Anders als noch vor wenigen Jahren, möchten Kunden heute angepasste Produkte und personalisierte Services. Darüber hinaus erweitern sie ihren Einkaufsradius über die üblichen Kanäle hinaus und fordern bei An- oder Rückfragen von den Unternehmen umgehende Antworten und Reaktionen.
Aber bevor gezeigt werden kann, wie ein Unternehmen eine kundenorientierte Sichtweise entwickeln kann, muss geklärt werden, was Kundenorientierung eigentlich bedeutet. Laut Wirtschaftswörterbuch bedeutet Kundenorientierung
„. . .die Schaffung eines positiven Kundenerlebnisses während der Verkaufsphase und danach. Ein kundenorientierter Ansatz kann Mehrwert für ein Unternehmen schaffen, indem er das Unternehmen befähigt, sich von den Wettbewerbern abzuheben, die ein solches Erlebnis nicht bieten.“
Dies zeigt, dass die Kunden durch viele Unternehmensfaktoren beeinflusst werden, zum Beispiel durch
den Vertrieb,
die Unternehmenskultur,
den Kundenservice,
die Produktentwicklung und
das Marketing.
Aus diesem Grund muss das Unternehmen alle diese Faktoren bestmöglich an die Interessen des Kunden anpassen.
Die Frage ist nun, wie vollzieht man den Übergang von den existierenden Produkten und traditionellen Vertriebsmodellen hin zu dem, was die Kunden wollen.
Schritt für Schritt zum kundenorientierten Unternehmen
Um auf neuen horizontalen Märkten Fuß fassen zu können, müssen viele Unternehmen ihr aktuelles Geschäftsmodell hin zu einem an den Kundenbedürfnissen ausgerichteten Modell weiterentwickeln. Ein solches Modell kann umgesetzt werden, sobald die Endnutzer segmentiert wurden, ihre Bedürfnisse identifiziert wurden und ein an den Segmenten ausgerichteter Ansatz in den Bereichen Produktentwicklung, Vertrieb und Marketing Einzug gehalten hat.
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Zuerst müssen Kundensegmente geschaffen werden.
Um eine Hypothese in Bezug auf die Kundensegmente aufstellen zu können, muss das Unternehmen auf das vorhandene Wissen der Mitarbeiter über die Kunden zurückgreifen.
Anschließend müssen diese Segmente bestätigt werden, um ein umfassendes Profil der profitabelsten Segmente zu erstellen. Die Bestätigung kann zum Beispiel mittels einer Fokusgruppe der potenziellen Kundensegmente erfolgen.
Sobald das Unternehmen seine Segmente gebildet hat, kann eine kundenorientierte Kultur mit einem einheitlichen Verständnis in Bezug auf die Kunden aufgebaut werden.
Danach sollte sich die Produktentwicklung an den Bedürfnissen der Segmente ausrichten. Ein Produktmuster oder ein Modell können bei der Entwicklung einer kundengetriebenen Innovation hilfreich sein.
Bei der Markteinführung der Produkte muss die Marketing-Kampagne auf die Segmente abzielen. Die Erkenntnisse der Fokusgruppe können für den erfolgreichen Start eines neuen kundengetriebenen Produkts hilfreich sein.
Das richtige Produkt und deren Merchandising sind jedoch nur der erste Schritt. Um ein wirklich an den Kundenbedürfnissen orientiertes Unternehmen aufzubauen, müssen folgende Punkte berücksichtigt werden:
Definieren Sie eine Unternehmenskultur, die den Kunden gefallen wird. Das Unternehmen muss nach Werten suchen, mit denen sich die Kunden identifizieren können. So kann man zum Beispiel untersuchen, wie die Menschen die Produkte oder Services nutzen, oder eine persönliche Geschichte erzählen, um den Kunden emotional an das Unternehmen zu binden.
Befähigen Sie die Mitarbeiter, den Kunden zu helfen. Wenn die Mitarbeiter nicht an starre Vorgaben gebunden sind und individuell mit dem Kunden kommunizieren können, kann mehr dabei herausspringen. Die Mitarbeiter können dabei durch Schulungen in kreativer Kommunikation unterstützt werden.
Entwerfen Sie Ihr Produkt für und mit Kunden. Die Kunden kennen ihre Bedürfnisse am besten, warum sollen sie also nicht entscheiden, welches Produkt sie haben wollen und warum sollen sie bei der Entwicklung nicht dabei sein? Die Einbeziehung ihrer Ideen und Vorschläge kann zu Produktverbesserungen und Neuentwicklungen führen. Außerdem haben die Kunden das Gefühl, einen Anteil an der Marke zu haben, was ihre Loyalität erhöht.
Erstellen Sie Content, der für Ihre Kunden nützlich ist. Schreiben Sie beispielsweise einen Blog, in dem nützliche Fallstudien veröffentlicht werden oder Gast-Blogger zum Posten eingeladen werden, die den gleichen Content bloggen wie das Unternehmen. Es ist jedoch wirklich wichtig, dass der Content optisch ansprechend für den Leser ist.
Fördern Sie den Dialog mit Ihren Kunden. Am einfachsten ist es, den Kunden die Möglichkeit zu geben, auf automatische E-Mails zu antworten. Eine Kundenbeziehung kann auch durch Interaktionen in sozialen Medien gefördert werden, bei denen aktuelle Fragen beantwortet werden und Gedanken von Kunden willkommen sind.
Eine weitere Möglichkeit ist ein Live-Chat auf der Website, durch den Kunden während der Entscheidungsfindung direkt unterstützt werden können.
- "Zu teuer? Im Vergleich zu was genau?"
"Teuer" ist ein relativer Begriff. Wenn Sie herausfinden, mit welcher Alternativlösung Sie Ihr Interessent vergleicht, können Sie in der Folge präzise den Mehrwert Ihrer Lösung, Ihres Produktes oder Ihrer Dienstleistung darstellen. - "Wirklich? Wie kommen Sie zu dem Schluss?"
Diese Antwort führt dazu, dass Ihr Interessent seine Sicht begründet. Somit verstehen Sie die spezifischen Bedenken und Vorbehalte und können diese aufgreifen und entsprechend entkräften. - "Ich verstehe, Sie wissen: die besten Produkte/Lösungen benötigen in der Regel etwas mehr Budget."
Geoffrey James, Vertriebsexperte aus den USA, hat einmal gesagt, dass der Einwand "Preis" erst dann ernst zu nehmen ist, wenn der Interessent diesen Aspekt mindestens zwei Mal auf den Tisch bringt. Bedeutet, dass Sie mit dieser Aussage diejenigen Interessenten identifizieren, die entweder tatsächlich nicht genügend Budget haben oder aber diejenigen, die einfach mit dem Budget "spielen" möchten. Oftmals geht es danach ja eh in die Verhandlungsrunden mit dem Einkauf. - "Was bedeutet es für Sie, wenn Sie das Projekt nicht umsetzen - was ist die Konsequenz daraus?"
Einer meiner persönlichen Favoriten, denn durch diese Gegenfrage bringen Sie Ihren Gesprächspartner dazu, zu reflektieren, was passiert, wenn er Ihr Produkt oder Ihre Dienstleistung nicht in Anspruch nimmt. - "Ist es eine Frage des Budgets oder des Cash Flow?"
Durch diese Frage finden Sie heraus, ob es dem Interessenten um einen Nachlass auf Grund mangelnder Budgets oder um eine Verlängerung des Zahlungsziels geht. Sobald Sie dies wissen, können Sie entsprechend gezielt in die weiteren Verhandlungen treten. - "Losgelöst von der Budgetfrage: Hilft Ihnen unser Produkt/unsere Dienstleistung, Ihre Herausforderung zu lösen?"
Eine direkte Gegenfrage, die konsequent und ohne Umschweife auf den Wert Ihres Produktes beziehungsweise Ihrer Dienstleistung abstellt. Dadurch stellen Sie die Werthaltigkeit wieder in den Fokus. - "Was genau ist zu teuer?"
Diese Gegenfrage führt dazu, dass Ihr Interessent erläutert, welche Teile des Angebotes ihm zu teuer erscheinen. Aussagen wie "Nun, das ist eine Menge Geld für etwas telefonieren" verdeutlicht mir beispielsweise sofort, dass der Interessent den Wert einer professionellen Kaltakquise für sich noch nicht erkannt hat und wahrscheinlich davon ausgeht, dass es sich um eine klassische Call Center Telefonie handelt. - "Zu Teuer? Das stimmt mich jetzt nachdenklich"
Nachdenklich - mit dieser Formulierung stellen Sie wieder auf die Wertigkeit Ihres Produktes/Ihrer Dienstleistung ab. Sie bringen zum Ausdruck, dass es für Sie gar nicht wirklich nachvollziehbar ist, dass ein Interessent den Wert nicht erkennt. - "Ist die Investition der einzige Aspekt, der Sie von einer Beauftragung abhält?"
Mit dieser Frage finden Sie heraus, ob es noch anderweitige Einwände gibt oder ob es tatsächlich "nur" um das Budget geht. - "Gut, ich verstehe. Auf welche Produktfeatures/Leistungsbestandteile können Sie am ehesten verzichten?"
Damit sagen Sie dem Interessenten, dass die Investitionshöhe unmittelbar mit der Werthaltigkeit Ihres Produktes/Ihrer Dienstleistung verbunden ist. Wenn der Kunde weniger zahlen möchte, dann sollte er sich darüber im klaren sein, dass er nicht die volle Gegenleistung erwarten darf. - "Ist es so, dass der Preis Sie davon abhält in das Produkt/die Dienstleistung zu investieren, die Ihnen wirklich weiterhilft?"
Hier gehen Sie latent auf das Thema "Geiz ist geil"/Billigkäufe ein, ohne es auszusprechen. Aber Sie sensibilieren Ihren Ansprechpartner nochmals zu diesem Thema. Darüber hinaus finden Sie mit dieser Frage heraus, ob Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung wirklich die beste Lösung für die Aufgabenstellung des Kunden ist. - "Bedeutet dies, dass wir niemals die Möglichkeit zur Zusammenarbeit finden?"
Colleen Francis von Engage Selling Solutions aus USA sagt, dass das Wort "niemals" ein maßgeblicher Trigger ist. "Niemals" ist ein sehr mächtiges Wort und die meisten Menschen mögen das Wort auch nicht. Daher werden viele der Interessenten mit "Naja, nein, niemals würde ich nicht sagen…" antworten. Und schon liegt der Ball wieder beim Vertrieb, da er nun in die konkreten Verhandlungen einsteigen kann oder aber das Gespräch und die Verhandlung tatsächlich komplett beenden kann. - "Welchen Return on Investment wünschen Sie sich genau?"
Diese Gegenfrage lenkt die Gedanken des Interessenten weg von "teuer" und "billig" hin zu dem langfristigen Wert, den Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung mit sich bringt. - "Verstehe ich richtig, dass unsere Preise im Vergleich zum Mitbewerb höher sind?"
Wenn Ihre Preise höher sind als die des Mitbewerbs, so dienst diese Gegenfrage dazu, direkt auf die Differenzierung zum Mitbewerb einzugehen. - "Haben Sie in der Vergangenheit schon einmal in ein ähnliches Produkt/eine ähnliche Dienstleistung investiert?"
Oft haben Interessenten tatsächlich eine unrealistische Preisvorstellung, was ein gutes Produkt oder eine professionelle Dienstleistung kosten darf. Ein Grund hierfür kann sein, dass der Interessent noch niemals ein vergleichbares Produkt oder Dienstleistung bezogen hat. Mit dieser Gegenfrage haben Sie die Chance derartige "Missverständnisse" auszuräumen. - "Wann haben Sie das letzte Mal etwas nur wegen des Preises gekauft?"
Auch hier geht es, ähnlich wie bei Punkt 11, um das "billig". Gerade im B2B-Umfeld kenne ich kaum verantwortliche Mitarbeiter, die sich damit rühmen "billig eingekauft zu haben". Vielmehr geht es darum Lösungen beschafft zu haben, die dem Unternehmen einen Mehrwert bringen. - "Ich verstehe Sie und ich hatte erst vor kurzem 2/3/4 Kunden wie Sie, die ebenfalls Bedenken wegen des benötigten Budgets hatten. Letztendlich haben sich diese Kunden doch entschlossen das Projekt umzusetzen und wissen Sie was daraus resultierte?"
Und dann setzen Sie das Gespräch mit einer eindrucksvollen Case Study fort, die belegt warum Ihr Produkt/Ihre Dienstleistung sein Geld wert ist. Wichtig ist hierbei, dass es sich um "echte Case Studies" handelt, die Sie dem Kunden auch schriftlich nachweisen können. - "Wie verhält es sich beim Vertrieb in Ihrem Unternehmen? Verkauft Ihr Unternehmen seine Produkte/Lösungen/Dienstleistungen über den Preis?"
Ein weiterer Favorit von mir, eine Aussage, die ich als Joker immer gerne im Ärmel habe. Auch Ihre Kunden müssen Ihre Produkte/Dienstleistungen verkaufen und mit sehr großer Wahrscheinlichkeit erfolgt dies nicht über eine Billigpreis-Strategie.
Die Befriedigung aktueller Kundenbedürfnisse ist wichtig, aber um wirklich erfolgreich zu sein, muss ein Unternehmen die zukünftigen Bedürfnisse seiner Kunden verstehen und definieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen damit einen Mehrwert schafft, ist wesentlich höher. Die aus Big Data gewonnenen Erkenntnisse bilden die Grundlage für das Verständnis dieser zukünftigen Bedürfnisse. Big Data ist ein mächtiges Tool, um das Verhalten und die Bedürfnisse der Kunden in der Zukunft zu erahnen. Aber um Kundenbestrebungen entgegenzukommen, bedarf es Innovationen und Risikobereitschaft genauso wie der schnellen Entwicklung von Prototypen und deren Implementierung, um schnell herauszufinden, was sich durchsetzen wird.
“Die besten Unternehmen sind ihren Kunden immer ein Stück voraus. Sie müssen einerseits nahe am Kunden dran sein und ihn in seinem gegenwärtigen Umfeld kennen und andererseits immer versuchen herauszufinden, wohin die Reise des Kunden in der Zukunft geht.“ Bill Foulkes, Wirtschaftsprofessor, Rhode Island School of Design
Auch wenn sich die Herausforderungen und Dimensionen jetzt ziemlich kompliziert anhören, die Chancen machen das wett. Unternehmen haben jetzt die Mittel für Innovationen in einer früher nicht da gewesenen Art und Weise. Sie gehen persönlicher mit maßgeschneiderten Produkten, Services und Angeboten auf die Kunden zu und nehmen damit ihre Bedürfnisse und Präferenzen im entscheidenden Moment vorweg und erfüllen sie. Im Entwicklungsprozess ist es hilfreich, mit automatisierten Tools zu arbeiten, um die erforderlichen Daten zu sammeln, zu sichten und zu modellieren.
Fazit: Die Wandlung zu einem wahrhaft kundenorientierten Unternehmen ist komplex und langwierig, aber auch kleine Veränderungen können einen signifikanten Nutzen für den Kunden schaffen und folglich auch für das Unternehmen.