unternehmen in die Lage, ihre Anwendungen in eine Cloud-Umgebung zu transferieren und dabei bestehende Management-, Netzwerk- und Security-Tools weiter zu nutzen. Damit entsteht ein einziger großer Ressourcen-Pool, innerhalb dessen sie im nächsten Schritt ihre Anwendungen modernisieren können. Technisch gesehen ist der Hypervisor dafür die beste denkbare Kontrollinstanz.
Verstanden. Aber wo genau liegt der Unterschied zu Microsoft und Amazon?
Fathers: Microsoft und Amazon haben etwas andere Design-Schwerpunkte: Microsoft konzentriert sich in seiner Entwicklung auf den eigenen Application Stack. AWS stellt neue Applikationen in den Mittelpunkt und eine ganze Reihe zugehöriger Services, um Kunden auf die eigene Plattform zu locken. VMware dagegen verhält sich an dieser Stelle absolut neutral, ganz gleich ob es um Oracle-, Microsoft- oder auch Google-Anwendungen geht. Wir wollen so etwas wie die Schweiz innerhalb von Europa sein.
TecChannel und Computerwoche arbeiten gerade an einer Cloud-Readiness-Studie. Ziel ist es herauszufinden, was deutsche Unternehmen davon abhält, in die Cloud zu gehen. Wo sehen Sie die größten Hindernisse für VMware-Kunden?
Fathers: Aus meiner Sicht fehlt es beispielsweise häufig an den notwendigen Skills.
Welche Art von Skills meinen Sie?
Fathers: Das fängt schon mit Operating Skills bezüglich der Cloud-Plattform an. Mit dem Betrieb einer statischen Inhouse-Infrastruktur ist das nicht zu vergleichen, wo Anwendungen vielleicht einmal jährlich upgedatet werden. Geht es um die Cloud-Infrastruktur, liegen die Update-Zyklen heute im Bereich von zwölf Stunden, Anwendungen werden mehr oder weniger permanent aktualisiert.
Wie wichtig ist der Standort des Rechenzentrums?
Fathers: Für einige Unternehmen ist er sehr wichtig. Aus diesem Grund hat VMware im März für seine Public Cloud ein Rechenzentrum in Frankfurt eröffnet. Wenn ein Kunde darauf besteht, seine Daten ausschließlich in Deutschland zu halten, können wir das garantieren. Er kann per Mausklick wählen, wo die Daten gespeichert werden.
Trotz der Cloud-Offensive ist VMwares Kernprodukt immer noch vSphere. Im Virtualisierungsmarkt entwickelt sich der blanke Hypervisor aber immer mehr zu einem Commodity-Produkt. Wie will VMware in diesem Umfeld seine Wachstumsraten halten?
Fathers: Zunächst würden wir natürlich niemals sagen, dass Hypervisor Commodity sind. Wir arbeiten weiter daran, mehr Funktionen und Services in unseren Hypervisor einzubauen. Dazu gehört zum Beispiel die Unterstützung neuer Techniken wie Container oder auch OpenStack. Andererseits generieren wir weniger als 30 oder 40 Prozent unserer Einnahmen mit dem reinen Hypervisor. Wir haben stark diversifiziert und adressieren beispielsweise auch Bereiche wie das Management, Netzwerk, Storage oder Mobile Device Management durch die AirWatch-Übernahme. Mindestens 50 bis 60 Prozent unserer Umsätze stammen also gar nicht aus dem Hypervisor-Geschäft.
Das Segment der Cloud-Management- und Automation-Tools ist hart umkämpft. Viele neue Startups wie etwa SaltStack oder auch potente Unterstützer des Open-Source-Systems OpenStack machen Ihnen das Leben schwer.
Fathers: In welchem unserer Märkte gibt es keinen harten Wettbewerb? Erinnern wir uns an den Hypervisor-Markt. Als Microsoft ankündigte, einen eigenen Hypervisor zu bringen, hörte man vielerorts: Das ist das Ende von VMware. Dann kam KVM und wieder hörte man: Das ist das Ende.
Hyper-V hat funktional viel Boden gutgemacht. Microsoft geht aggressiv in den Markt und lockt Kunden mit kostenlosem Support und Know-how. Wie reagieren Sie darauf?
Fathers: Offen gesagt glaube ich, dass wir diese Schlacht längst gewonnen haben. Die nächste Schlacht wird sich um die Cloud drehen. Und hier machen wir den Kunden deutlich, welchen Wert es hat, unseren Hypervisor auch in der Cloud zu nutzen. Darum geht es. Wenn Sie eine vSphere-basierte Cloud nutzen, müssen Sie Ihre Anwendungen nicht ändern und können einfach Ihre bestehende Netzwerkinfrastruktur in die Cloud verlängern.
Etliche große Unternehmen haben ja durchaus die Ressourcen, beispielsweise ein OpenStack-Projekt zu stemmen und sich auf dieser Basis eine Cloud-Infrastruktur ganz nach ihren Vorstellungen zu bauen. Dafür würden nicht einmal Lizenzgebühren anfallen. Was spricht dagegen?
Fathers: Wir haben inzwischen ja eine eigene OpenStack-Distribution im Portfolio. VMware-Kunden, die etwa mehrere unterschiedliche Management- und Orchestrierungs-Stacks entwickelt haben, können nun auch OpenStack nutzen und auf demselben Ressourcen-Pool aufsetzen. Generell berichten mir aber viele Kunden, dass es doch erheblicher finanzieller und zeitlicher Ressourcen bedarf, um eine eigene OpenStack-basierte Private Cloud zu bauen. Die Projekte dauern meist deutlich länger als geplant und kosten auch mehr. Der Nutzen für das Business dürfte am Ende sehr begrenzt sein. Hinzu kommt: Im Gegensatz zum Private-Cloud-Markt spielt OpenStack in der Public Cloud kaum eine Rolle. Ich glaube, dass Unternehmen für die Private- und die Public Cloud dieselbe Technologie einsetzen sollten, um flexibel zu bleiben. Andernfalls wird das ganze Konstrukt sehr komplex und erfordert eine Menge Integrationsarbeit. (wh)