(NEU: Details, weitere Aussagen VDMA) Von Nico Schmidt DOW JONES NEWSWIRES
FRANKFURT (Dow Jones)--Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau sieht im Gegensatz zu anderen Branchen noch kein Licht am Ende des Konjunktur-Tunnels. Wie der Branchenverband VDMA am Donnerstag in Frankfurt mitteilte, rechnet er für 2009 mit einem Rückgang der Produktion um ein Fünftel. Mit einem Produktionswert von 158 Mrd EUR würde der Output des Anlagen- und Maschinenbaues damit auf das Niveau des Jahres 2006 zurückfallen. Auch für 2010 wird noch kein Aufschwung, sondenr lediglich eine Stabilisierung der Produktion auf dem Vorjahresniveau erwartet. "Wir rechnen damit, dass der deutsche Maschinenbau im kommenden Jahr in Summe das relativ schwache Produktionsniveau des Jahres 2009 in etwa halten wird", sagte Verbandspräsident Manfred Wittenstein bei der Vorstellung der neuen Prognosen.
Die als spätzyklisch geltende Branche steckt in der schlimmsten Rezession seit Jahrzehnten. Nach fünf Jahren eines teilweise rasanten Wachstums begann die Talfahrt bei den Neuaufträgen im Schlussquartal des vergangenen Jahres. Im ersten Halbjahr 2009 lag das Minus bei den Auftragseingängen bei rund 50% und damit so hoch wie noch nie seit Beginn der VDMA-Statistik im Jahr 1958.
Obwohl sich das industrieweite Bestellverhalten zuletzt deutlich aufhellte und auch einige Konjunkturindikatoren merklich nach oben zeigten, setzte der Maschinenbausektor seine Talfahrt weiter fort: Im Juli, dem bisher letzen Monat, für den der VDMA Daten veröffentlicht hat, lagen die Neuaufträgen um 43% unter Vorjahresniveau. Die Kapazitätsauslastung betrug nur noch knapp 70%; mehr als zwei Drittel der Unternehmen klagten über Auftragsmangel.
"Das Minus im Juli ist für sich gesehen nach wie vor wenig ermutigend", sagte Wittenstein. "Im Vergleich zu den Vormonaten bestätigt sich jedoch unsere Vermutung, dass die Minusraten kleiner werden und wir uns im Kurvenverlauf deren Tiefpunkt nähern". Dieser Prozess verlaufe jedoch "äußerst zäh" und sei noch nicht eindeutig genug, um von einem Erreichen der Talsohle sprechen zu können, so Wittenstein. Wann es wieder bergauf gehe, sei dementsprechend nicht vorherzusagen, ergänzte VDMA-Haptgeschäftsführer Hannes Hesse.
Trotz noch vorhandener Auftragspolsters schlugen die Einbrüche bei den Neubestellungen in den vergangenen Monaten auch immer stärker auf die Produktion durch. Hier lag das Minus im ersten Halbjahr bei nahezu einem Viertel. Dementsprechend passte der VDMA auch seine Produktionserwartungen für das Gesamtjahr erneut nach unten an. Für 2009 rechnet der Verband nun mit einem Rückgang des Produktionsvolumens um 20% auf 158 Mrd EUR.
Bereits im April hatte der VDMA die Prognose in Reaktion auf die schwere Branchenkrise deutlich vorsichtiger formuliert und ein reales Produktionsminus von 10% bis 20% in Aussicht gestellt. Zuletzt hatte es aber bereits geheißen, dass der Rückgang wohl eher in Richtung minus 20% gehen würde.
Dass der Produktionseinbruch im ersten Halbjahr stärker ausgefallen ist, als es auf Gesamtjahressicht erwartet wird, ist nach Aussage von Wittenstein lediglich auf einen Basiseffekt zurückzuführen, und lässt nicht darauf schließen, dass der Verband eine merkliche Erholung erwartet. Da der Sektor schon Ende 2008 die Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu spüren bekommen habe, liege in der zweiten Jahreshälfte die Messlatte nicht mehr so hoch, erklärte der VDMA-Präsident Wittenstein.
Die prekäre Situation wird nach Aussage der VDMA-Führungsriege auch bei den Beschäftigtenzahlen Spuren hinterlassen: "Wir gehen davon aus, dass die Kernmannschaft auch in den kommenden Monaten noch angepasst werden muss", sagte Wittenstein. Insgesamt droht nach VDMA-Schätzungen alleine 2009 der Wegfall von bis zu 60.000 Stellen. Im ersten Halbjahr wurden nur 18.000 Arbeitsplätze abgebaut. Per Ende Juni beschäftigten die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer damit noch 936.000 Menschen.
Kurz- bis mittelfristig ist keine Besserung der Lage in Sicht: "Für das kommende Jahr sehen wir eine konkrete Chance, das Produktionsniveau von 2009 zu halten", zeigte sich Wittenstein vorsichtig. Nach seiner Aussage erwog der VDMA sogar, angesichts des unsicheren Marktumfelds ganz auf einen Ausblick zu verzichten. "Wir haben uns reiflich überlegt, ob wir in einer Zeit, in der die Perspektiven extrem unsicher sind, überhaupt eine Prognose abgeben sollen oder ob es nicht besser wäre zu schweigen". Letztlich habe man sich aber dafür entschieden, eine Prognose abzugeben, weil viele Unternehmen in der Branche eine Einschätzung erwarteten.
Wann sich die Lage bessere, vermochte Wittenstein nicht zu schätzen: "Bevor es uns besser gehen kann, muss es unseren Kunden besser gehen. Sie müssen das Vertrauen in die wirtschaftliche Entwicklung wieder gewinnen, dann werden sie auch wieder in neue Maschinen und Anlagen investieren". Dem stünden aber letztlich eine Finanzierungsschwierigkeiten im Weg.
Maschinenaufträge müssten aufgrund ihres großen Volumens teilweise über fünf bis zehn Jahre finanziert werden. "Für unsere Kunden ist es schwierig, solche Volumina zu finanzieren", sagte Wittenstein mit Blick auf die seines Erachtens sehr rigide Kreditvergabe der Banken. Das koste die Branche Aufträge und somit Geschäft.
Außerdem lasse der Aufschwung in der spätzyklischen Branche wohl noch eine Zeit auf sich warten, weil die Aufhellung der die wirtschaftliche Lage erst mit zeitlicher Verzögerung auf die Investitionstätigkeit der Kunden durchschlagen werde, so Wittenstein.
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