Neues schaffen, beweglicher werden

Sieben Schritte zur digitalen Transformation

22.04.2016
Von Sebastian Olbert
In fast allen Branchen führt die Digitalisierung dazu, dass sich Unternehmen breit machen, die herkömmliche Prozesse und Marktmechanismen auf den Kopf stellen. Doch für die "alten Hasen" bestehen alle Chancen, die Herausforderung zu meistern.

Gerade traditionelle Anbieter - ob Energieversorger, Medienhäuser oder Finanzinstitute - haben etwas zu verlieren: ihr aktuell noch profitables Geschäftsmodell mit den bewährten Strukturen. Deshalb müssen sie einige zentrale Fragen beantworten: Wie lassen sich neue Geschäftsfelder für Wachstum auftun? Kann das existierendes Geschäftsmodell weiter bestehen oder wird es ausgehebelt? Wie lassen sich die Kosten senken? Welche Anforderungen haben meine "Connected Customer" heute und wie können sie gezielter bedient werden? Wie kann ich die Digitalisierung mit ihren veränderten Markt- und Arbeitsbedingungen meinen Mitarbeitern näher bringen und welche Voraussetzungen muss ich als Unternehmen schaffen?

Die sieben Schritte zur Digitalen Transformation.
Die sieben Schritte zur Digitalen Transformation.
Foto: goetzpartners

Entscheidend für die Beantwortung dieser Fragen sind zwei Aspekte, die sich gegenseitig bedingen und antreiben: die Fähigkeit Neues zu schaffen (Innovation) und der Aufbau einer möglichst flexiblen, anpassungsfähigen Organisation (Agilisierung). Beide Aspekte stehen im Mittelpunkt der sieben Schritte einer erfolgreichen digitalen Transformation:

1. Bewusstsein schaffen und Kurs setzen
Die eigenen Mitarbeiter sind ein wesentlicher Innovations- und Erfolgsmotor für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Klassische Top-down- Management-Ansätze versagen im digitalen Wandel. Es geht darum Energien im Unternehmen freizusetzen, was mehr Dezentralisierung und Bottom-up erfordert. Der erste Schritt sollte daher sein, das richtige Bewusstsein im Unternehmen zu schaffen. Das kann beispielsweise durch Digital Bootcamps erreicht werden, in denen Mitarbeitern anhand eingängiger Beispiele die Grundmechanismen der Digitalisierung demonstriert werden - beispielsweise Plattformdenken, sich selbst verstärkende Netzwerkeffekte und die Macht von (personalisierten) Daten. Zu Beginn gilt es, eine Digitalvision mit klaren strategischen Zielen zu formulieren, an der sich alle entstehenden Ideen und Geschäftsansätze messen lassen.

2. Geschäftsmodelle entwickeln
Ideen allein machen noch kein digitales Geschäftsmodell. Wichtig ist, dass diese direkt erprobt werden können, ohne dabei das bestehende Kerngeschäft zu gefährden. Dass dabei Fehler passieren, ist wahrscheinlich und nach den Regeln der digitalen Welt sogar erwünscht; allein diese Art der Fehlerkultur ist aber für viele Unternehmen bereits revolutionär.

Auf diesen acht Säulen steht das Digitalisierungs-Gebäude.
Auf diesen acht Säulen steht das Digitalisierungs-Gebäude.
Foto: DHBW

Beim Finden und Erproben neuer Ideen können innovative Workshop-Formate, interne "Hack-Days", externes Prototyping, Design Thinking, die Beteiligung an Acceleratoren- und Inkubatorenprogrammen oder auch die Unterstützung von Start-ups via Corporate Venturing helfen. Gerade letztere Ansätze bieten die Chance, von digitalen und disruptiven Geschäftsmodellen aus der Gründerszene zu profitieren, indem etablierte Unternehmen Start-ups Investitionsmittel und vorhandene Assets wie Kundendaten oder Technologie-Know-how zur Verfügung stellen.

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3. Digitalstrategie gestalten
Nach der Entwicklungs- und Erprobungsphase sollten die erfolgversprechenden Geschäftsmodelle in eine Digitalstrategie einfließen, die eng und langfristig mit der Unternehmensstrategie zu verzahnen ist. Strategische Handlungsmuster sind in der Vielfalt der neu entstehenden Geschäftsmodelle gerade für bisher traditionell ausgerichtete Unternehmen schwer zu erkennen. Sie reichen vom Verkauf von Produkten mit digitalem Zusatznutzen bis hin zu Daten als eigenständigem Geschäft; hier gilt es die grundlegende Geschäftsmodell-Taxonomy zu verstehen.

4. Transformationsprogramm aufsetzen
Lag der Schwerpunkt bis zur Verabschiedung der Strategie vor allem auf der Innovationsfähigkeit, so wird bei den folgenden Schritten die Agilisierung des Unternehmens wichtiger. Hier gilt es zunächst, die digitalen Roadmaps mittels Digital Playbooks umzusetzen. Zudem ist ein umfassendes Transformationsprogramm aufzusetzen, um Mitarbeiter mit den passenden Fähigkeiten und Kompetenzen zu aktivieren oder zu rekrutieren sowie Partner- und Technologiekonzepte festzulegen.

5. Implementierung forcieren
In der anschließenden Rollout-Phase geht es um das Umsetzen der Transformation - von der Schulung und Weiterentwicklung von Mitarbeitern bis zur Veränderung der betroffenen Strukturen und Prozesse. Eine erfolgreiche Umsetzung wird nur gelingen, wenn Zuständigkeiten auf operativer Ebene verankert werden können und Prototyping in dezentralen Einheiten erlaubt und vorangetrieben wird. Nur so lässt sich das notwendige eigenverantwortliche Handeln in der Belegschaft erreichen.

6. Change Management und Kommunikation
Die Schritte 6 und 7 begleiten jeweils einen Großteil der vorherigen Schritte. So muss das Change Management möglichst früh einsetzen, um Veränderungsbereitschaft bei den Mitarbeitern zu schaffen. Klassische Maßnahmen wie Schulung, Training, Coaching sind nicht falsch, aber unzureichend. Es gilt Digitalisierung für jeden einzelnen erlebbar zu machen, mit den unterschiedlichen Ängsten richtig umzugehen und den gesamten Prozess kommunikativ und organisatorisch zu begleiten. Digitalisierung lässt sich nicht einfach herbeireden.

7. Digital Governance
In punkto Steuerung ist wohl klar, dass die Digitalisierung Chefsache ist und auf die "Board-Agenda" gehört. Doch wie erwähnt reicht top-down alleine nicht aus. Es gilt das Unternehmen als agiles Biotop wahrzunehmen, selbstregelnde Systeme zu schaffen, Energien im Unternehmen freizusetzen und bottom-up dem Unternehmen verfügbar zu machen

Stetige Weiterentwicklung

Innovationsförderung und Agilisierung der eigenen Organisation sind zentrale Bestandteile jeder digitalen Transformation. Ob sie gelingt, hängt nicht nur damit zusammen, ob die richtigen externen Impulse aufgenommen wurden und die Strategie richtig auf- und umgesetzt wurde. Die bisherigen Digitalisierungsgewinner bleiben nicht stehen. Sie stellen ihr eigenes Geschäftsmodell, ihre Produktpalette und ihre eigene Aufstellung immer wieder in Frage. Sie entwickeln sich stetig weiter. Diese Vorreiter verstehen die digitale Transformation nicht als einmaliges Ereignis, sondern sehen sich inmitten einer perpetualen Disruption. Die initialen Impulse zur digitalen Transformation bekommen sie auch von außen - verstetigt werden muss dies jedoch von innen heraus.

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