Hygienischer

Forscher entwickeln berührungslose Displays für Smartphones

12.11.2015
Das Smartphone bedienen, ohne dabei den Bildschirm zu berühren - daran arbeiten Forscher des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung in Stuttgart und der LMU München.
Berührungslose Displays sollen vor allem bei der Hygiene Vorteile gegenüber herkömmlichen Touchscreens bieten, weil weniger Bakterien und Keime auf den Bildschirm gelangen.
Berührungslose Displays sollen vor allem bei der Hygiene Vorteile gegenüber herkömmlichen Touchscreens bieten, weil weniger Bakterien und Keime auf den Bildschirm gelangen.
Foto: Advanced Materials/MPI für Festkörperforschung

Touchscreens von Smartphones und Tablets sind mitunter richtige Bakterienschleudern. Abhilfe könnten berührungslose "Touchless"- Displays schaffen - zum Bedienen muss man den Bildschirm dann gar nicht mehr anfassen.

"Touchless" nennen das die Forscher. Am Max-Planck-Institut (MPI) für Festkörperforschung in Stuttgart und der LMU München sind sie dem berührungslosen Display jetzt einen großen Schritt nähergekommen. Die Wissenschaftler haben Nanostrukturen entwickelt, die auf Feuchtigkeit ansprechen, die der menschliche Körper abgibt. Dabei machen sie sich eine Eigenschaft des Menschen zunutze, die im Alltag oft eher lästig ist: das Schwitzen.

"Man muss allerdings gar nicht schwitzen, die normale Feuchtigkeit, die den Finger umgibt, reicht", erklärt MPI-Forscherin Bettina Lotsch. Durch winzige Poren in der Haut gibt der Körper ständig Wassermoleküle ab. So reicht es, den Finger bis auf wenige Millimeter dem Display zu nähern, um ein Signal auszulösen - und so das Smartphone zu bedienen.Grundlage der berührungslosen Displays ist Antimon-Phosphorsäure, ein bei Zimmertemperatur kristalliner Feststoff. "Von diesem Material weiß man schon länger, dass es Feuchtigkeit gut aufnehmen kann und dabei stark quillt", erklärt Pirmin Ganter, Doktorand am MPI.

Farbänderung bei Feuchtigkeit

Auf Feuchtigkeit reagiert diese Nanostruktur mit einer Farbänderung - der Nutzer sieht damit genau, an welcher Stelle des Displays sein Eingabesignal ankommt. Die Fähigkeit dieses Materials, Wassermoleküle einzulagern, war den Forschern zwar durchaus bekannt - doch nie zuvor beobachteten sie eine so starke und schnelle Farbänderung. "Die Antwort liegt im Millisekundenbereich", sagt Lotsch. Wichtig für die Verwendung als Handybildschirm.

Verwenden lässt sich das "Touchless"-Display, wenn es nach den Forschern geht, aber nicht nur in Smartphones und Tablets. "Überall wo Menschen derzeit Displays berühren müssen, um zu navigieren, sind berührungslos arbeitende Bildschirme denkbar", sagt Lotsch. So könnte die Technik bei medizinischen Geräten im Krankenhaus verhindern, dass sich Keime auf den Displays sammeln. Berührungslose Bildschirme wären aber auch bei Bank- und Fahrkartenautomaten oder der Gemüsewaage im Supermarkt denkbar.

Gerade an solchen öffentlichen Touchscreens ist die Belastung mit Bakterien besonders hoch, ergab etwa eine Untersuchung der Hochschule Niederrhein. Der amerikanische Mediziner Jeffrey Cane verglich Smartphones als Infektionsquelle gar mit öffentlichen Toiletten. Eine Studie im Fachblatt "Journal of Applied Microbiology" kommt zu dem Schluss, dass sich nicht nur Bakterien, sondern auch 20 bis 30 Prozent der Viren durch eine Berührung auf einen Touchscreen übertragen lassen.

Bis es soweit ist, müssen die Forscher allerdings noch ein paar Probleme lösen. Es fehlt vor allem an einer Schutzschicht, die das Display vor Schäden bewahrt, wenn es doch mal mit einem Finger in Berührung kommt. Zudem sind die Nanostrukturen noch sehr teuer. (dpa/mb)

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