SYSback-Manager Olaf Windhäuser

"IT-Automation mal so nebenbei funktioniert nicht"

Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Mit zeitraubenden Routinearbeiten haben IT-Verantwortliche tagtäglich zu kämpfen. Dabei hätten sie in Zeiten des digitalen Umbau Wichtigeres zu tun. Die "Automate IT"-Konferenz am 01. März in Hamburg greift dieses zentrale Problem auf und zeigt Lösungen.

Spätestens seitdem Gartner den Begriff der "bimodalen IT" geprägt hat ist klar: Viele Unternehmen haben ein Problem damit, ihre klassische, über Jahre gewachsene IT mit den neuen Paradigmen des Cloud- und Devops-Zeitalters in Einklang zu bringen. Die Konferenz "Automate IT" Konferenz am 01. März in Hamburg will zeigen, warum eine weitreichende, übergreifende Automatisierung einen Ausweg aus diesem Dilemma darstellenh kann. Initiiert wurde die Konferenz unter anderem vom IT-DienstleisterSYSback, dessen Bereichsvorstand Olaf Windhäuser erläutert, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Ansatz gelingen kann.

Auf der Automate IT am 01. März 2018 in Hamburg berichten namhafte Unternehmen und unabhängige Experten über ihre Erfahrungen mit ganzheitlicher IT-Automatisierung.
Auf der Automate IT am 01. März 2018 in Hamburg berichten namhafte Unternehmen und unabhängige Experten über ihre Erfahrungen mit ganzheitlicher IT-Automatisierung.
Foto: Zapp2Photo - shutterstock.com

Als IT-Dienstleister haben Sie einen tiefen Einblick, inwieweit die digitale Transformation bei mittelständischen und großen Unternehmen hierzulande tatsächlich gelebt wird. Wie schätzen Sie die Lage aktuell ein?

Windhäuser: Zurzeit ist kein einheitliches Bild erkennbar. Wir sehen das gesamte Spektrum - von kompletten Legacy-Anwendungen auf dem Mainframe und in der AIX-IBM-Power-Welt bis hin zu Unternehmen, die nahezu komplett in DevOps und Continuous Integration leben und arbeiten. Für die meisten Firmen bedeutet digitale Transformation heute "irgendetwas mit Cloud Services". Cloud ist angekommen in Deutschland, und es liegt im Trend, die Public Cloud von AWS oder MS Azure auszuprobieren.

Olaf Windhäuser, Bereichsvorstand Service & Automation Evangelist, SYSback AG: "Im Ticketsystem liegt die Wahrheit des IT-Betriebs."
Olaf Windhäuser, Bereichsvorstand Service & Automation Evangelist, SYSback AG: "Im Ticketsystem liegt die Wahrheit des IT-Betriebs."
Foto: SYSback

Woran hakt es in der Umsetzung?

Windhäuser: Viele Unternehmen sind noch nicht "Cloud ready". Vor allem im Mittelstand fehlt es häufig an Ressourcen. Da geht es um Budgets, aber vor allem um qualifizierte Mitarbeiter, die ausreichend Zeit haben, sich diesen Themen zu widmen. Die IT-Abteilungen sind oft so mit Arbeit überlastet, dass es nahezu unmöglich ist, mit dem gleichen Team hunderte oder gar tausende Workloads einfach in die Cloud zu bringen. Doch wer hier erfolgreich sein will, muss ein qualifiziertes Team dafür aufstellen.

Warum sehen sich so viele CIOs immer noch gezwungen, bei Routinearbeiten manuell einzugreifen?

Windhäuser: Der IT-Betrieb ist häufig noch manuell und in der Regel in Silos organisiert, soll heißen: Windows-Teams arbeiten oder automatisieren Teile mit Windows-Tools, Linux-Abteilungen mit Linux-Tools, Datenbankabteilungen mit Datenbank-Tools, Netzwerkabteilungen mit Netzwerk-Tools etc. Meist gibt es nur einige wenige Use Cases, die automatisiert werden. Einen Silo-übergreifenden Masterplan sucht man vergeblich. Dieses Verhalten führt zu einem Tool-Zoo, weil jede Abteilung andere Werkzeuge benutzt, die nicht miteinander verbunden werden und jeweils Lizenzkosten verursachen.

Das Hauptziel vieler IT-Abteilungen ist das schnelle Deployment von Servern in einer VMware- oder einer anderen Hypervisor-Umgebung. Die Wenigsten denken darüber hinaus über ein hochautomatisiertes Incident Management, Change Management, Service Request Management, Configuration Management oder Release Management nach.

Wenn ein Unternehmen seine eigene Software entwickelt und es hier vom klassischen Wasserfallmodell zu agilen Methoden geschafft hat, und wenn es im Deployment und Release-Management direkt in die hochmoderne Containerwelt hineingeht, dann kommt es in der Regel zum Gartner-Modell der bimodalen IT: Die alte Software verbleibt im Legacy-Modus und die neue Software wird im neuen Cloud-Modus umgesetzt.

Wie können Unternehmen den für sie idealen Lösungsweg finden?

Windhäuser: Sie sollten sich fragen, wie der künftige Operation-Modus aussehen soll. Wenn dies beantwortet werden kann, ist alles andere nachgelagert und ziemlich klar. Firmen, die weiterhin klassisch produzieren und auf Baremetal, VMware, KVM, Hyper-V, AHV und Private Cloud im IaaS Ansatz vertrauen, sollten ihre ITIL-Tools, also Ticketsysteme, Monitoring und CMDB, mit einer Automation Engine verbinden und dann den gesamten IT-Prozess sukzessive Ende-zu-Ende automatisieren. Solche Unternehmen sind meistens bestens vertraut mit den ITIL-Prozessen und können diese nun auf Automatisierbarkeit prüfen.

Der beste Weg hierzu ist aus unserer Sicht, die Inhalte des Ticketsystems zu analysieren: Dort liegt die einzige Wahrheit des IT-Betriebs. Incidents, Changes und Service-Requests sind dort versteckt in einer großen Datenflut. Diese zu analysieren, zu ordnen und den Datenmüll auszusortieren hilft IT-Verantwortlichen, die wirklich wichtigen Use Cases schnell zu entdecken, die dann in großen Teilen vollständig automatisiert werden können.

Unternehmen, die Cloud-ready sind und agile Software via DevOps entwickeln, um diese dann beispielsweise direkt aus GIT in Docker-oder Cloud Foundry Container zu releasen, leben in einer anderen IT-Welt und benötigen andere IT-Betriebsprozesse. Hier gibt es zum Teil gar keinen Incident-Prozess mehr, weil die IT auf der PaaS-Umgebung einfach die Docker Container jede Stunde neu startet. Fällt ein Container aus, wird er einfach weggeworfen und ein neuer Container wird automatisch in der Cloud gestartet gestartet. Das ist eine inhärente Automatisierung der Cloud und auch der Applikation selbst.

Cloud-Lösungen, egal ob ob auf AWS und Azure oder Openstack basieren, sind ja nicht isoliert zu betrachten. Sie interagieren mit anderen, oft klassischen Prozessen und Systemen…

Windhäuser: Richtig, deshalb sollte die Automatisierung beide Welten umfassen. Denn was nutzt mir eine hochautomatisierte OpenStack-Cloud mit PaaS, die mit einer manuell gepflegten CMDB mit 70-prozentig korrektem Datenstand zusammenarbeiten soll? Wahrscheinlich wenig!

Was empfehlen Sie CIOs, um ein solches Szenario zu umgehen?

Windhäuser: Es ist häufig sinnvoll, in DevOps-Umgebungen mit den gleichen ITIL-Tools zu arbeiten, die das Unternehmen auch in seiner klassischen IT einsetzt - also: gleiches Ticketsystem, gleiche Monitoring-Systeme, gleiche CMDB und gleiche Automation Engine. So lassen sich diese beiden Welten zusammenbringen, und das Ganze ist über einen einzigen Management Layer beherrschbar, und damit auch die Anzahl der eingesetzten Tools und die Lizenzkosten.

Für uns ist es durchaus denkbar, dass beide Welten friedlich miteinander koexistieren. So können die Backend-Daten des Unternehmens weiterhin in SAP, einem Mainframe oder unter Unix und in relationalen Datenbanken lagern - wenn es dafür triftige Gründe gibt. Das Frontend kann aber hochautomatisiert in einer OpenStack oder Public Cloud in Containern distributiert werden. Der gesamte Ende-zu-Ende-Prozess der Daten ist vom Backend in das Frontend durch ITIL-Prozesse überwacht, gesteuert und automatisiert.

Automate IT Konferenz, 01. März 2018, Hamburg

Auf der Automate-IT-Konferenz präsentieren Unternehmen anhand bereits umgesetzter Projekte ihre Strategien zur ganzheitlichen IT-Automatisierung und teilen ihre Erfahrungen.

Was verhinderte bislang die Umsetzung einer solchen Strategie?

Olaf Windhäuser: Es ist komplex, und es fehlt häufig an erfahrenen Cloud- und Enterprise-Architekten sowie - wie immer - an Ressourcen. Die IT-Abteilungen sind oft mit Aufträgen, Routinearbeiten und Projekten überladen und sollen jetzt nebenbei auch noch alles automatisieren. Das funktioniert nicht.
Zudem herrscht eine gewisse Skepsis vor Automation, man kann sich von althergebrachten Prozessen nur schwer lösen. Und unterbewusst gibt es wohl auch die Sorgeder Mitarbeiter, dass man bei einem sehr hohen Automationsgrad nicht mehr gebraucht werden könnte.

Auch der C-Level muss verstehen, dass eine ganzheitliche Automatisierung nur dann funktioniert, wenn ein entsprechendes Governance-Modell zur Verfügung steht. Automation in diesem Ausmaß ist strategisch und muss auf dem C-Level angesiedelt sein. Jede Hierarchieebene im Unternehmen muss informiert und im Boot sein, damit es nicht zu Blockaden kommt. Nur dann kann es ein entsprechendes Governance-Modell dafür geben. Und dies ist die Voraussetzung dafür, dass entsprechende Ressourcen wie Arbeitskräfte und Budgets bereitgestellt werden.

Dann geht es in die Themen Enterprise-Architektur, Future-Method-of-Operation-Konzept, Ticket-Analyse, Use Cases, Schnittstellenplanung, ITIL-Prozesse, Automation Engine, Umsetzung der Use Cases und danach dann Managed Services der ITIL-Automation-Umgebung und vor allen Dingen der unternehmensspezifischen Use Cases, um diese neue Komplexität zu managen.

Haben Sie die Konferenz "Automate IT" initiiert, um hierfür das nötige Bewusstsein zu wecken?

Windhäuser: Wir wollen der "holistischen Automation" eine angemessene Bühne geben und Unternehmen sowie Interessenten Anwendungsfälle aus der Praxis für die Praxis aufzeigen. Darüber wird man ins Gespräch kommen und sein Wissen austauschen. So können alle voneinander lernen und besser ihren eigenen Weg in eine digitale Zukunft bestimmen.

Es gibt mittlerweile viele Veranstaltungen, deren Namensbestandteil "Cloud" in irgend einer Form enthalten. Doch es ist nicht alles Cloud, und es muss auch nicht alles Cloud sein in Zukunft. Natürlich nimmt die Cloud-Nutzung zu, aber wir werden uns in vielen Fällen in Großkonzernen und im gehobenen Mittelstand zwischen den Welten befinden und möchten daher zeigen, wie man solche komplexen Themen angehen kann, um eine insgesamt hochautomatisierte IT-Landschaft zu erreichen.

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