Private-, Public-, oder Hybrid-Cloud-Lösung? Vor dieser Entscheidung stehen derzeit viele (IT)-Entscheider in großen - aber auch mittelständischen - Unternehmen. Entsprechend gut besucht war der erste deutsche von Cloud-Anbieter Amazon Web Services (AWS) ins Leben gerufene Enterprise Summit in Frankfurt am Main. Gleichzeitig nutzte man seitens AWS die Veranstaltung am Rande natürlich auch zur Promotion seines inzwischen nicht mehr ganz neuen Rechenzentrums in Frankfurt am Main, das den Kunden seit Oktober 2014 die Möglichkeit bietet, ihre Daten im Datenschutz-Mekka Deutschland zu speichern.
Cloud oder Nicht-Cloud?
CEOs und CIOs konnten sich dank eines sehr vielfältigen Vortrags-Programms über Cloud Computing im Unternehmensbereich informieren. Durch zahlreiche Vertreter von AWS-Partnern erhielten sie teilweise tiefgehende Praxis-Einblicke, welche Vorteile - aber auch Probleme - die Migration bestehender On-premise-Rechenzentren in die Cloud mit sich bringen kann.
Eine Pauschal-Antwort auf die eingangs gestellte Frage konnte aber auch der AWS Summit nicht geben. Denn letztlich hängt die richtige Cloud-Infrastruktur von vielen verschiedenen Faktoren ab. Nicht nur von der Größe des Unternehmens, sondern auch von seiner Struktur, seinen Mitarbeitern und natürlich seinen Entscheidern. In unserer Cloud-Computing-FAQ erfahren Sie mehr zum Thema.
Deutschlands AWS-Geschäftsführer im Interview
Wir haben den AWS Enterprise Summit 2015 dazu genutzt, den Managing Director von AWS Deutschland, Martin Geier, zur allgemeinen Marktentwicklung, Security-Aspekten, sowie der Bedeutung von Cloud Computing für den deutschen Mittelstand zu befragen.
CW: Wie würden sie die Entwicklung des Marktes über die letzten Jahre zusammenfassen?
MARTIN GEIER: Wir sehen, dass unsere Kunden insbesondere im Lauf der letzten Jahre ihr Geschäft mit Hilfe unserer Services transformieren und sich den neuen Anforderungen des Marktes anpassen. Auch beim Thema Datensicherheit schauen die Kunden - insbesondere seit den Snowden-Enthüllungen - ganz genau hin. Entsprechend steht dieses Thema bei AWS ganz oben auf der Agenda. Unser "Shared Responsibility"-Modell ermöglicht es unseren Kunden selbst zu wählen, wie sie ihre Inhalte in der Cloud schützen. Sie können außerdem selbst wählen, welches Betriebssystem, welches Netzwerk und welche Firewall-Settings zur Anwendung kommen, genauso wie die Art der Verschlüsselung. AWS übernimmt dagegen die Verantwortung für die Sicherheit der Cloud-Infrastruktur. Dabei erfüllen wir verschiedene Datensicherheits-Standards - beispielsweise die speziell in Europa wichtigen ISO-Normen 9001 und 27001, sowie die PCI-Security-Standards.
CW: Hinsichtlich der Datensicherheit dürfte für viele Kunden interessant sein, ob es sich bei AWS Germany um eine rechtlich autarke Einheit handelt? Falls nicht, ist das neue Rechenzentrum in Frankfurt auch ein Stück weit "Marketing-Instrument"?
GEIER: AWS Germany ist ein hundertprozentiges Tochterunternehmen von Amazon. Natürlich sind wir an die bestehende Gesetzgebung gebunden und halten uns auch daran. Unsere Kunden können frei wählen, wo ihre Daten gespeichert werden. Diese Daten werden nicht bewegt. Zudem empfehlen wir unseren Kunden, die bestmögliche Verschlüsselung einzusetzen.
Das Rechenzentrum in Frankfurt ist keinesfalls ein Marketing-Instrument. Es handelt sich um ein technisch vollwertiges Rechenzentrum, das insbesondere unseren deutschen Kunden durch die geographische Nähe die deutliche Verkürzung von Latenzzeiten ermöglicht.
Generell haben die Diskussionen um dieses Thema in der letzten Zeit aber massiv abgenommen. Kunden setzen sich mit dem Thema Sicherheit sehr professionell auseinander und bewerten die Risiken und Chancen, Cloud Computing einzusetzen. Wenn die Kunden sich inhaltlich tiefgehend mit diesem Thema auseinandersetzen, kommen sie in der Regel sehr schnell zu dem Schluss, dass selbst business-kritische Applikationen sehr sicher und "compliant" in der Cloud genutzt werden können.
Starker Fokus auf den Mittelstand
CW: Welche Strategie fährt AWS Germany hinsichtlich des deutschen Mittelstands?
GEIER: Für uns ist der deutsche Mittelstand ein wesentliches Marktsegment. Wir haben ein eigenes Team, das sich ausschließlich um Mittelstands-Kunden kümmert. Da der deutsche Mittelstand stark mit Software-Anbietern zusammenarbeitet und letztlich auch darauf setzt, dass diese ihre Software "as-a-service" anbieten, sind die Independent Software Vendors genauso wie die System-Integratoren wichtige Bausteine unserer Mittelstandsstrategie.
Wir haben einige Lighthouse-Mittelstandskunden, zum Beispiel Kärcher als globaler Mittelstands-Händler aus der Nähe von Stuttgart. In diesem konkreten Fall wurde ein Einsatzplanungs-System für Reinigungsmaschinen in der Cloud aufgebaut, so dass die Kunden von Kärcher - also professionelle Reinigungs-Unternehmen - ihren Einsatz zum Beispiel unter Berücksichtigung der Service-Intervalle der Geräte oder des Reinigungsmittel-Füllstandes planen können.
Mit unserer Strategie wollen wir dem deutschen Mittelstand helfen, innovativ zu sein und zu bleiben. Auch die Globalisierung spielt hier eine wichtige Rolle: Für ein mittelständisches Unternehmen ist es extrem schwierig, beispielsweise in China oder Australien eine eigene Infrastruktur aufzubauen. An dieser Stelle können wir dem Mittelstand helfen, denn unsere Infrastruktur und Applikationen sind bereits vorhanden.
CW: Inwiefern kooperieren Sie mit anderen Cloud-Anbietern?
GEIER: Wir pflegen zahlreiche, intensive Technologie-Partnerschaften mit einer Vielzahl von Software-Herstellern. Diese können ihre Software auf unserem Marketplace unserem kompletten Kundenstamm anbieten. Was Kooperationen mit Cloud-Anbietern angeht: Unsere Strategie ist es, kundengesteuert die weißen Flecken in unserem Portfolio zu identifizieren und durch eigene Ingenieure zu schließen.
- Johannes Wagmüller, Director Systems Engineering, NetApp
"Der Trend wird zum Multisourcing gehen. On-Premise Storage wird weiterhin erste Wahl bleiben, wenn mit den Daten und Leistungen erhebliche Wertschöpfung für das Kerngeschäft der eigenen Organisation geschaffen wird." - Vincenzo Matteo, Disk Product Management Director, Oracle
"Es wird immer Bereiche geben, die von On-Premise-Storage-Lösungen profitieren, dazu zählen etwa datenintensive Aufgaben wie Big Data Analytics." - Ralf Colbus, Leading Storage Professional, IBM Deutschland
"Nein, die beiden Möglichkeiten werden sich aber stärker ergänzen. Sicherheit, Verfügbarkeit und Performance werden nach wie vor für On-Premise Storage-Systeme sprechen." - Dr. Stefan Radtke, CTO Isilon Storage Division, EMC Deutschland
"Das ist auch eine Frage der Kosten. Wenn sie gelegentlich ein paar Gigabyte oder weniger Daten analysieren wollen, kann man sicher Cloud Services nutzen. Muss man die Daten aber erst in die Cloud übertragen, wird die Analyse sehr unhandlich. Bei großen Datenmengen dürfte eine eigene Infrastruktur günstiger sein." - Stefan Roth, Manager Sales Competence Center, Fujitsu
"Nein, denn sehr viele Kunden lagern nicht ihre komplette IT Infrastruktur aus, sondern setzen auf sogenannte Hybrid-Cloud-Architekturen. Bei diesem Sourcingmodell werden nur ausgewählte Applikationen, Prozesse, Infrastrukturen oder Datenbereiche ausgelagert." - Dr. Georgios Rimikis, Senior Manager Solutions Strategy, HDS
"Wir würden nicht sagen, dass On-Premise Storage überflüssig wird, es wird eher eine Vielzahl von Kombinationen aus Cloud Services, Virtualisierung und On-Premise geben. Wir sehen eher eine Koexistenz dieser Konzepte." - Guido Klenner, Business Unit Manager Storage, Hewlett-Packard
"Mithilfe einer Datenklassifizierung lässt sich herausfinden, welche Speicher, Protokolle und Speicherorte sich am besten für die Speicherung eignen. Nicht alle Daten sind gleich, nicht alle Daten haben eine gleich hohe ‚Lebenserwartung‘ und nicht alle Daten müssen in gleicher Geschwindigkeit bereitgestellt werden.“ - Hans Schramm, Field Product Manager Enterprise, Dell
"Um welche Daten handelt es sich? Wie sensibel sind diese? Soll die Analyse in Echtzeit stattfinden? Es ist in vielen Fällen hilfreich, die Analysen auszulagern, am besten dorthin, wo auch die Daten liegen."