Was vor kurzem noch undenkbar schien, wird Wirklichkeit. Oracle öffnet seine Cloud-Infrastruktur für Services von Google und Microsoft, und will seine eigenen Cloud-Database-Dienste auf Plattformen anderer Hyperscaler anbieten. So haben Oracle und Google Cloud eine umfassende Multicloud-Partnerschaft angekündigt. Kunden sollen die Möglichkeit bekommen, die Oracle Cloud Infrastructure (OCI) sowie Googles Cloud-Technologien miteinander zu kombinieren.
Konkret soll in einem ersten Schritt Cross-Cloud Interconnect von Google Cloud in elf globalen Regionen verfügbar sein. Damit ließen sich Workloads über eine direkte Verbindung zwischen OCI und der Google Cloud übergreifend abbilden, hieß es. Gebühren für die Datenübertragungsgebühren würden nicht anfallen. Oracle Applications wie die E-Business Suite und PeopleSoft Enterprise könnten Anwender mit auf die verschiedenen Clouds verteilten Datenspeichern betreiben. Außerdem seien Entwicklerinnen und Entwickler damit in der Lage, neue native Cloud-Anwendungen auf Basis von Google Cloud- und OCI-Technologien zu erstellen.
Später in diesem Jahr wollen die Partner ihren Kunden die Oracle Database@Google Cloud offerieren. Oracles Cloud-Datenbank soll in der Google-Infrastruktur die gleiche Leistung und die gleichen Funktionen wie in der OCI bieten. Auch vom Preis her soll es keine Unterschiede geben. Oracle und Google haben zudem vor, die Oracle Database@Google Cloud gemeinsam zu vermarkten.
Ellison: Kunden wollen die Multi-Cloud
"Die Kunden wollen die Flexibilität, mehrere Clouds zu nutzen", sagte Larry Ellison, Chairman und CTO von Oracle. "Um dieser wachsenden Nachfrage gerecht zu werden, verbinden Google und Oracle die Google Cloud Services nahtlos mit der neuesten Oracle Database-Technologie." Sundar Pichai, CEO von Google und Alphabet, verwies auf die vielen gemeinsamen Unternehmenskunden. "Diese neue Partnerschaft wird diesen Kunden helfen, Datenbanken und Anwendungen von Oracle zusammen mit den innovativen Plattform- und KI-Funktionen von Google Cloud zu nutzen."
Das Verhältnis zwischen Oracle und Google war in der Vergangenheit durchaus angespannt. Über ein Jahrzehnt stritten beide Anbieter über die Nutzung von Java-APIs in Googles Android-Betriebssystem. Im April 2021 ließ der oberste amerikanische Gerichtshof. Oracle mit seinen Forderungen nach neun Milliarden Dollar Schadenersatz abblitzen.
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Dazu kommt, dass der CEO von Google Cloud, Thomas Kurian, eine lange Oracle-Historie in seiner Karriere vorzuweisen hat. Kurian, zuletzt Chef der Produktentwicklung bei Oracle, hatte Anfang September 2018 nach über 22 Jahren überraschend eine Auszeit bei Oracle angekündigt, nachdem er sich einem Bericht von "Bloomberg" zufolge mit Konzerngründer Larry Ellison über den Kurs der Software-Company gestritten haben soll. Es ging dabei offenbar darum, wie weit sich Oracle öffnen und seine Software auch auf den Cloud-Infrastrukturen von Wettbewerbern wie AWS und Microsoft bereitstellen solle. Pikante Nebennote zur jetzt angekündigten Partnerschaft mit seinem Ex-Arbeitgeber: Die will Kurian anscheinend nicht offiziell kommentieren.
Oracle will seine Database-Services direkt in Google Cloud-Data-Centern weltweit betreiben und verwalten, kündigte der Datenbankspezialist an. Den Anfang machen Regionen in Nordamerika und Europa. Oracle Exadata Database Service, Oracle Autonomous Database Service und Oracle Real Application Clusters (RAC) würden später in diesem Jahr in vier Regionen - US East (Ashburn), US West (Salt Lake City), UK South (London) und Germany Central (Frankfurt) - eingeführt und anschließend auf weitere Regionen weltweit ausgeweitet.
Oracle verspricht einfache Migration in die Google Cloud
Anwenderunternehmen sollen ihre Oracle-Datenbanken einfach und schnell in die Google Cloud migrieren können, hieß es in einer Mitteilung. Kunden sollen über den Google Cloud Marketplace Oracles Database-Services unter Verwendung ihrer bestehenden Google Cloud-Verpflichtungen einkaufen und ihre vorhandenen Oracle Lizenzvorteile nutzen können, darunter "Bring Your Own License" (BYOL) und Rabattprogramme wie Oracle Support Rewards (OSR).
Die Vereinbarung umfasst Oracle zufolge das gesamte Portfolio an Database-Services, einschließlich Oracle Exadata Database Service, Oracle Autonomous Database Service, MySQL Heatwave, Oracle Database Zero Data Loss Autonomous Recovery Service, Oracle GoldenGate und Oracle Data Safe. Aus diesen Diensten heraus sollen sich Daten mit KI-Services von Google, einschließlich der Vertex AI- und Gemini-Grundmodelle verbinden lassen.
Nachfrage nach KI-Infrastruktur explodiert
Neben der Vereinbarung mit Google hat Oracle auch eine Partnerschaft mit Microsoft und OpenAI angekündigt. Demzufolge soll die Microsoft Azure Al-Plattform auf OCI erweitert werden sowie dort zusätzliche Kapazitäten für OpenAl bereitgestellt werden. "Wir freuen uns über die Zusammenarbeit mit Microsoft und Oracle. OCI wird die Azure-Plattform erweitern und es OpenAI ermöglichen, weiter zu skalieren", sagte Sam Altman, Chief Executive Officer von OpenAI. Oracle-Chairman Ellison sprach von einem weltweiten Wettlauf um das führende Large Language Model (LLM), der zu einer "unbegrenzten Nachfrage nach der Gen2-KI-Infrastruktur von Oracle führt".
Oracle zufolge setzten zahlreiche KI-Anbieter auf die OCI KI-Infrastruktur für ihre Workloads. Beispielsweise verwendeten Adept, Modal, MosaicML, NVIDIA, Reka, Suno, Together AI, Twelve Labs, xAI und andere OCI Supercluster, um ihre KI-Modelle zu trainieren und zu inferenzieren.
Oracle verweist dabei auf speziell entwickelte KI-Funktionen innerhalb von OCI. Für das Training von LLMs lasse sich OCI Supercluster auf bis zu 64.000 NVIDIA Blackwell GPUs oder GB200 Grace Blackwell Superchips ausbauen, die über ein RDMA-Cluster-Netzwerk mit niedriger Latenz und einer Auswahl an verschiedenen HPC-Speichern verbunden sind.
Im dritten und vierten Quartal habe Oracle die größten Deals seiner Geschichte abschließen können, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters Oracle-CEO Safra Catz. Grund dafür sei die enorme Nachfrage nach dem Training großer KI-Sprachmodelle in der Oracle Cloud. "Allein im vierten Quartal hat Oracle mehr als 30 KI-Verträge mit einem Gesamtvolumen von mehr als 12,5 Milliarden Dollar abgeschlossen, darunter einen mit OpenAI zum Training von ChatGPT in der Oracle Cloud."
Oracle Cloud-Pakt auch mit AWS?
"Was als einfaches Interconnect begann, entwickelt sich für Oracle zu einer definierten Multi-Cloud-Strategie", erklärt Dave McCarthy, Research Vice President bei IDC. Die Ankündigung sei der Beginn eines neuen Trends - Cloud-Anbieter seien mehr und mehr bereit, zusammenzuarbeiten, um die Bedürfnisse gemeinsamer Kunden zu erfüllen. Die Partnerschaft mit Google Cloud sieht McCarthy als Fortsetzung von Oracles Multi-Cloud-Strategie, die mit der Microsoft-Partnerschaft begonnen hatte.
Es war einmal ... Larry Ellisons Kampfansagen an AWS:
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Mit dem Multicloud-Ansatz vermeide es Oracle, sich mit etablierten Cloud-Anbietern anzulegen, so der IDC-Analyst. Stattdessen nutze Oracle seine Stärken im Datenmanagement, um Probleme zu lösen, die andere Cloud-Anbieter nicht lösen können. McCarthy geht davon aus, dass AWS bald eine ähnliche Partnerschaft mit Oracle anstreben könnte, da die Partnerschaften mit Azure und Google Cloud den Hyperscaler unter Druck setzen werden. "AWS steht vor denselben Herausforderungen wie die anderen Clouds, wenn es um Oracle-Workloads geht. Ich erwarte, dass die zunehmende Konkurrenz von Azure und Google Cloud AWS dazu zwingen wird, einen ähnlichen Weg einzuschlagen."