Microsoft erhöhte am 1. April 2023 die Preise für seine Onlinedienste Microsoft 365 und Dynamics 365. Das Unternehmen begründet das mit einer weltweiten Vereinheitlichung der Preisgestaltung und einer Anpassung an den Dollar-Wechselkurs. Für Kunden im Euro-Raum brachte das zunächst eine Erhöhung um elf Prozent. Auch wer in Norwegischen Kronen abrechnet, zahlt jetzt elf Prozent mehr, Kunden in Schweden müssen sogar mit einem Aufschlag von 15 Prozent kalkulieren. In Großbritannien stiegen die Preise im Zuge der Anpassungen an die Entwicklung des Dollars-Kurses um neun Prozent.
Anders gesagt: Microsoft gab sein unternehmerisches Risiko bei Wechselkursen zu einem guten Teil an die Kunden weiter. Ob Senkungen angedacht sind, wenn sich die Kursverhältnisse wieder ändern, ist nicht bekannt. Bekannt ist dagegen, dass sich Microsoft vorbehält, die Preise künftig in einem sechsmonatigen Turnus für dann zu verlängernde und neue Abonnements anzupassen.
Immerhin: Für zusätzliche Lizenzen (Seats), die zu einem derzeit laufenden, vor dem 1. April 2023 gestarteten Abonnement hinzugebucht werden, gelten die ursprünglichen Konditionen des Abonnements. Bei Dynamics 365 sind die Laufzeiten der Verträge bis zu 36 Monate, bei Microsoft 365 (Office 365) bis zu zwölf Monate. Unverändert bleibt zunächst die Preispolitik bei Microsoft Azure, wenn Kunden Leistungen über die "New Commerce Experience" im Rahmen eines Microsoft Customer Agreement (MCA) beziehen. Hier gilt wie bisher, was der Preiskalkulator tagesaktuell anzeigt - in US-Dollar.
So lässt sich die Kostensteigerung hinauszögern
Eine Möglichkeit, diese Kostensteigerung zumindest hinauszuzögern, war die Verlängerung der aktuellen Lizenzen noch vor der Preiserhöhung. Denn die gilt zunächst für Neukunden und Verträge, die nach dem 1. April 2023 verlängert werden. Wer zum Beispiel einen Jahresvertrag hat, der bis 1. August 2023 läuft, zahlt auch den aktuellen Preis bis dahin.
Wer dagegen ein monatliches Abonnement nutzte, zahlt bereits seit dem 1. April mehr. Vermeiden konnte er das nur, wenn er vor dem 1. April das monatliche Abo in einen Jahresvertrag umgewandelt hat, um sich den Preis vor dem 1. April bis maximal den 31. März 2024 zu sichern.
Auf diese Option wiesen viele Dienstleister ihre Kunden schon seit Jahresanfang hin. Zum Beispiel hat die Deutsche Telekom für Kunden des Telekom Cloud Marketplace bereits frühzeitig eine FAQ-Liste online bereitgestellt. Zwar hatten Kunden durch die Änderung ein Sonderkündigungsrecht. Das griff aber jeweils erst zum Ende der jeweiligen Vertragslaufzeit - also dann, wenn die Preiserhöhung wirksam wurde.
Soft & Cloud empfiehlt in diesem Zusammenhang die Nutzung von "gebrauchten" Software-Lizenzen: "Gebrauchtsoftware ist einwandfrei funktionsfähig, dabei aber bis zu 70 Prozent günstiger als die Produkte, die direkt von Microsoft bezogen werden", so die Analyse des Software-Händlers aus Greven im Münsterland.
„Die Verantwortlichen in den Unternehmen müssen dringend prüfen, ob sie wirklich auf die Cloud-Produkte von Microsoft angewiesen sind oder ob zumindest anteilig auch lokal installierte Software für sie infrage kommt“, rät Michael Helms, Geschäftsführer bei der Soft & Cloud GmbH.
Unternehmen fürchten Rückkehr alter Abhängigkeiten
Alleine, die meisten Unternehmen sehen keine echte Alternativen, nachdem sie zur Pandemiefolgenbewältigung im Zuge der Flexibilisierung der Arbeitsplätze ganz auf Microsofts Cloud-Angebot gesetzt haben. Viele haben zudem noch die deutliche Preiserhöhung aus dem Jahr 2022 in Erinnerung. Andere erinnern sich noch an den Haltezwang für Lizenzen beim Wechsel auf die Cloud-Angebote, den Microsoft im Mai 2020 einführte, dann aber im Juni 2021 doch wieder zurücknahm.
Alles zusammen trägt dazu bei, dass sich Unternehmen zunehmend in einer unguten Abhängigkeit von Microsoft fühlen. Das kommt auch in einem aktuellen Artikel im Handelsblatt zum Ausdruck. Darin heißt es: "Das Selbstbewusstsein von Microsoft weckt Erinnerungen an die Neunzigerjahre. Damals nutzte der Konzern seine Marktmacht im PC-Markt und bei Geschäftskunden aus" und wird befürchtet, dass das Sprachmodell GPT-4 von OpenAI, dass Microsoft in viele Produkte integriert, die "Abhängigkeit von Microsoft noch dramatisch vergrößern" wird.
Francisco Mingorance, Generalsekretär von CISPE (Cloud Infrastructure Services Providers in Europe), kommentiert diese Preiserhöhungen mit folgenden Worten: „Zwei Apsekte sind hier wesentlich: Erstens besitzt Microsoft bereits so viel Marktmacht, dass es die Preise in dem Wissen erhöhen kann, Kunden haben keine andere Wahl, als zu zahlen. Zweitens kommt die Verfahrenseinleitung des Bundeskartellamts in Deutschland zur rechten Zeit, da Microsoft mit privaten Absprachen versucht, wettbewerbsrechtlichen Untersuchungen auf EU-Ebene zuvorzukommen.“
Wie Microsoft Preiserhöhungen verteidigt
Microsoft begründete die Preiserhöhungen 2022 dagegen mit der fortgesetzten Innovation und dem wachsenden Funktionsumfang. Zum Beispiel seien seit der Einführung von Microsoft 365 im Jahr 2011 über 1.400 neue Funktionen und Möglichkeiten sowie 24 Anwendungen hinzugekommen, erklärte Jared Spataro, damals Corporate Vice President for Microsoft 365.
Ähnlich argumentierte im Januar 2023 auch Liat Ben-Zur, zu dem Zeitpunkt Corporate Vice President, Microsoft 365 Consumer and Web Experiences, bei der Einführung des Einsteigerangebots Microsoft 365 Basic. Ben-Zur wies vor allem darauf hin, dass Microsoft 365 Personal sowie Microsoft 365 Family in den USA wie schon bei der Markteinführung vor zehn Jahren nach wie vor 6,99 respektive 9,99 Dollar pro Monat kosten.
Kritiker aus Unternehmen dürfte auch das nicht beruhigen: Aus ihrer Sicht zementiert die Allgegenwart im privaten Umfeld die Abhängigkeit der Firmen eher noch. Schließlich stellt sie sicher, das "Microsoft-Kenntnisse" quasi identisch als "Kenntnisse in Textverarbeitung und Tabellenkalkulation" gesehen und deshalb auch in Schulen und Weiterbildungseinrichtungen bevorzugt angeboten werden.
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