BRÜSEEL (Dow Jones)--Die flächendeckende Breitbandversorgung in der EU soll nach dem Willen des Europäischen Parlaments mit gesetzlichen Vorgaben erreicht werden. Zentrale Forderungen der EU-Kommission, wie der Aufbau einer EU-Telekomregulierungsbehörde und ein direktes Vetorecht der Kommission in nationalen Regulierungsfragen, schwächten die Abgeordneten in erster Lesung zur Reform des EU-Telekomrechtsrahmens erheblich ab. Im EU-Ministerrat wird allerdings selbst das Votum des Parlaments beispielsweise für eine verstärkte, institutionalisierte Zusammenarbeit der nationalen Regulierungsbehörden und eine flexiblere Frequenzpolitik zum Ausbau mobiler Breitbanddienste einhellig abgelehnt.
Die Vorsitzende des federführenden Industrieausschusses, die CSU-Abgeordnete Angelika Niebler, erwartet angesichts des "massiven" Widerstands im Rat "harte" Verhandlungen. Sie äußerte sich "verhalten optimistisch", dass noch vor April 2009 eine Einigung gefunden werden kann. Danach beginnt im Parlament die Hochphase im Europawahlkampf, die politische Tagesarbeit kommt praktisch zum Erliegen.
Nach derzeitiger Planung will der Ministerrat am 27. November einen gemeinsamen Standpunkt zur künftigen Telekomgesetzgebung festlegen. Die für Telekomfragen zuständige Kommissarin Viviane Reding erklärte, das Votum des Parlaments ebne den Weg zu einem einheitlichen Telekom-Markt in Europa im Interesse der Verbraucher.
Um auch die ländlichen Räume in der EU mit Breitband zu versorgen, will das Parlament die nationalen Regulierer verpflichten, für ein investitionsfreundliches Klima zu sorgen. Dazu soll auch auf eine faire Kostenverteilung zwischen den großen Telekom-Unternehmen und ihren Konkurrenten geachtet werden. "Regulierungsferien", wie es etwa die Deutsche Telekom fordert, wurden abgelehnt.
Bei der für 2012 vorgesehenen Umstellung von analogem auf digitalen Rundfunk soll nach dem Willen des Plenums ein Teil der freiwerdenden Frequenzen zur Versorgung mit mobilen Breitbanddiensten genutzt werden. Ein neuer EU-Ausschuss soll die Spektrumpolitik koordinieren. Letztendlich sei die Vergabe aber Sache der Mitgliedstaaten, sagte Niebler. Das Plenum forderte, 2010 einen "Frequenz-Gipfel" abzuhalten, bei dem sich die Mitgliedstaaten über den Umgang mit der "Digitalen Dividende" verständigen sollen.
Die Abgeordneten befürworteten zudem die Möglichkeit der eigentumsrechtlichen Trennung im Telekomsektor, um Ex-Staatsmonopolisten vorzuschreiben, ihre Netze organisatorisch von den Dienstleistungen zu trennen. Dies vorzuschreiben soll den nationalen Regulierern aber nur als "ultima ratio" erlaubt sein.
Bei der Überarbeitung der EU-Telekomgesetzgebung von 2003 geht es auch um Fragen wie Datenschutz, die Vertragslaufzeiten für Telefon- und Internetnutzer oder die Mitnahme von Rufnummern.
-Von Angelika Steinfort, Dow Jones Newswires; 32 2 7411490, europa.de@dowjones.com DJG/ang/apo
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