Elan4: "Das Geschäftsmodell ist nicht gescheitert"

26.07.2001
Vor einem Jahr zogen sie aus, um die Regeln der Distribution auf den Kopf zu stellen. Nach dem Crash der Internet-Branche hat auch Elan4 seine Träume einer Prüfung unterzogen: Heute stellen sich die Ziele und Vorgaben um einiges realistischer dar.

Genau vor einem Jahr - im Juli 2000 - stellte die Elan4 sein neues Konzept vor. Hinter der damals noch jungen Aktiengesellschaft standen dabei alte Hasen aus der Distributions-Szene wie Sven von Puttkamer, Stefan Kaczmarek, Elan4-Gründer Ulrich Stockhecke und der gerade dazugestoßene Roland Rakebrand (siehe dazu ComputerPartner 21/00, Seite 64). Als Ziel für das reorganisierte Unternehmen, das mit einem E-Commerce-Konzept den Durchbruch schaffen wollte und sogar Bechtle als künftigen Wettbewerber nannte, äußerten sich vor zwölf Monaten von Puttkamer und Kaczmarek locker: "Elan4 wird die klassische Distribution revolutionieren" (siehe dazu ComputerPartner 26/00, Seite 50).

E-Commerce als neue, revolutionäre Verkaufsplattform vorzustellen war im vergangenen Jahr vielleicht noch der Clou. Heute ist die Branche - nach vielen Pleiten, Pech und Pannen - klüger. "Das Geschäftsmodell Elan4 ist nicht gescheitert. Beim Start hat man die Broadline-Distribution noch als Feindbild gesehen. Heute glauben wir dagegen, eine gute Addition zu den Broadlinern darzustellen", grenzt sich Roland Rakebrand, Geschäftsführer bei der Elan4 Computer GmbH und verantwortlich für Vertrieb und Marketing, vorsichtig von den Statements seiner Kollegen ab. "Kurzfristig gesehen, war Elan4 nur mäßig erfolgreich. Langfristig werden wir aber einen Firmenwert schaffen, der interessant ist", fasst der Geschäftsführer nach einem Jahr Erfahrung zusammen.

Die Talfahrt der Internet-Branche ging auch an Elan4 nicht spurlos vorüber: Neben technischen und logistischen Anfangsschwierigkeiten - zum Beispiel konnten die Lieferzeiten von 48 Stunden anfangs nicht realisiert werden - erfüllten sich auch der schnelle Börsengang und damit der Traum vom kleinen Vermögen für die Anteilseigner nicht. Stefan Kaczmarek zog daraus die Konsequenzen und stieg Anfang 2001 aus dem Unternehmen aus. Sven von Puttkamer hält nach wie vor eine Beteiligung an der Elan4 AG, zog sich aber nach eigener Aussage aus dem operativen Geschäft zurück. Es ist wohl auch im Gespräch, die Aktiengesellschaft wieder mit der GmbH zu verschmelzen. Auch von dem Plan, das Elan4-Konzept auf andere Geschäftsfelder außerhalb der IT-Branche zu übertragen, hat sich das Management mittlerweile verabschiedet.

Heute teilen sich die Verantwortung für das Alltagsgeschäft, die auch das normale Distributionsgeschäft einschließt, Elan4-Gründer Stockhecke, zuständig für Logistik und Administration, und Ex-F&W-Geschäftsführer Rakebrand, der die Geschäftsbereiche E-Commerce, Vertrieb und Marketing managt.

Im laufenden Geschäftsjahr geht es Rakeband vor allem darum, neue Kunden in erster Linie aus dem Mittelstand und dem SMB-Segment über die E-Commerce-Plattform zu gewinnen. Der Fachhandelsumsatz soll dabei vorerst stabil bleiben. Rund 500 Wiederverkäufer kaufen im Schnitt monatlich bei Elan4 ein und können dabei ihre Bestellung aus 3.000 Artikeln von 15 Lieferanten auswählen. "Online laufen bei uns derzeit PCs, Notebooks und TK-Geräte am besten. Das sind Produktbereiche, mit denen wir in der klassischen Distribution immer unsere Probleme hatten", erklärt Rakebrand. Der Bereich, den auch Endkunden bei Elan4 besuchen können, liegt noch brach.

Vorgaben und Ziele für 2001 sind konservativ: Der Umsatz mit der klassischen Distribution im laufenden Geschäftsjahr soll 160 Millionen Mark betragen, eine Steigerung um zehn Prozent soll dabei über E-Commerce erwirtschaftet werden. Allerdings betont Rakebrand, dass Elan4 "profitabel arbeitet, da das klassische Distributionsgeschäft die E-Commerce-Aktivitäten mitfinanziert".

www.elan4.com

ComputerPartner-Meinung:

Der Traum vom schnellen Geld hat sich für die Elan4 AG nicht erfüllt. Aus heutiger Sicht ging das Unternehmen mit seinem E-Commerce-Konzept zu spät an den Start - kurz bevor die Talfahrt der Internet-Branche begann. Heute ist man wieder auf die klassische Distribution angewiesen, die das Geld bringt. (ch)

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