Es gibt die unterschiedlichsten Szenarien, die ein Unternehmen unverhofft in eine Krise stürzen können. Beispiele dafür können sein:
Arbeitsunfälle
Cybercrime
Produktfehler
massive Kundenbeschwerden auf Social Media
Verlust wichtiger, langjähriger Mitarbeiter durch Abwerben der Konkurrenz
Krisen aktiv gestalten
Es gibt Krisen, die je nach Branche mehr oder weniger wahrscheinlich sind. In der IT-Branche gehören Cybercrime, sonstige technische Störungen, Mitarbeiterabwanderung oder (über einen längeren Zeitraum) vakante Positionen zu den größeren Sorgenkindern. Wer kennt es als IT-Dienstleister nicht? Kunden beschweren sich massiv per Telefon, E-Mail oder über Social-Media-Kanäle über den nicht erreichbaren Server, das gestörte Rechenzentrum oder eine nicht funktionierende E-Mail-Kommunikation.
Unternehmen, die keinen Krisen-Kommunikationsplan haben, um schnell und professionell zu reagieren, werden wortwörtlich überrollt. Sie können nur noch defensiv abwehren, aber die Krise nicht aktiv mitgestalten. Und dies in Zeiten, in denen - auch bedingt durch Social Media - Krisensituationen zunehmen.
Frühwarnsystem aufbauen
Eine Krise kommt nicht immer völlig überraschend. In vielen Fällen lassen sich mit Medienbeobachtung, Social Media Monitoring sowie regelmäßigen Mitarbeiter- und Kundengesprächen mögliche Störfaktoren schon in einem frühen Stadium erkennen. Vergleichbar mit dem Entdecken von Malware, können wir von einer vorausschauenden Krisendetektion in der Unternehmenskommunikation sprechen.
Szenarien, die viele Firmen kennen: Bestandskunden beschweren sich, was die Qualität des Kundenservices betrifft. Agieren Sie rechtzeitig und analysieren Sie die Prozesse im Service. Mitarbeiter sind unzufrieden und wünschen sich eine bessere technische Ausstattung der Arbeitsplätze oder flexible Arbeitszeiten? Denken Sie darüber nach, was für Sie als Arbeitgeber machbar ist und halten Sie die Arbeitsplätze attraktiv. Stichwort: Digital Workplace.
Lesetipp: Die 8 Bausteine des digitalen Arbeitsplatzes
Krisenszenarios entwerfen
Um in einer Krise möglichst gut zu kommunizieren, ist es hilfreich, mögliche Krisen vorab in Risikoklassen und Auswirkungsstufen einzuteilen. Das könnte so aussehen:
Benennung der Krise: zum Beispiel Serverausfall
Wahrscheinlichkeit: niedrig (Auswahl zwischen niedrig, mittel, hoch)
Einfluss auf die interne Organisation: hoch (Auswahl zwischen niedrig, mittel, hoch)
Einfluss auf externe Stakeholder: hoch (Auswahl zwischen niedrig, mittel, hoch)
Jedes Krisenszenario erfordert nun ein geeignetes Paket an Kommunikationsmaßnahmen. Gerade bei Ausbruch einer Krise passieren meist aus Nichtwissen oder Aufregung signifikante Kommunikationsfehler mit teils schwerwiegenden Folgen.
Oft gibt es für folgende Aspekte keine Regelungen:
Direkte Kunden- und Partnerkommunikation: Diese ist zum Beispiel über Anrufe bei den wichtigsten Kunden, E-Mails oder Informationen über eine Dark Site möglich.
Social-Media-Kommunikation: Über vorbereitete Social-Media-Posts können Unternehmen schnell auf den Social-Media-Kanälen kommunizieren. Das Redaktionsteam sollte wissen, wie es auf kritische Posts zu reagieren hat. Denn wenn es dick kommt, dann meist richtig.
Im Idealfall sollten problematische Posts von den öffentlichen Profilen hin zu einer persönlichen Reaktionsmöglichkeit weggeleitet werden, beispielsweise über das Telefon oder per E-Mail. Das ist aber nicht immer möglich. Eine Schulung des Teams als Vorbereitung auf derartige Krisenfälle ist sinnvoll.
Pressearbeit vorbereiten: Legen Sie vorab die Pressesprecher fest und haben Sie eine Liste der wichtigsten Medienkontakte in der Tasche, die Sie bei einer akuten Krise aktiv informieren können. Formulieren Sie eine Pressemitteilung vor (dieses Muster wird dann angepasst).
Kontaktliste Krisenteam: Definieren Sie ein Krisenteam, das die Geschäftsführung und die Bereichsleiter umfasst. Halten Sie die Kontaktdaten immer aktuell. Teil dieser Kontaktliste sind auch externe wichtige Kontakte, zum Beispiel der externe IT-Dienstleister, die Sicherheitsfirma, der Rechtsanwalt, der Steuerberater oder das Landeskriminalamt (für Cybercrime-Meldungen).
Krisenraum: Haben Sie einen Raum, den Sie im Fall einer Krise mit der entsprechenden Technik schnell nutzen können? Ist dieser immer gut ausgestattet mit Flipchart, Karten und Stiften, Telefon und Computer? Vielleicht hat es bei Ihnen gebrannt und Sie dürfen das Gebäude nicht mehr betreten - können Sie in diesem Fall auf externe Räumlichkeiten mit guter technischer Ausstattung zugreifen?
Interne Kommunikation ist besonders wichtig
Krisenprävention ist anspruchsvoll, denn es gilt, viele Aspekte und Stakeholder zu berücksichtigen. Eine wichtige Gruppe ist die der Unternehmensmitarbeiter. Bei einer Krise sind alle Mitarbeiter in Sorge, nicht nur die Unternehmensführung oder der Krisenstab. Interne Kommunikation ist immer Bestandteil eines guten Krisenmanagements. Mitarbeiter brauchen zuverlässige und regelmäßige Informationen, um zu verstehen, was passiert ist.
Gerade bei der internen Kommunikation ist Fingerspitzengefühl gefragt. So muss der Kommunikationskanal sorgfältig ausgewählt sein. Schriftliches kann in falsche Hände geraten, Social Media eignet sich nicht für den Transport sensibler Informationen.
Erfolgsfaktoren für die interne Kommunikation:
Offene, transparente, verständliche und ehrliche Information.Faktenorientiert mit emotionaler Komponente (Fakten überprüfen)
Alle ansprechen
One voice to the employee (immer dieselbe Person kommuniziert, zum Beispiel Geschäftsführer, Leiter Crisis Team)
Zeitpunkt: immer vor der Information an die Presse; in regelmäßigen Abständen; Betroffene vor anderen
Know-how einkaufen
Krisenkommunikation zählt zu den anspruchsvollen Feldern der Unternehmenskommunikation. Je nach Geschäftsbereich, Einfluss des Unternehmens auf das öffentliche Leben und Größe der Organisation ist es wichtig, rundum gut aufgestellt zu sein. Dafür sind viele verschiedene Kompetenzen erforderlich, die ein Unternehmen meist nicht selbst abdecken kann. Kompetenzen extern einzukaufen, ist häufig sinnvoll.
Über Krisen-Coachings lassen sich Abläufe und Verantwortlichkeiten im konkreten Szenario prüfen und üben.
Medientrainer schulen den richtigen Umgang mit Journalisten, auch unter Druck vor Kameras oder Mikrofon.
Kommunikationsagenturen helfen bei der Aktualisierung oder Erstellung von Krisenhandbüchern, Checklisten und Formularen.
Buchtipps
- Praxishandbuch Krisenmanagement, MIDAS Verlag, ISBN: 978-3-907100-42-4
- Krisenkommunikation, UVK, Herbert von Halem Verlag, ISBN-10: 3744 502163