Echtzeit-Umfrage auf dem Systemhauskongress

Systemhäuser reden Tacheles



Olaf Kaiser beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit den Erfolgsfaktoren für Unternehmensentwicklung und Wachstum in der IT-Branche. Seine Spezialthemen sind die methodisch gestützte Strategieentwicklung und die Themen Managed Services- und Cloud-Geschäftsmodelle. Olaf Kaiser ist Gesellschafter der UBEGA GmbH und KeyNote Speaker zu seinen Themen.
Auf dem Channelpartner Systemhauskongress Chancen 2017 stellten sich die anwesenden Systemhaus-Chefs brisanten Fragen und beantworteten diese direkt und live vor Ort.

Im Format "Tacheles - der Channel-Live-Check", das ich auf dem diesjährigen Kongress Chancen2017 moderiert habe, gaben die Systemhaus Teilnehmer komplett anonym mittels eines Voting-Systems Antworten, die überraschend und teilweise sehr eindeutig waren und vor allem immer eines: ehrlich.

Vollkommen anonym antworteten die anwesenden Systemhaus-Chefs auf die gestellten Fragen.
Vollkommen anonym antworteten die anwesenden Systemhaus-Chefs auf die gestellten Fragen.

Umsatz & Gewinn

Zuerst ging es um allgemeine Umsatz- und Gewinnzahlen. Die ähnlich verlaufenden Umsatz- und Gewinnangaben zeigten, dass die Teilnehmer im Mittel bei 10 % EBIT liegen. Vergleicht man diesen Wert mit allgemeinen Angaben in Deutschland für Mittelständler, gehören Systemhäuser damit zu den Top-Performern unter den deutschen Mittelständlern.

Laut der Munich Strategy Group (MSG) liegen 2/3 der hiesigen Mittelständler bei unter 4,5% EBIT und nur ein kleiner Teil erwirtschaftet mehr als 11% Gewinn.

MSG Mittelstandsdatenbank Ertragsklassen EBIT 2005 bis 2010
MSG Mittelstandsdatenbank Ertragsklassen EBIT 2005 bis 2010
Foto: MSG Mittelstandsdatenbank

Vielleicht auch auf Basis dieser positiven Ergebnisse antworteten 72%, dass sie ihr Systemhaus noch länger als 10 Jahre betreiben möchten und nur 6% möchten ihr Unternehmen innerhalb der kommenden drei Jahre an ihren Nachfolger übergeben. Was hier nach einem klaren Votum klingt, bedeutet allerdings in der Praxis, dass in Deutschland bei der Annahme von 8.000 aktiven Systemhäusern immer noch 480 Systemhäuser in den nächsten drei Jahren den Besitzer wechseln werden.

Das größte Risiko

Auch zu der Frage, was das größte Risiko für eine weitere erfolgreiche Entwicklung ist, haben die Teilnehmer eine klare Antwort: Sie selbst und unzufriedene Mitarbeiter.

Wettbewerber, unzufriedene Kunden und Anbieter, die Direktgeschäft im Bereich Cloud & MSP machen, werden auf die hinteren Plätze verwiesen.

Als größtes Ertragsrisiko sahen die anwesenden Systemhaus-Chefs unzufriedene Mitarbeiter an.
Als größtes Ertragsrisiko sahen die anwesenden Systemhaus-Chefs unzufriedene Mitarbeiter an.
Foto: Olaf Kaiser

Das entspricht vielleicht nicht unser aller Wahrnehmung, gerade die wenigen Stimmen für das Direktgeschäft. Hierfür kann ursächlich sein, dass die negativen und verärgerten Stimmen in einer offenen Diskussion zumeist lauter und sichtbarer sind, als in einem anonymen Voting wie beim Tacheles-Format.

Die beste Maßnahme der letzten 12 Monate

Was hat aus Sicht der Systemhaus-Chefs den größten positiven Einfluss auf Ihr Geschäft gehabt? Als Vermutung bei dieser Frage lag nahe, dass das Personalwachstum und das erfolgreiche Rekrutieren von Mitarbeitern den größten Ausschlag geben würde. Doch weit gefehlt.

Für viele Systemhäuser ist es den Ergebnissen nach wohl selbstverständlich, externe Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Für viele Systemhäuser ist es den Ergebnissen nach wohl selbstverständlich, externe Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Foto: Olaf Kaiser

Die hohe Wertung für "mehr Cloud & MSP Geschäft" zeigt, dass dieses Thema mittlerweile bei Systemhäusern aus hohem Eigenantrieb und nicht mehr von der Industrie gepusht auf der eigenen Agenda angekommen ist und hier einen hohen Stellenwert besitzt.

Auch die externe Hilfe, sei es von Kollegen oder Beratern, wird offensichtlich sehr gewertschätzt und als Treiber und damit mitverantwortlich für die gute Entwicklung gesehen.

Neue Themen brauchen Zeit

In unserem volatilen und von permanent neuen Technologien und Lösungen getriebenen Markt stellte sich die Frage, wie lange die Einführung neuer Themen im Systemhaus benötigt. Die Antwortmöglichkeiten am Beispiel der Einführung von Managed-Services Angeboten begannen bei weniger als 6 Monaten und endeten bei länger als 18 Monate.

Für 19% der Antwortenden war MSP Business kein Thema. 50% der Unternehmen, die dieses Thema laut der Befragung auch umsetzen, meinten, dass die Einführung länger als ein Jahr dauern würde.

Ein Ein- oder Umstieg zum Managed Service Provider brauchte bei den meisten Systemhäusern, die sich an der Umfrage beteiligt haben, mehr als eineinhalb Jahre.
Ein Ein- oder Umstieg zum Managed Service Provider brauchte bei den meisten Systemhäusern, die sich an der Umfrage beteiligt haben, mehr als eineinhalb Jahre.
Foto: Olaf Kaiser

Eigeneinschätzung als Chef

In einem Part der persönlichen Einschätzung als Chef setzen sich die Kongressteilnehmer mit sich selbst auseinander - ob sie eventuell einen wesentlichen Kündigungsgrund für ihre Mitarbeiter darstellen und wie die Entscheidungswege in ihren Unternehmen heute sind.

Knapp ein Drittel gibt an, dass viele Entscheidungen von Mitarbeitern selbst getroffen werden.
Knapp ein Drittel gibt an, dass viele Entscheidungen von Mitarbeitern selbst getroffen werden.
Foto: Olaf Kaiser

16% der befragten Chefs sind der Meinung, dass besser sie selbst entscheiden sollten. Auf der anderen Seite geben 44% an, dass sie Unkritisches auch abgeben können. 28 % entscheiden meistens demokratisch mit ihren Mitarbeitern zusammen.

Als Hauptursachen für die Kündigung ihrer Mitarbeiter sehen die Chefs zu unspannende Aufgaben (27%) und zu wenig Gehalt (27%). Bei sich selbst sehen die wenigsten die Ursachen. Nur 12 % der Befragten sind der Meinung, dass die Kündigung ihrer Mitarbeiter mit der Unzufriedenheit mit dem Chef zusammenhängt.

Das Gehalt und nicht spannende Aufgaben sind nach Meinung der Systemhaus-Chefs die Hauptgründe für Kündigungen ihrer Mitarbeiter.
Das Gehalt und nicht spannende Aufgaben sind nach Meinung der Systemhaus-Chefs die Hauptgründe für Kündigungen ihrer Mitarbeiter.
Foto: Olaf Kaiser

Zusammenfassung

Die Systemhäuser sind über das Format Tacheles bei Chancen2017 begeistert gewesen und vertrauten - wie in den Antworten sichtbar - dem anonymen Format, um auch persönliche Fragen offen und ehrlich zu beantworten.

Das Fazit ist: "Es wird länger dauern, aber es lohnt sich": Die Systemhäuser wollen ihr Unternehmen noch lange führen und tun dies auf einer gesunden Basis von 10% Gewinn. Sie betreiben das Thema Cloud & MSP aktiv und gehen davon aus, dass die Einführung von Managed-Services Angeboten länger als ein Jahr dauert.

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