Mehr als die Hälfte aller Unternehmen in Deutschland setzt mittlerweile Cloud Computing ein. Das hat eine repräsentative Umfrage von Bitkom Research im Auftrag der Beratungsgesellschaft KPMG unter 457 Firmen ab 20 Mitarbeitern ergeben. Demnach nutzten im vergangenen Jahr 54 Prozent aller deutschen Unternehmen Cloud-Dienste. Im Jahr davor waren es 44 Prozent. Der Anteil der Planer und Diskutierer verringerte sich von 24 Prozent im Jahr 2014 auf 18 Prozent im zurückliegenden Jahr.
"Cloud Computing ist in der Breite angekommen", sagte Axel Pols, Geschäftsführer von Bitkom Research bei der Vorstellung der Studienergebnisse. Mit den 54 Prozent Cloud-Nutzern sei eine wichtige Schwelle überschritten worden. Die Technik habe zwar keinen leichten Start in Deutschland gehabt. Mittlerweile werde die Cloud jedoch als wichtiger Treiber für die Digitalisierung von Geschäftsprozessen wahrgenommen. Der Anteil der Firmen, die dem Cloud Computing eher aufgeschlossen und interessiert gegenüberstehen stieg von 40 auf 44 Prozent. Ein knappes Drittel der befragten Unternehmen steht dem Thema allerdings immer noch eher kritisch und ablehnend gegenüber.
Der starke Anstieg der Cloud-Nutzung ist laut der Umfrage fast ausschließlich auf kleinere und mittlere Unternehmen zurückzuführen. So stieg die Cloud-Nutzung in Unternehmen mit 100 bis 1999 Mitarbeitern um sieben Prozentpunkte auf 62 Prozent im Jahr 2015 und in Unternehmen mit 20 bis 99 Mitarbeitern sogar um elf Punkte auf 52 Prozent. Bei Unternehmen ab 2000 Mitarbeitern bewegt sich der Anteil der Cloud-Nutzer bereits seit Jahren auf einem hohen Niveau von etwa 70 Prozent. Pols Fazit dazu: "Der Mittelstand hat seine Zurückhaltung beim Cloud Computing endgültig abgelegt."
Durchbruch für die Public Cloud
Vor allem das Interesse an Public-Cloud-Diensten hat dem aktuellen Cloud-Monitor zufolge drastisch zugenommen. Gut jedes vierte Unternehmen gab an, entsprechende Dienste bereits zu nutzen. Im Jahr zuvor waren es erst 16 Prozent - ein Anstieg um zehn Prozentpunkte. Ein weiteres knappes Fünftel der kürzlich befragten Unternehmen erklärte, den Einsatz der Public Cloud zu planen beziehungsweise zumindest darüber nachzudenken. 2014 lag der Anteil der Planer und Diskutierer in Sachen Public Cloud bei acht Prozent.
Der Einsatz von Private Clouds stagnierte dagegen bei 38 Prozent (Vorjahr: 39 Prozent). "Bislang installierten die Unternehmen vor allem Private Clouds, weil vielen die Nutzung über das öffentliche Internet zu unsicher schien. Das ändert sich jetzt", interpretierte Pols diese Zahlen und gab sich optimistisch, was die weitere Entwicklung der Public Cloud betrifft. "Das vergangene Jahr markiert den Durchbruch für Public Cloud Computing in der deutschen Wirtschaft."
"Viele Cloud-Provider haben massiv in die Sicherheit investiert und Rechenzentren in Europa und speziell in Deutschland aufgebaut", erklärt sich Peter Heidkamp, Partner und Head of Technology bei KPMG, das deutlich gestiegene Interesse an der Public Cloud. Trotz des kräftigen Anstiegs bei der Public-Cloud-Nutzung bilden Sicherheitsbedenken jedoch weiter das größte Hindernis für einen intensiveren Einsatz der Technologie.
Mehr als die Hälfte (58 Prozent) der befragten Unternehmen fürchten einen unberechtigten Zugriff auf sensible Unternehmensdaten und 45 Prozent einen Datenverlust. "Das Vertrauen der Anwender in die Sicherheit der Cloud-Services ist die wichtigste Voraussetzung für eine weitere Verbreitung", mahnte deshalb der KPMG-Manager. Laut Umfrage berichteten 15 Prozent der Unternehmen, dass es Sicherheitsvorfälle im Zusammenhang mit dem Einsatz von Public-Cloud-Lösungen in den letzten 12 Monaten gegeben hat, bei weiteren 20 Prozent gab es einen Verdacht.
- Die Studienteilnehmer
222 Mittelständler nahmen an der Studie teil. Zwei Drittel davon planen mit allen Cloud-Modellen. - Teilnehmende Branchen
Der größte Anteil der Teilnehmer kommt aus dem produzierenden Gewerbe. - Rolle der Cloud
Die Zahl der "Cloud-Verweigerer" liegt heute bei nicht einmal mehr 15 Prozent. - Zukunft gehört Multi-Cloud-Umgebungen
Die Zukunft liegt in Hybrid- und Multi-Cloud-Ansätzen. - Gründe für Cloud-Initiativen
Die Kundenanforderungen lassen Mittelständlern keine Wahl: der Weg führt in die Cloud. - IT-Abteilung entscheidet
IT-Abteilungen haben in Sachen Cloud den Hut auf. Doch kleine Mittelständler haben oft keine, dort entscheidet der Chef selbst. - Cloud-Anteil am IT-Budget
Vier von fünf Mittelständlern investieren weniger als 30 Prozent ihres IT-Budgets in Cloud-Technologien. - Flexibilität ist Trumpf
Anwender möchten flexibler und agiler werden. der Kostenaspekt ist nicht ganz so wichtig. - Immer noch Sicherheitssorgen
Datensicherheit und Datenschutz bleiben die hemmenden Faktoren. - Sichtbare Fortschritte
Die meisten Betriebe sind entweder in der konkreten Planungs- oder bereits in der Implementierungsphase. - Das wandert in die Cloud
E-Mail und Collaboration sind die bevorzugten Cloud-Anwendungen. - Vorhandenes wird verlagert
Am häufigsten werden bestehende Workloads migriert. - Offenheit ist Auswahlkriterium
Ein Public-Cloud-Anbieter muss vor allem offen sein und Integrationsmöglichkeiten bieten. - Bevorzugte Anbieter
AWS, Microsoft und SAP genießen die höchste Aufmerksamkeit im Mittelstand. - Cloud-Management
Als Cloud-Management-Lösungen sind VMware-Lösungen besonders beliebt. - Verantwortung beim Provider
Wer in die Public Cloud geht, sieht die Verantwortung für Betrieb und Sicherheit schwerpunktmäßig beim Anbieter. - Wann Externe ins Spiel kommen
Integration, Betrieb und Architektur sind Themen, bei denen Mittelständler Hilfe suchen. - Wichtig: Skills und Projekterfahrung
Cloud-Integratoren sollten gute Leute und Projekterfahrung haben. - Keine Alleingänge
Anwender arbeiten mit Externen zusammen.
Insgesamt sehen die Unternehmen die Public Cloud jedoch in einem positiven Licht. 42 Prozent der befragten Public-Cloud-Nutzer berichteten von durchweg positiven Erfahrungen. Ein Jahr zuvor war es jeder Fünfte. Geschätzt werden in der Public Cloud vor allem die Möglichkeiten für den verteilten Zugriff auf IT-Ressourcen, die bessere Skalierbarkeit, Verfügbarkeit und Performance von IT-Leistungen sowie eine erhöhte organisatorische Flexibilität. Auch der Kostenfaktor scheint zu greifen.
War dieser Punkt Heidkamp zufolge im vergangenen Jahr noch eher durchwachsen beurteilt worden, sagten in der aktuellen Umfrage immerhin knapp vier von zehn Public-Cloud-Nutzern, dass die IT-Kosten eher abgenommen haben. Allerdings gibt es durchaus noch Hausaufgaben für die Public-Cloud-Anbieter zu erledigen: Rund ein Drittel der Unternehmen, die Dienste aus der Public Cloud nutzen, gab an, dass sowohl die Implementierungszeit für neue Lösungen wie auch der IT-Administrationsaufwand eher zugenommen haben.
Cloud-Rechenzentrum muss in Deutschland stehen
Wichtigstes Kriterium bei der Auswahl eines Cloud-Providers bleibt der Standort des Rechenzentrums. Drei von vier Unternehmen bestehen auf einem Data Center ausschließlich in Deutschland beziehungsweise im Rechtsgebiet der EU (Must-have für 70 Prozent). Genauso wichtig für die Anwenderunternehmen ist die Integrationsfähigkeit der Lösungen (76 Prozent), ein Hauptsitz des Anbieters in Deutschland (72 Prozent) beziehungsweise in der EU (70 Prozent) sowie die individuelle Anpassbarkeit der Cloud-Lösung (61 Prozent).
43 Prozent der befragten Unternehmen nutzen über die Cloud Office-Anwendungen wie Textverarbeitung, Tabellenkalkulation oder Programme zur Erstellung von Präsentationen. 35 Prozent setzen Groupware mit Funktionen wie E-Mail, Messenger oder Kalender ein, 34 Prozent branchenspezifische Anwendungen und 30 Prozent Software für die Organisation von Arbeitsgruppen (Collaboration Tools). Bitkom-Manager Pols zeigte sich vor allem von dem hohen Anteil branchenspezifischer Lösungen aus der Public Cloud überrascht. Das sei ein Beleg dafür, wie tief Public-Cloud-Dienste bereits in das Herz der Unternehmens-IT hineinreichten.