SAP will künftig auf die Cloud-Infrastruktur von Google setzen. Mit dieser Ankündigung sorgte der größte deutsche Softwarehersteller kurz vor der CeBIT für Furore. Demzufolge soll die In-Memory-Datenbank SAP HANA künftig auf der Google Cloud Platform (GCP) verfügbar sein. Außerdem ist eine Integration der SAP-Applikationen mit Googles G-Suite geplant. Der für die Technik verantwortlich SAP-Vorstand Bernd Leukert charakterisierte die Kooperation als eine Öffnung von SAPs Cloud-Kosmos - von einer Kehrtwende will er dagegen nicht sprechen.
Bis dato stand SAPs eigene Infrastruktur im Gravitationszentrum aller Cloud-Anstrengungen der Walldorfer. Kunden, die SAP-Lösungen auf anderen Cloud- Infrastrukturplattformen laufen lassen wollten, mussten sich selbst um alles kümmern - die korrekte Lizenzierung, die Implementierung und den Betrieb.
Die neue 3 plus 1 Strategie aus Walldorf
Leukert bekräftigte, dass der Softwarehersteller auch künftig an seiner eigenen SAP-Cloud festhalten und diese weiter den Kunden anbieten werde. Darüber hinaus kündigte der SAP-Vorstand jedoch an, verstärkt Kooperationen mit Cloud-Infrastrukturanbietern suchen zu wollen. Der Manager spricht in diesem Zusammenhang von einer "3-plus-1-Strategie", wie sie intern bei SAP genannt werde. "Das heißt, wir werden neben unserer eigenen Cloud die drei großen Infrastruktur-Anbieter unterstützen, also Amazon Web Services (AWS), Microsoft und Google", sagte Leukert. "Im asiatischen Markt arbeiten wir mit Alibaba."
Durch eine Cloud-Infrastruktur könne und wolle sich SAP nicht im Markt differenzieren, erläuterte der SAP-Vorstand die Hintergründe der Kooperation mit Google. Damit verfolgen die Softwerker aus dem Badischen eine andere Cloud-Strategie als beispielsweise Erzrivale Oracle. Der US-amerikanische Datenbankspezialist bemüht sich, sämtliche Cloud-Spielarten von Software as a Service (SaaS) über Platform as a Service (PaaS) bis hin zu Infrastructure as a Service (IaaS) im Mark zu positionieren. Oracle-Gründer und Chairman Lawrence Ellison lässt derzeit keine Gelegenheit aus, das eigene IaaS-Portfolio über den Klee zu loben und Wettbewerber wie AWS anzugreifen.
Generation 2 von Oracles Cloud-Infrastruktur sei schneller und koste weniger als vergleichbare IaaS-Angebote von Amazon Web Services (AWS), behauptete der 72-jährige Manager zuletzt anlässlich der jüngsten Bilanzpräsentation für das dritte Fiskalquartal des Geschäftsjahres 2017. "Unsere größten Kunden könnten ihre umfangreichsten und anspruchvollsten Datenbank-Workloads nun in der Oracle-Cloud laufen lassen", sagte Ellison. "Das ist etwas, was in der Amazon-Cloud absolut unmöglich ist." Doch so recht kommt Oracle nicht voran. Die Wachstumsraten im IaaS-Geschäft hinken denen im PaaS- und SaaS-Bereich deutlich hinterher.
SAP bestimmt die Cloud-Regeln
Während Oracle auf Konfrontationskurs geht, sucht SAP die Kooperation. Die Zusammenarbeit mit Google gehe weit über eine reine Infrastruktur-as-a-Service-Partnerschaft hinaus, erläuterte Leukert. Ziel sei es, technologische Assets von Google und SAP zu kombinieren. "Aber", so betonte Leukert, "zu unseren Konditionen und nicht unter den Bedingungen von Google." Jeder wisse, das Suchanfragen mit protokolliert und ausgewertet würden. Das mag im Konsumenten-Bereich gehen, konzedierte der SAP-Manager, werde aber aus SAP-Sicht im Business-Umfeld nicht funktionieren.
SAP und Google wollen im Rahmen ihrer Kooperation gemeinsam Data Center betreiben. Das heißt Leukert zufolge, dass eine Google Cloud Platform in einem SAP Data Center von den eigenen Mitarbeitern gemäß der SAP-Regularien betrieben werde. Damit verfüge SAP über die Technologie-Kompetenz und -Assets von Google, ohne dafür die eigenen strengen Regularien und Prinzipien aufgeben zu müssen.
Wächter über die Kundendaten
Als "Data Custodian" gebe SAP die Regeln vor, was Data Compliance und Data Security angeht, erklärte Leukert. Das reiche bis zu einem permanenten Monitoring und Auditing der Datenströme. "Da gibt uns die europäische Datenschutzgrundverordnung klare Richtlinien vor und an diese halten wir uns", begründete der SAP-Vorstand diese Maßnahmen. SAP sei im Unternehmensbereich ein verlässlicher Partner, der das Vertrauen der Kunden genieße, und werde weiterhin stets zu 100 Prozent regelkonform agieren.
Das deutsche Softwarehaus sieht den neuen Cloud-Kooperationspartner in einer guten Ausgangsposition im weltweiten Cloud-Geschäft. AWS und Microsoft seien sicher weiter als Google, was die Markt-Penetration anbelangt, beobachtet Leukert. Was die technologische Kompetenz anbelangt, müsse sich Google aber nicht hinter den Konkurrenten verstecken. SAP habe mit allen drei Anbietern intensive Gespräche geführt und sich auch genau angesehen, welche Technologiekompetenz welcher Anbieter mitbringe. Dabei habe sich Google durchaus in dem einen oder anderen Bereich einen Vorsprung erarbeitet.
Verhandlungen mit AWS und Microsoft sind schwieriger
Leukert will eine Kooperation mit den anderen großen Infrastrukturanbietern indes nicht ausschließen, räumte aber im gleichen Atemzug ein, dass die Verhandlungen schwieriger seien. Beispielsweise verfüge Microsoft mit Office und Windows bereits über den Zugang zum Enterprise-Segment, den Google mit der SAP-Kooperation erst noch forcieren möchte. Zudem gebe es an anderer Stelle mehr Wettbewerb, sagte Leukert - mit Microsoft beispielsweise in den Bereichen Datenbanken, Analytics und Business-Anwendungen. Bei Google gebe es diese Überschneidungen nicht.
Ähnliche Kooperationen mit AWS und Microsoft seien denkbar, sofern SAP auch hier eine Partnerschaft zu den eigenen Bedingungen durchsetzen könne, machte Leukert klar, muss aber einräumen. "Im Moment haben wir das noch nicht geschafft." Man rede aber weiter mit beiden Cloud-Anbietern. Nicht, weil SAP darauf angewiesen sei, sondern weil man auch im Dialog mit Kunden flexibel den Cloud-Bereich bedienen möchte, erklärte der SAP-Mann.
Dazu komme, dass sich SAP auch im asiatischen Raum Partner suchen müsse, je mehr die Cloud dort ein Thema wird. In China komme Leukert zufolge noch hinzu, dass SAP dort derzeit keine eigenen Data Center bauen und betreiben dürfe. "Wir brauchen dort zwangsläufig Partner", stellte Leukert fest. Den habe man auch mit China Telecom und Huawei. Auch mit Alibaba sei SAP über eine Erweiterung der bereits bestehenden Partnerschaft im Gespräch.