(NEU: Aussagen Management, Analysteneinschätzungen, Aktienkursverlauf) Von Alexander Becker DOW JONES NEWSWIRES
NEUBIBERG (Dow Jones)--Die Infineon Technologies AG hat Anleger und Investoren nach einem durchwachsenen ersten Quartal 2007/08 mit einem mehr als verhaltenen Ausblick für das Gesamtjahr enttäuscht. So wird die Krisensparte COM auch weiterhin keine Gewinne erwirtschaften. Damit bleibt neben der geplanten Trennung von Qimonda auch im Kerngeschäft eine weitere Baustelle offen. Das nährt bei Anlegern Zweifel an der Zukunft des Infineon-Geschäfts. Die Aktie bricht ein.
Zwar erreichte die besonders im Blickpunkt von Anlegern und Investoren stehende Kommunikationssparte wie vom Infineon-Management versprochen im ersten Quartal vor Sondereffekten die Gewinnzone, für das Gesamtjahr musste Infineon aber ihre offenbar zu optimistische Prognose zurücknehmen. Statt wie erst im Dezember angekündigt mit einem operativen Gewinn rechnet das Unternehmen bei COM nun im Gesamtjahr 2007/08 mit einer negativen EBIT-Marge.
Anleger reagierten geschockt und trennten sich in Massen von den Infineon-Papieren. Nachdem das Papier bereits mit einem Minus von knapp 10% in den Handel gestartet war, baute es seine Verluste bei hohen Umsätzen im Handelsverlauf am Donnerstag weiter aus. Um 15.40 Uhr notierte die Aktie über 17% im Minus bei 5,54 EUR und war damit mit Abstand größter Verlierer im DAX.
Die Gefahr eines Durchrutschens Richtung 5er-Marke sei gewachsen, heißt es im Markt. Dort gebe es noch eine Unterstützung durch die 2002er Tiefs. Die drohenden Abschreibungen im Zusammenhang mit der Trennung von Qimonda drückten das Sentiment aber zusätzlich, heißt es am Markt.
Vor allem der Ausblick auf einen Verlust von Infineon in der Kommunikationssparte im laufenden Geschäftsjahr dürfte der Grund für die harsche Reaktion am Aktienmarkt sein, sagt Analyst Günther Hollfelder vom UniCredit im Gespräch mit Dow Jones Newswires. Das Unternehmen habe einst die Rentabilität in der Sparte für das vierte Quartal 2006 in Aussicht gestellt. Dann habe es das Erreichen der Gewinnschwelle wegen der Insolvenz von BenQ auf das vierte Quartal 2007 verschoben. "Und nun rechnet Infineon auch in diesem Jahr noch mit einem Verlust", sagt der Analyst.
Der neue Ausblick stelle den Erfolg der Restrukturierung in Frage. Nun müssten sich die Investoren die Frage stellen, wie es bei der COM-Sparte weitergehe. Diese Unsicherheit wiege umso schwerer, als Anleger in den vergangenen Wochen den Blick zunehmend von der DRAM-Tochter Qimonda weg- und auf Infineon selbst gerichtet hätten. Bei dieser habe man auf eine erfolgreiche Restrukturierung der COM-Sparte und auf eine gute Entwicklung der AIM-Sparte gesetzt.
Aber auch im Segment Automotive, Industrials & Multimarkets (AIM) ist angesichts des wirtschaftlichen Umfelds derzeit kein Wachstum in Sicht. Für AIM bekräftigte Infineon die Prognosen, wonach hier im laufenden Geschäftsjahr mit einem leichten Umsatz und Ergebniswachstum zu rechnen sei. Im ersten Quartal war der AIM-Umsatz bereits um 9% im Vergleich zum Vorquartal auf 743 Mio EUR zurückgegangen. Die EBIT-Marge lag dabei stabil bei 13%.
Insgesamt erwirtschaftete Infineon im Kerngeschäft mit Logikchips im Auftaktquartal ohne ihre Speicherchiptochter Qimonda einen operativen Gewinn von 65 Mio EUR. Im Vorquartal hatte das Unternehmen hier noch einen operativen Fehlbetrag von 25 Mio EUR und im Vorjahreszeitraum einen EBIT-Verlust von 9 Mio EUR erwirtschaftet. Der Umsatz belief sich ohne Qimonda auf 1,09 (Vj 0,958) Mrd EUR.
Auf Konzernebene verhagelten die schwachen Zahlen der Tochter Qimonda die Ergebnisse. Der Speicherchiphersteller hatte bereits vor zwei Wochen in Folge eines größer als erwarteten Preisverfalls bei DRAM-Chips tiefrote Zahlen vorgelegt. Bei einem Umsatz von 513 Mio EUR fiel ein Verlust von 598 Mio EUR an. Der Konzernumsatz inklusive Qimonda sank auf 1,603 Mrd EUR von 1,838 Mrd EUR im Vorquartal und 2,131 Mrd EUR im Vorjahreszeitraum.
Auf der Ergebnisseite verzeichnete Infineon auf Konzernebene einen Verlust von 368 Mio EUR. Von Dow Jones Newswires befragte Analysten hatten bei einem Konzernumsatz von 1,633 Mrd EUR und einem Nettoverlust von 445 Mio EUR gerechnet.
Die Citigroup bezeichnet die Erstquartalszahlen von Infineon als "in line" mit den Erwartungen liegend. Der schwache Ausblick für den Bereich Kommunikation komme nicht völlig überraschend. Angesichts der hinter den Erwartungen liegenden Absätzen von Apples iPhone und den makroökonomischen Unsicherheiten dürfte 2008 mit einem schwächeren Endverbrauchermarkt zu rechnen sein. Die Experten heben hervor, dass Infineon das Ziel der EBIT-Marge von 10% für den Logik-Bereich bestätigt habe.
"Unser Ziel ist es weiterhin, im Geschäftsjahr 2009 eine EBIT-Marge von 10% zu erreichen, obwohl die Unwägbarkeiten der globalen Wirtschaft, die ungünstige Entwicklung des Wechselkurses und unser aktualisierter Ausblick das Erreichen dieses Ziels erschweren", so der Vorstandsvorsitzende Ziebart. Später fügte er noch relativierend hinzu, dass eine 10%-Marge keine Prognose sei, sondern lediglich "ein Ziel das wir verfolgen".
Zusätzlich zu dem verhaltenen Ausblick dürfte die nach den jüngsten Kursverlusten nicht einfacher gewordene Trennung von der Speicherchiptochter Qimonda auf den Infineon-Kurs drücken. So bestätigte Finanzvorstand Peter Fischl, das grundsätzliche Risiko einer Abschreibung auf den Firmenwert von Qimonda.
Ein Impairment-Test sei generell aber immer nur zum Quartals- oder Geschäftsjahresende möglich, so der Finanzvorstand mit Blick auf die jüngsten Kursverluste bei Qimonda. Über den Zeitpunkt eines möglichen Werthaltigkeit-Tests für die Qimonda-Beteiligung wollte sich Fischl nicht äußern.
Infineon hatte im September mit einer Zweitplatzierung ihren Anteil an Qimonda von 86% auf rund 77,5% reduziert. Seit August 2006 ist Qimonda an der New York Stock Exchange gelistet. Am Mittwoch hatte das Papier den Handel dort mit einem Minus von knapp 25% bei 5,17 USD beendet. Der Wert des Qimonda-Anteils in den Infineon-Büchern war zum Ende des ersten Quartals in Folge der anhaltenden Verluste der Speicherchiptochter erneut gesunken. Derzeit steht Qimonda dort mit etwa 12 USD je Aktie. Damit ist der Buchwert immer noch mehr als doppelt so hoch wie die Notierung.
Infineon hat sich einen konkreten Zeitplan für die Trennung gesetzt. Bis zur Hauptversammlung 2009 soll der Anteil auf unter 50% sinken. Der verbleibende Rest Qimonda-Aktien soll dann womöglich als Sach-Dividende an die Infineon-Aktionäre weiter gereicht werden.
Webseite: http://www.infineon.com http://www.qimonda.com - Von Alexander Becker, Dow Jones Newswires, +49 (0)89 5521 40 30 industry.de@dowjones.com DJG/abe/nas
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