In Deutschland gibt es über 15.000 Grundschulen, mehr als 3.000 Gymnasien, fast 4.000 Gesamtschulen und Schulen mit mehreren Bildungsgängen, fast 2.000 Realschulen, über 1.000 Orientierungsstufen und rund 1.000 weitere Schulen. In Summe sind es also gut 26.000 Einrichtungen, in denen in irgendeiner Form Verwaltungstätigkeiten für Lehrer und Schüler erbracht, Stundenpläne, Vertretungspläne und Zeugnisse erstellt, Krankmeldungen entgegengenommen und Fehlzeiten dokumentiert werden müssen. Hinzu kommt die Kommunikation mit den Erziehungsberechtigten, die ebenfalls digital festgehalten werden muss. Ohne IT ist das heute - auch aufgrund gestiegener Anforderungen - nicht mehr vorstellbar.
Für klassische Büroaufgaben in der Schulverwaltung und zahlreiche Szenarien im Unterricht wird in der Regel Standardsoftware herangezogen. Microsoft und Adobe haben sich durch die seit mehreren Jahren laufenden Rahmenverträge mit der gemeinnützigen GmbH "FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht" in den Schulen breit gemacht. Dank der Vereinbarungen mit dem Medieninstitut der Länder bekommen Schulen Client-Software und teilweise auch Server-Software der beiden Anbieter sowie Cloud-Dienste wie Office 365 und Microsoft Azure zu deutlich reduzierten Konditionen.
Was einen Schulserver ausmacht
Das macht es Alternativen schwer. Dennoch gibt es sie. Sie lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen: Eine sind die sogenannten Schulserver. Sie bündeln diverse Funktionen und Dienste, die in einer Schule gebraucht werden und stellen diese in einer Form bereit, dass auch die oft nur angelernten und zeitlich stark eingeschränkten Systemverwalter an Schulen damit zurechtkommen. Die meisten Schulserver setzen auf Linux auf. Ausnahme ist das in Niedersachsen vom Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung kostenfrei bereitgestellte Windows-Programm DaNiS. Es hat aber nur eine sehr geringe Verbreitung.
Die andere Kategorie besteht aus Software oder Diensten, die für die speziellen Anforderungen an Schulen konzipiert sind und die bereits verwendete, klassische Bürosoftware ergänzen.
Debian Edu und Skolelinux
Debian Edu hat seine Wurzeln in Norwegen und wird daher auch als "Skolelinux" bezeichnet. Skolelinux bietet eine vorkonfigurierte Terminal-Server-Umgebung, die eine Sammlung von Lernsoftware und einen Schul-Desktop enthält. Über eine Server-Komponente werden alle zentralen Netzdienste vorkonfiguriert bereitgestellt. Seit Kurzem gibt es eine neue, deutsche Website.
Koordinator des internationalen Open-Source-Projekts in Deutschland ist der Verein Teckids e. V. in Bonn. Der kann derzeit auf eine handvoll Partner verweisen, die professionellen Support für Skolelinux bieten. Weitere Partner sind willkommen. Laut Koordinator Dominik George arbeiten Teckids und die Support-Partner daran, eine Servicepalette zu definieren, an der sich alle orientieren, um ein qualitativ vergleichbares Angebot zu schaffen.
Voraussetzung für Partner sind im Wesentlichen Erfahrungen mit Debian. Da im Frühsommer mit Debian 11 auch ein neues Debian Edu verfügbar wurde, ist derzeit ein guter Zeitpunkt einzusteigen und sich noch an der Entwicklung gemeinsamer Servicestandards zu beteiligen.
Linuxmuster.net und UCS@school
Linuxmuster.net ist eine Weiterentwicklung der freien Schulserverlösung openML. Sie bietet neben einem Server eine vorkonfigurierte Linux-Arbeitplatzinstallation (Ubuntu LTS). Die Lösung ging aus einem 1999 bei der Lehrerfortbildung Baden-Württemberg vorgestellten Projekt hervor. Auf der Website sind derzeit knapp 20 Partner gelistet, die meisten immer noch in Südwestdeutschland. Im März 2019 hat das Angebot beim Thomas-Krenn-Award den zweiten Platz errungen. Mit dem Preisgeld wurde Hardware für eine Musterinstallation erworben, mit der nun bei Veranstaltungen oder Messen für die Schullösung geworben wird.
Ebenfalls im März wurde erstmals ein Lehrgang angeboten, um Dienstleistern die Möglichkeiten von Linuxmuster.net nahezubringen. Neben einer einfachen und schnellen Installation gehören dazu Fernwartung, Fernsteuerung von Clients und Backup-Funktionen. Weitere Schulungen für Dienstleister bietet derzeit die Firma Netzint an.
Auch der Open-Source-Spezialist Univention hält mit UCS@school ein für den Bildungsbereich optimiertes Softwarepaket bereit. Als Besonderheit stellt der Anbieter das an die speziellen Anforderungen angepasste Identitäts- und Berechtigungs-Management heraus. Daneben gehören Basisdienste wie Authentifizierung, Bereitstellung von WLAN, Drucken oder Dateiablage zum Funktionsumfang. Auf Wunsch zusätzlich einbinden lassen sich E-Learning, Filesharing oder E-Mail und Kalender sowie ein App Center.
Logodidact und IServ
Der Schulserver Logodidact wird seit über 20 Jahren von SBE Network Solutions entwickelt und vertrieben. Für die Software hat das Unternehmen aus Heilbronn inzwischen rund 2400 Schulen als Kunden gewonnen. Logodidact basiert auf Linux, bringt aber eine eigene grafische Benutzeroberfläche mit. Seit Anfang 2019 ist der Bezug von Lizenzen und die Installation von Logodidact nur noch über SBE oder qualifizierte und zertifizierte Partner möglich.
Für sie existiert ein offizielles, dreistufiges Partnerprogramm. Aktuell gibt es etwas über 20 Silber- und Gold-Partner in Deutschland. Zusätzliche Partner sind willkommen. Rabatte, Support und Marketing-Unterstützung, Inhouse-Lizenzen und Unterstützung bei Vertrieb und Technik bekommen alle. Projektunterstützung, Hardwareprüfung und -zertifizierung oder Lead-Weitergabe sind Silver- und Gold-Partnern vorbehalten.
Ebenfalls an über 2.100 Schulen genutzt wird der Schulserver von IServ. Er ist in die vier Module Kommunikation, Organisation, Unterricht und Netzwerk unterteilt. Das Unternehmen aus Braunschweig pflegt eine Hardware-Partnerschaft mit Wortmann und vertreibt seine Software in Deutschland über ein Dutzend Partner. Das Kommunikationsmodul bietet nicht nur Adressbuch, E-Mail und demnächst auch einen Messenger, sondern auch Intranet-Funktionen. Im Bereich Organisation sind ein persönliches Dateiverzeichnis, ein Klausurplan sowie Kalender- und Funktionen zur Erstelleung von Stundenpläne enthalten. Das Netzmodul umfasst neben Benutzer-, Software- und Rechnerverwaltung auch das Backup und die Verwaltung mitgebrachter, privater Geräte.
In Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen bedient iServ die Schulen selbst, in anderen Ländern arbeitet der Anbietr auch mit Partnern zusammen. Die wählt er jedoch sehr sorgfältig aus. In Frage kommen nur Unternehmen, die sich auf den Bildungssektor konzentrieren. Allgemein aufgestellte Systemhäuser kennen sich in dem Segment zu wenig aus und kommen den Erfahrungen von IServ-Geschäftsführer Martin Hüppe zufolge in dem Markt nicht wirklich zurecht. In Norddeutschland ist die Reese IT einer der Reseller, in Baden-Württemberg baut iServ gerade mehrere Systemhäuser als Vertriebspartner auf. Sie werden nach erfolgreichen Projekten als IServ-Partner zertifiziert.
Die IServ-Software lässt sich komplett aus der Ferne verwalten. Da das Geschäft mit Schulen generell sehr kleinteilig ist, arbeitet man dennoch bevorzugt mit lokalen und regionalen Systemhäusern zusammen. Aber auch für die ist der Fernzugriff wichtig, gilt es doch immer wieder, dem Systemverwalter an der Schule zur Hand zu gehen. Für die erforderliche Hardware kooperiert IServ mit Wortmann als empfohlener Option – Pflicht ist die Hardware aus Hüllhorst aber nicht.
Das wäre auch kaum durchsetzbar. Denn auch wenn IServ-Geschäftsführer Hüppe eine Gesamtlösung aus einer Hand bei Schulen persönlich für sinnvoller hält, sind Gesamtausschreibungen doch eher die Ausnahme. Meistens wird das Projekt "Schul-Digitalisierung" in mehrere Lose aufgeteilt, die dann einzeln ausgeschrieben werden. "Wir versuchen die Probleme anzusprechen, die durch mehrere Lose entstehen", erklärt Hüppe, aber meist könnten oder wollten die Verantwortlichen ihre Meinung nicht ändern.
Medienentwicklungspläne schaffen neue Möglichkeiten
Im Zuge der mit dem DigitalPakt nun geforderten Medienentwicklungspläne könne sich das aber ändern. Dabei werden Anforderungen auf Ebene der Schulträger aggregiert. Neu ist mit dem DigitalPakt, dass nicht mehr nur Hardware, sondern auch Software und Service-Leistungen gefördert werden können. "Voraussichtlich sind dann mehr ganzheitliche Pakete gefragt", prognostiziert Hüppe.
Diese Medienentwicklungspläne sind letztlich strategische Konzepte, wie IT und IT-Nutzung in den Schulen vorangebracht werden soll. Auf deren Grundlage kann dann der Schulträger – nicht die Schule – einen Förderantrag stellen. Die Vergabe der Gelder erfolgt durch die Bundesländer. Erste Aktivitäten sieht Hüppe schon, richtig losgehen dürfte es dann aber nach den Sommerferien 2019. Viel Zeit, sich zu positionieren, bleibt Systemhäusern also nicht.
Netzwerke und Kommunikation an Schulen
Campuslan aus Ebersberg bei München fährt bei seinem Angebot, das derzeit über rund 20 Partner in Deutschland vertrieben wird, zweigleisig. Zum einen wird für die Verwaltung von Schulnetzen mit "caLa vCE" ein "virtual Campus Environment" angeboten. Die Online-Software "ElternCampus" deckt zusätzlich die Bereiche Elternkommunikation, Terminvereinbarungen für Elternsprechtage sowie die Erfassung und Verwaltung von Entschuldigungen und Befreiungen ab.
Über die Oberfläche des virtual Campus Environment sind alle Klassen mit ihren Schülern verwaltbar. Außerdem können Kurse, Projekte oder Vorlesungen angelegt und gepflegt sowie Dienste wie Drucken, Internet-Zugriff, CD/DVD-Laufwerke und USB-Ports gesperrt oder freigegeben werden. Anwendungen oder Dateipakete lassen sich einzelnen Schülern oder der ganzen Klasse zur Verfügung stellen und wieder entziehen. Auch Prüfungen lassen sich darüber durchführen.
Ganz der Kommunikation zwischen Schule und Eltern widmet sich "ESIS". Der Name steht für Eltern-Schüler-Informationssystem. Die Software erlaubt den E-Mail-Versand an Eltern, die Buchung von Sprechzeiten sowie die Erfassung von Krank- und Abwesenheitsmeldungen. Über die zusätzlich angebotene Cloud können Lehrer DSGVO-konform Dateien austauschen oder von zu Hause auf Dateien zugreifen.
ESIS ist bislang besonders in Bayern verbreitet und dort an über 700 Schulen im Einsatz. Derzeit beginnt der Vertrieb in Baden-Württemberg. Ein Partnerprogramm hat der Anbieter nicht, es gibt aber Systemhäuser, die die Betreuung von ESIS als Teil eines Komplettpakets anbieten. Interessant sein kann das vor allem, weil die Software selber zu einem sehr günstigen Preis angeboten wird.
Lesen Sie weitere spannende Insider-Artikel zum Thema Digitalpakt: