Es gibt im App Store einige kleine Helfer für iPhone und iPad, die Vorlagen wie Bilder oder Dokumente und auch Visitenkarten erkennen und in Text verwandeln, das heißt die eine OCR-Software zur automatischen Texterkennung integriert haben. Die Stärke von Microsoft Office Lens, das wir in der iPad-Version 1.5 (ab iOS 9.1) getestet haben, liegt zum einen in der Unterstützung von Whiteboards und Tafeln wie auch in der nahtlosen Integration mit anderen Office-Apps wie Microsoft Word für das iPad.
Lens ”umzingelt” seine Zielobjekte
Zunächst gewährt man Office Lens Zugriff auf die Kamera. Bei Bedarf integriert es auch die komplette Foto-Bibliothek auf dem iPad, das haben wir aber verhindert. Speicherplatz ist One Drive von Microsoft, das sich vergleichbar der Dropbox und vergleichbaren Online-Angeboten über sämtliche Geräte vom iPhone bis zum Mac oder PC synchronisieren lässt. Macht man mit der App einfach nur Fotos, werden diese hier schlicht abgelegt.
Innerhalb der App selbst stellt man ein, was man zu scannen gedenkt, Dokumente, Fotos, Visitenkarten oder den Inhalt einer Tafel respektive eines Whiteboards. Dementsprechend konzentriert sich die App auf die Größe der Vorlage, besonders gut erkennbar bei Visitenkarten. Grundsätzlich versucht Office Lens bei Einstellungen für Dokumente oder Whiteboard nicht einfach alles aufzunehmen, sondern die Umgrenzungen eines Blattes respektive einer Tafel zu erfassen. Dies klappt in unserem Test auch recht gut, obwohl beim Versuch der App, die Ecken und Kanten der Vorlage einzugrenzen, je nach Umständen ein unangenehmes Flackern aufkommt, bei dem es schwer sein kann, die Schärfe richtig einzustellen und im richtigen Moment zu ”knipsen”. Nach mehreren Versuchen klappt das aber deutlich besser. Eine weitere Hilfe ist die integrierte Zoom-Option.
OCR nur mit Microsoft Word
Außerdem lassen sich mehrere Dokumente gleichzeitig aufnehmen, bevor man diese sichert – was aber nur mit Internetverbindung möglich ist. Ist man gerade offline unterwegs und der vorläufige App-Speicher voll, muss man warten, bis man die Dateien hochladen kann, bevor es weitergeht.
Möchte man eine OCR-Texterkennung, speichert man in Microsoft Word für das iPad. Die Erkennung geschieht dort automatisch, nach unseren Erfahrungen freilich mit recht unterschiedlichen Ergebnissen. So verspricht Microsoft auch die Identifizierung von handgeschriebenem Text, was trotz unserer Versuche, in bester Sonntagsschönschrift an die Tafel oder auf ein Whiteboard zu schreiben, nur sehr marginal gelingt. Gedruckter Text wie von Folien oder auf dem Computermonitor wird dagegen sehr gut in ein editierbares Dokument konvertiert. Zur Kontrolle speichert Office Lens die Foto- respektive Scanvorlagen gleich mit im selben Dokument. Als weitere Zielapps stehen Powerpoint oder PDF-Anwendungen zur Verfügung.
Gutes Bereinigen, schwache Bildbearbeitung
Wie von Microsoft versprochen, schneidet Office Lens die Vorlagen im Whiteboardmodus automatisch und zuverlässig zu und entfernt vor allem die störenden Reflexionen. Auch im Dokumentmodus klappen die automatischen Verbesserungen recht gut. Manchmal aber benötigt man doch etwas Nachbearbeitung, gerade für die Bilder wären ein paar entsprechende Werkzeuge gelegentlich hilfreich.
Möchte man seine Scans teilen, gelingt dies einfach über den iOS-üblichen Dialog für Mail und andere Apps. Visitenkarten werden übrigens in der Microsoft Notizen-App One Note abgelegt, die Erkennung von Namen und Telefonnummer oder E-Mail-Adresse als V-Card im *vcf-Format gelingt weitgehend gut.
Fazit und Empfehlung
Zunächst ist Microsoft Lens eine kostenlose App, dafür bietet sie in Kombination mit One Drive und One Note für ihren Zweck viele Funktionen. Zahlen muss man freilich, möchte man die OCR-Funktion nutzen, denn das geht nur mit Microsoft Word für iOS – will man dort ein Dokument nicht nur öffnen, sondern auch bearbeiten, zahlt man die üblichen Gebühren. Daher lässt sich Office Lens gerade für diese wichtige Funktion vorher nicht kostenfrei testen, besitzt man die Office-365-Lizenz nicht ohnehin.
Auch Microsoft sorgt eben ähnlich wie Apple dafür, dass möglichst alle hauseigenen Apps ineinandergreifen – und lässt sich das gegebenenfalls extra bezahlen. Insgesamt aber ist Microsoft Lens, das es auch für das iPhone oder Android-Geräte gibt, ein guter Helfer für alle möglichen Scan-Zwecke unterwegs. Der Nachteil besteht darin, dass man ständig zwischen verschiedenen Apps hin- und her wechselt und häufig warten muss, bis sie fertig synchronisiert haben – was leider ziemlich zeitraubend sein kann und von Fans wie Scanner Pro (4 Euro) einheitlicher erledigt wird. Die pfiffige Whiteboard-Funktion hat diese freilich nicht zu bieten.
(Macwelt)