ATX 3.0 erklärt

Großes Update für den Netzteil-Standard ATX



Gordon ist einer der Gründerväter des "Hardcore Tech Reporting" und befasst sich seit 1998 mit Rechnern und ihren Komponenten. Er schreibt für unsere US-Schwesterpublikation PC World.
ATX 3.0 ist die erste große Überarbeitung der Netzteil-Spezifikation seit 2003. Sie soll zu mehr Zuverlässigkeit, besserer Energieeffizienz und einer zusätzlichen Stromversorgung von Grafikkarten mit bis zu 600 Watt führen.
So sehen die ATX 12VO Stecker aus
So sehen die ATX 12VO Stecker aus

Unter dem Namen "ATX Version 3.0 Multi-Rail Power Supply Design Guide" hat Intel in Zusammenarbeit mit PC- und Hardware-Herstellern das wohl umfangreichste Update für den Netzteil-Standard ATX vorgestellt. Zu den wichtigsten Verbesserungen gehören ein 12-poliger PCIe-Anschluss für extrem stromhungrige Grafikkarten, neue Siegel für die Energieeffizienz, Lärmentwicklung und Formfaktor von Netzteilen sowie eine erhöhte Leerlaufeffizienz.

12-Pin-Anschluss für Grafikkarten wird zum Standard

Die auffälligste neue Funktion von ATX 3.0 ist der Anschluss "PCI-Express 5.0 12VHPWR". Der Stecker verfügt über 12 anstelle der üblichen 6 oder 8 Pins, mit einem sehr ähnlichen (aber kleineren) Design pro Pin. Hinzu kommen Funktionen, an denen ein kleinerer Anschluss angebracht ist, der zusätzliche Signale überträgt, die der Grafikkarte mitteilen, wieviel Strom das Netzteil aktuell liefern kann.

PCI-Express 5.0 12VHPWR
PCI-Express 5.0 12VHPWR
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Derzeit hängt die zusätzliche Stromversorgung der Grafikkarte davon ab, wie viele 6- oder 8-polige Stecker sich anschließen lassen, wobei 6-polig für 75 Watt und 8-polig für 150 Watt ausgelegt ist. Mit dem neuen PCIe-5.0-Anschluss können Netzteil und Kabel je nach Modell zwischen 150 und 600 Watt zusätzlich liefern.

Nvidias GeForce RTX 3090 Ti war die erste GPU mit PCIe-5.0-Anschluss. Da es aber noch keine Netzteile mit PCIe-5.0-Stecker gibt, legen die Grafikkartenhersteller Adapterkabel oder Dongles bei, die drei 8-Pin- zu einem 12-Pin-Anschluss vereinen. Sie funktionieren in der Praxis, bewegen sich aber außerhalb der aktuellen ATX-Spezifikation.

Bei den mitgelieferten Adaptern kommt es auch darauf an, woran sie angeschlossen werden. Technisch gesehen unterstützen 8-Pin-Anschlüsse maximal 150 Watt – macht also in der Summe 450 Watt, wenn drei davon verwendet werden. In der Praxis unterstützen die meisten Netzteile und die meisten 8-Pin-Stecker laut Hersteller Corsair 324 Watt (27 Ampere bei 12 Volt) oder sogar 468 Watt (39 Ampere bei 12 Volt). Es gibt aber keine Garantie dafür.

Warum möglicherweise neue Netzteile benötigt werden

Mit dem neuen PCIe-5.0-Anschluss und ATX 3.0 adressieren Intel und das Standardisierungs-Gremium PCI SIG aber auch Lastspitzen – euphemistisch als "Power Exkursionen" bezeichnet. Dabei dürfen Grafikkarten kurzzeitig das dreifache ihrer Dauerleistung verbrauchen. Das bedeutet, dass eine Grafikkarte mit einer TGP von 600 Watt an einem PCIe-5.0-Anschluss für 100 Mikrosekunden auf 1.800 Watt ansteigen darf.

Um diese extrem kurzen Leistungsausschläge auszugleichen, muss ein Netzteil mit genügend zusätzlichen Kondensatoren ausgestattet sein, um zu verhindern, dass die Leistung des Systems abfällt und der PC möglicherweise abstürzt. Nach Schätzungen von Intel könnte ein ATX-3.0-konformes 750-Watt-Netzteil CPU und Grafikkarte stabil mit jeweils 300 Watt versorgen und hätte für die restliche Hardware noch 150 Watt übrig. Nach dem derzeit gültigen Standard ATX 2.X bräuchte man dafür wegen der Lastspitzen für einen stabilen Betrieb mindestens ein 1.100-Watt-Netzteil.

Welche Nennleistung ein Netzteil braucht, um Lastspitzen stabil abfedern zu können (Schätzungen von Intel).
Welche Nennleistung ein Netzteil braucht, um Lastspitzen stabil abfedern zu können (Schätzungen von Intel).
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Schätzungen von Intel zufolge könnten die leistungsstärksten Grafikkarten mit 600 Watt in Kombination mit 300-Watt-CPUs möglicherweise ein ATX 3.0-Netzteil mit 1.200 Watt erfordern. Bei einem älteren ATX-Design wird sogar noch zusätzlicher Puffer benötigt, da das Design möglicherweise nicht über die zusätzliche Kapazität verfügt, um Leistungsspitzen abzufedern. Obwohl weder die heute erhältlichen noch die bereits angekündigten Grafikkarten 600 Watt Dauerlast erreichen ist klar, dass die ATX-3.0-Spezifikation den Spielraum für solche Stromfresser bietet – die dann irgendwann auch auf den Markt kommen werden.

ATX 12VO 2.0: Strom sparen im Leerlauf

Diese Funktion erlaubt die direkte Kommunikation zwischen Netzteil und Motherboard, sodass das System in Echtzeit überwacht, wie viel Gesamtstrom aktuell verbraucht wird. Das bedeutet einerseits, dass der PC bei geringem Verbrauch die Leistung reduzieren und so Strom sparen kann. Wenn sich das System anderseits den Grenzen des Netzteils nähert, kann es den Verbrauch ebenfalls reduzieren, um eine Überlastung zu vermeiden. Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass die Leistung von CPU oder GPU potenziell gedrosselt werden kann.

ATX 3.0: Der neue Netzteil-Standard sieht Zertifikate für Energieeffizienz, Lärmentwicklung und Gehäusegröße vor.
ATX 3.0: Der neue Netzteil-Standard sieht Zertifikate für Energieeffizienz, Lärmentwicklung und Gehäusegröße vor.
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Neue Siegel für Energieeffizienz, Lärmentwicklung und Gehäusegröße

Der letzte große Schritt bei den neuen Standards ATX 3.0 und ATX12VO 2.0 ist die formelle Anerkennung eines konkurrierenden Effizienzstandards für Netzteile namens Cybenetics. Die meisten dürften mit der 80-Plus-Zertifizierung vertraut sein, die es seit 2004 gibt. Das 80-Plus-Programm attestiert die Effizienz eines Netzteils bei der Umwandlung von Wechselstrom in Gleichstrom. Das Gütesiegel von Cybenetic erweitert das 80-Plus-Programm.

Welcher Zertifizierungsstandard ist besser? Intel hat keinen Favoriten. Es ist aber klar, dass das Programm von Cybenetic strenger ist, da es mit einem viel größeren Lastbereich testet als bei den wenigen Effizienzpunkten von 80 Plus. Cybenetics testet Netzteile auch bei einer höheren Temperatur – was der Realität näher kommt. Schließlich hat Cybenetics auch eine Zertifizierung für die Netzteilakustik.

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer Schwesterpublikation PC World, den Sie im Original hier nachlesen können.

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