Als sich die Keynote zur Eröffnung der WWDC nach etwas mehr als 90 Minuten langsam dem Ende entgegen bewegte und Apple alles Wichtige über iOS 15, iPadOS 15, watchOS 8 und macOS Monterey erzählt hatte, wäre es an sich an der Zeit gewesen für eine erwartete Wendung: Eines haben wir noch, neue Macs, … Aber nein: Stattdessen wandte sich Apple s Vizepräsidentin für Entwicklerbeziehungen Susan Prescott noch einmal an die eigentliche Zielgruppe der Veranstaltung und erklärte mit der Hilfe von Kollegen nochmals, welche Tools für Entwickler Apple anbietet, wie sich Beta-Test mit Xcode Cloud organisieren lassen, was Swift besser macht und wie man den App Store verbessert. Die WWDC ist nun einmal eine Entwicklerkonferenz, Hardware für die Masse zeigt Apple an einem anderen Tag - vielleicht nicht vor September. Doch auch so waren die fast zwei Stunden der Eröffnungsveranstaltung der WWDC 2021, die wieder komplett online stattfindet, voll reichhaltiger Information - die nicht nur für Entwickler interessant ist.
Aber der Reihe nach. Unser Überblick über die Geschehnisse:
Einstieg mal anders
Schon vor Pandemiezeiten war das Einstiegsvideo für die Präsentation der WWDC von Apple mit viel Sorgfalt und Kreativität produziert worden. Diesmal hat man einige Entwickler gefragt, wie die Begrüßung aussehen sollte. Zumindest war das die Geschichte, die der Film erzählte. Wenn der Vorhang sich hebt, könnte ein DeLorean auf der Bühne stehen, aus dem Tim Cook klettert. Oder eine junge Entwicklerin löst auf ihrem Macbook Pro ein schier unlösbares Code-Problem, woraus "The Bug - as Musical" entsteht. Oder Tim Cook und Craig "Hairfore One" Federighi eröffnen die Show als Rocker im Sound der Scorpions - stilecht mit Gibson Flying V. Nun gut, am Ende betritt dann der echte Tim Cook die Bühne im Stee Jobs Theater, anders als im Vorjahr ist keine leeres Auditorium zu sehen, sondern eines mit virtuellem Publikum in Form von Memojis.
iOS 15: Vier Schwerpunkte
Das neue Betriebssystem für das iPhone stellt Craig Federighi vor, der echte: Vier Themen behandelt das Update auf iOS 15: In Verbindung bleiben, Konzentration auf das Wesentliche, Künstliche Intelligenz und die Welt entdecken. Vor allem an seiner Videokonferenzanwendung Facetime hat Apple gearbeitet und zahlreiche neue Features eingebaut, die man von Zoom und Kollegen kennt. So ist die Übersicht der Teilnehmer auf dem Bildschirm besser und nicht mehr so chaotisch wie bisher, der Hintergrund lässt sich weichzeichnen und Störgeräusche ausfiltern. Noch besser: Über Facetime können die Teilnehmer Inhalte aller Art teilen und gemeinsam nutzen, sogar Musik und Filme diverser Streaminganbeiter wie natürlich Apple TV+ und auch Disney+. Spatial Audio - Apples Raumklang, der ab heute auch bei ausgewählter Musik in Apple Music zu haben ist - soll auch in Facetime zum Einsatz kommen und der Sound scheinbar von der Kachel kommen, auf dem der Gesprächspartner zu sehen ist. Für mehr Ruhe soll sorgen, dass man Benachrichtigungen nun in Gruppen einteilt und sich bei der Arbeit etwa nur von relevanten Anfragen oder Kontakten stören lässt. Dass jemand sein iPhone gerade auf "Nicht stören" gestellt hat, sehen auch die Kommunikationspartner. Alle anderen Benachrichtigungen kommen in eine "Notification Summary", auch die Optik der Banner hat Apple überarbeitet, App-Icon oder Kontaktbild erscheinen nun größer. Die verbesserte Intelligenz zeigt sich an Texterkennung in Bildern, nicht nur bei neu aufgenommenen. Die Bildersuche wird auf diese Weise auch ausgeweitet, Fotos und Videos lassen sich anhand von Stichworten besser finden - oder eben nach dem gesuchten Text, der vielleicht im Hintergrund auf einem Plakat steht. Die Wallet erweitert Apple nun um Schlüssel für intelligente Schlösser, wie man sie eher in Hotels findet als in der Privatwohnung oder an der Arbeitsstätte, selbst amtliche Dokumente wie der Führerschein lassen sich in der Wallet hinterlegen. In Deutschland wird das aber eher keine Rechtsverbindlichkeit haben. Die Wetter-App bekommt eine optische Renovierung, neu sind aber 3D-Daten für Karten, zunächst aber nur für einige wenige Weltstädte, aus Deutschland ist da noch keine dabei. Mehr Details zu iOS 15 lesen Sie hier.
iPadOS 15: Mehr Platz auf dem Bildschirm
Widgets kann man ab Herbst auf dem iPad beliebig auf dem Bildschirm platzieren, zwischen App-Icons auf dem Homescreen der Wahl. In der Widget-Galerie findet man eine größere Auswahl als beim iPhone, es ist ja auch mehr Platz auf dem Bildschirm. Das lässt sich auch für ein überarbeitetes Multitasking gut nutzen, jede App - auch der Homescreen - kann einen Teil des Displays einnehmen, solchem die mehrere Fenster unterstützen wie Mail, sind dazu auch im Split View in der Lage. Shelf heißt die zusätzliche Fenstersammlung, etwa für Tabs des Browsers. macOS ist das noch lange nicht, doch wird iPadOS 15 wieder ein Stück flexibler. Interessant wird auch in Zukunft die Antwort auf die Frage: "Haben Sie etwas zu Schreiben da?". Denn mit einer Geste sind schnell die Quicknotes hervorgeholt, eine Art von Notizzettel. Die sind aber keine eigenen App wie auf dem Mac das Relikt aus klassischen Zeiten, sondern integrieren sich in die App Notizen. Diese schnellen Notizen kann man mit allerlei Informationen anreichern, etwa mit Links auf Websites oder in Apps. Die Übersetzungsfunktion Translate hat Apple nun ausgeweitet, das iPad übersetzt Text auf Wunsch automatisch. Und was vor allem die versammelten Entwickler begeistert: Swift Playgrounds wird von einem spielerischen Zugang für das Programmieren zu einem echten Entwicklertool, eine Art Xcode Light gewissermaßen. Mehr Details zu iPadOS 15 lesen Sie hier.
Mehr Sicherheit und Privatsphäre
Auf der WWDC 2020 hatte Apple die Ad Tracking Transparency vorgestellt und kürzlich erst scharf geschaltet - das Heulen und Wehklagen über Apples strikten Datenschutz wird zunehmen. Denn einige weitere Featiures kommen hinzum die vor allem den Trackern aus der Werbebranche es schwer machen, ihre Zielgruppen zu identifizieren und quer durch das Netz zu verfolgen. So bekommt Apple Mail nun Schutz vor dem Auslesen von IP-Adresse, Standort und dem Zeitpunkt des Öffnens, eine Privacy-Report zeigt den Anwendern, welche Daten von wem wann angefordert wurden. Wesentlich ist aber die Neuerung in Siri, die nun viele Aufgaben auf dem Gerät selsbt und damit auch offline erledigen kann: Audioaufnahmen bleiben auf dem Apple-Gerät. Bei ICloud ändert sich auch einiges - und das ohne Extrakosten. Eine Art von VPN ist mit Private Relay gegeben, bei der Account-Wiederherstellung kann man Freunden die Berechtigung dafür erteilen - Passwortvergessen verliert seinen Schrecken. Und auch für das digitale Erbe ist mit den Legacy Contacts gesorgt. Im Falle des Ablebens können vorher bestimmte Erben den Account übernehmen. Mehr zu den Neuheiten bei der Sicherheit und der Privatsphäre hier.
Gesundheit und watchOS
Gesundheitsdaten will man sicher nicht einfach so hergeben, alles, was Apple Watch und iPhone diesbezüglich sammeln, bleibt auf dem Gerät. Außer, man will es dem Doktor zeigen. Und hier vereinfachen die ab Herbst neuen Systeme die Weitergabe der Dateien. iPhone und Apple Watch können nun auch den Gang besser vermessen und frühzeitig vor unsicherem Gang warnen, was die Sturzgefahr mindern soll. Die App "Atmen" heißt jetzt "Mindfullness" und bekommt noch eine Sektion für Achtsamkeit, während die Schlafapp nun die Atemfrequenz vermisst. Ansonsten hat watchOS 8 wenig Neues zu bieten - noch. Denn mit der für Herbst erwarteten Apple Watch Series 7 sollten weitere Sensoren und Funktionen hinzukommen. Immerhin wird das Erstellen von iMessages auf der Apple Watch wesentlich erleichtert, mit Diktieren, Scribble und Animojis in einer Oberfläche. Mehr zur Gesundheit und watchOS lesen Sie hier.
Stereopaar
Nicht wenige haben sich im letzten Herbst gleich zwei Homepod Mini gekauft, um sie als Stereoanlage für das Apple TV zu nutzen. Mit tvOS 15 für Apple TV und Homepod wird das dann auch tatsächlich gehen, die Home App soll auch auf der Apple Watch wesentlich besser werden. Homepods wird es jetzt auch in Österreich geben.
Sidecar auf Dope
In Sachen Nomenklatur für den Mac hat sich der Favorit durchgesetzt, der Nachfolger von macOS Big Sur heißt macOS Monterey, nach der Küstenstadt in Südkalifornien. Einige Neuerungen können auf den ersten Blick begeistern, etwa die Universal Control. Kann man seit zwei Jahren via Sidecar sein iPad als zusätzlichen Mac-Screen nutzen und schon länger mittels Continuity Projekte vom einen Gerät auf das andere zur Weiterbearbeitung übertragen, geht die Universal Control nun einen Schritt weiter. Denn Daten aller Art zieht man einfach von einem Gerät auf das andere rüber, selbst die Maus-Cursor erscheint einfach so auf dem Bildschirm des iPad. Safari bekommt nicht nur für den Mac eine gründliche Überarbeitung, hier fällt diese aber am meisten auf. Die diversen Steuerelemente verschwinden in die Adresszeile und lassen sich von dort aufrufen, wenn man sie braucht, Tabs landen in thematischen Sammlungen. Insgesamt bleibt auf dem Bildschirm mehr Platz für Inhalte. Airplay lässt sich nun auch auf den Mac streamen, etwa von iPhone oder iPad aus, M1-Macs sind auch in der Lage, Spatial Sudio in der TV-App wieder zu geben. Vor allem aber geht ein trauriger Roboter allmählich in Rente: Die App Kurzbefehle kommt auf den Mac und wird dort nach einer mehrjährigen Übergangszeit den Automator ersetzen. Mehr zu macOS Monterey lesen Sie hier.