Die Siemens AG zieht einen Schlussstrich unter ihr Geschäft mit der Telekommunikationstechnik und verkauft ihre Tochter Siemens Home and Office Communications Devices (SHC) an die Arques Industries AG. Beide Seiten vereinbarten nach getrennten Mitteilungen vom Freitag, dass Siemens 80,2% der SHC-Anteile an die Starnberger Beteiligungsgesellschaft abgibt. Zum Kaufpreis machte Siemens auch auf Nachfrage keine Angaben.
Bei SHC stellt Siemens unter anderem Schnurlos-Telefone her, die unter der Marke "Gigaset" verkauft werden. "Siemens trennt sich von dem Geschäft, weil es durch die Neuordnung im Konzern und die Fokussierung auf die drei Sektoren Energy, Industry und Healthcare nicht mehr zum Kerngeschäft des Unternehmens gehört", heißt es in der Mitteilung von Arques.
Abgeschlossen werden soll die Trennung nach der kartellrechtlichen Freigabe zum 1. Oktober. Siemens will Details ab 9.00 Uhr in einer Telefonkonferenz erläutern.
Zwei Drittel der SHC-Umsätze stammen aus dem Geschäft mit Gigaset-Schnurlostelefonen. SHC ist den Angaben zufolge mit rund 2.100 Mitarbeitern in 17 Ländern präsent und vertreibt ihre Produkte in rund 70 Länder. Im abgelaufenen Geschäftsjahr erwirtschaftete SHC laut Siemens einen im Vergleich zum Vorjahr "stabilen" Umsatz von 792 Mio EUR erwirtschaftet.
Arques hat für die nächsten drei Jahre vertraglich zugesichert, die SHC-Standorte in München und Bocholt zu erhalten. Die Siemens-Führung hatte vor Monaten bereits SHC als einen Bereich bezeichnet, der nicht mehr zum Kerngeschäft des Konzerns zählt.
SHC wird in der Siemens-Bilanz unter Sonstige Aktivitäten, geführt deren Umsatz 2006/07 rund 2,9 Mrd EUR erreichte. Geschäfte mit einem Umsatz von 386 Mio EUR will Siemens noch in die drei Kernsektoren integrieren, den Rest verkaufen oder schließen.
Mit SHC will sich Siemens auch vom letzten direkt im Unternehmen verbliebenen Teil der ehemaligen COM-Sparte trennen. Die Telekommunikationstechnik war über 160 Jahre einer der tragenden Eckpfeiler des Siemens-Konzerns. Mit der Erfindung des Zeigertelegraphen legte Werner von Siemens im Jahr 1847 den Grundstein für das heutige Weltunternehmen.
Unter der Führung des Vorstandsvorsitzenden Klaus Kleinfeld begann sich Siemens ab dem Jahr 2005 verstärkt auf die Geschäftsfelder Industrie, Energie und Medizintechnik zu konzentrieren. Im Jahr 2006 gab Siemens zunächst das Handy-Geschäft an BenQ ab und brachte im darauf folgenden Jahr das Netzwerk-Geschäft in das Joint Venture Nokia Siemens Networks (NSN) ein.
Zuletzt wurde am Dienstag bekannt, dass der Bereich Telekommunikationslösungen für Firmenkunden, Siemens Enterprise Networks (SEN), in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem US-Investor The Gores Group eingebracht wird.
Mittlerweile ist Siemens sehr darauf bedacht, auch bei verkauften Bereichen den Erhalt von Arbeitsplätzen zu gewährleisten. Der Verkauf des Mobiltelefon-Geschäfts hatte dem Konzern am Ende einen schweren Imageschaden zugefügt. Knapp ein Jahr nach der Übernahme hatte BenQ der deutschen Tochter BenQ Mobile mit mehr als 3.000 Mitarbeitern den Geldhahn zugedreht und sie in die Insolvenz geschickt.
SHC dagegen soll unter der Führung von Arques ihre "Position als Marktführer im Premium-Preissegment ausbauen". Dazu soll die Produktpalette auf margenstarkes Geschäft konzentriert werden. Arques darf dazu in den nächsten zwei Jahren den Markennamen Siemens nutzen.
Die SDAX-notierte Arques Industries hat sich auf die Sanierung von Industrieunternehmen spezialisiert.
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