Die Preise an den Speichermärkten bröckeln weiter. Von einer stärker anziehenden Nachfrage, mit der zum Jahresende nahezu alle Analysten gerechnet hatten, ist bis jetzt wenig zu spüren. Die Verfügbarkeit ist unverändert gut, so dass von der Angebotsseite kurzfristig kaum Impulse für steigende Preise zu erwarten sind.
Eine unbekannte Größe sind aber die noch vorhandenen Lagerbestände der Chiphersteller. Nach Meinung der meisten Beobachter sind die seit August sinkenden Preise darauf zurückzuführen, dass die Produzenten ihre im Sommer aufgebauten Läger derzeit schrittweise abbauen. Wie groß die Bestände im Augenblick noch sind, darüber gehen die Meinungen aber weit auseinander. Sollten sie tatsächlich, wie vermutet, zur Neige gehen, könnte das für eine Stabilisierung und - bei anziehender Nachfrage - für steigende Preise sorgen.
Bei PC100- und PC133-Chips waren in den letzten Wochen nur geringe Preisschwankungen zu beobachten. Insgesamt zeigte die Tendenz leicht nach unten. Eine Ausnahme bilden die PC100-Chips mit Kapazitäten von 256 Mbit, die in den letzten 14 Tagen um fast 15 Prozent billiger wurden. Bei PC133 notiert dieser Chiptyp weiterhin stabil und nahe am Jahreshöchststand von knapp 45 Dollar. Stabil sind auch Angebot, Nachfrage und Preise bei EDO und FPM.
Aufgrund der aktuellen Unsicherheit der weltweiten PC-Märkte erwarten die Chiphersteller im laufenden Quartal eine schwächere Nachfrage und niedrigere Preise für Speicherprodukte. Sie verweisen aber darauf, dass sich ihre Abhängigkeit vom PC-Markt in den letzten zwei Jahren ständig verringert habe. Aber auch bei Handys oder Geräten und Bauteilen für die drahtlose Datenkommunikation, die den letzten Boom im Speichermarkt maßgeblich genährt haben, bleiben die aktuellen Zahlen deutlich hinter den Erwartungen zurück.
Trotzdem glaubt die Branche, dass eine Erholung bei den preissensiblen DRAM-Chips bereits in Sicht sei. Durch neue Software-Produkte, die viel Speicherplatz brauchen, und neue Spielekonsolen werde es ab Mitte 2001 wieder aufwärts gehen. Die Semiconductor Industry Association (SIA) sagt voraus, dass der Wert der weltweiten Chipverkäufe im Jahr 2001 um 22 Prozent auf 249 Milliarden Dollar steigen werde. Das wäre allerdings weniger als in diesem Jahr, in dem mit einem Plus in Höhe von 37 Prozent gerechnet wird. Warnende Stimmen verweisen dagegen auf drohende Überkapazitäten, da 2001 weltweit knapp 50 neue Fabs die Produktion aufnehmen sollen.
"Angesichts der herrschenden Unsicherheit wird man derzeit niemandem guten Gewissens empfehlen können, größere Lagerbestände aufzubauen", glaubt Brigitte Haas, Unternehmenssprecherin von Kingston Technology Europe. "Für den Händler sehen wir aber ausgezeichnete Chancen bei attraktiven Zusatzgeschäften, falls er den Anwendern vermittelt, dass diese den für neue Anwendungen erforderlichen Arbeitsspeicher jetzt zu außerordentlich günstigen Preisen bekommen."
Jörg Bachmann