Die letzten zwei Jahre haben den Druckermarkt gehörig durcheinandergewirbelt. Weil viele Mitarbeiter von zuhause aus gearbeitete haben, hat sich auch die Druckernutzung verändert. Laut Zahlen des Marktforschungsinstituts Context stiegen 2020 die Verkaufszahlen von Consumer-Geräten, die überwiegend mit Tintenstrahltechnologie arbeiten. Doch auch Einsteiger-Laser waren gefragt, was wiederum zu Verfügbarkeitsproblemen, die noch durch gestörte Lieferketten verstärkt wurden, geführt hat.
Dieser Effekt scheint nun an Wirksamkeit zu verlieren. So registriert Context seit einigen Monaten insbesondere bei Consumer- und Einsteigerprodukten deutlich sinkende Umsatzzahlen, während Business-Ink- und A3-Geräte wieder zulegen können. Die Wechsel zwischen Arbeit im Büro und im Homeoffice schlägt sich so auch im Absatz und in der Nutzung von Druckgeräten nieder.
Hybride Arbeitsmodelle setzen sich durch
Thomas Schimpf, Head of indirct Sales bei Konica Minolta Business Solutions Deutschland, registriert daher einen Mix aus zentral bereitgestellten und dezentral genutzten Systemen: "Es haben sich also hybride Landschaften etabliert, die teilweise gemangt werden und teilweise autark laufen", erklärt er. "Moderne Arbeitsumgebungen sind dezentraler und heterogener denn je", bestätigt Lexmark-Geschäftsführer Michael Lang. Diesen Trend gebe es schon länger, habe sich aber durch die Pandemie weiter verstärkt.
Bei HP sieht man durch Corona gar eine "Renaissance des Druckens", insbesondere im heimischen Umfeld. "Neben PC, zweitem Monitor und Docking-Möglichkeit gehört in vielen Unternehmen auch ein Multifunktionsdrucker zur kompletten Homeoffice-Ausstattung", weiß Hartmut Husemann, Director Commercial and Consumer Channel bei HP Deutschland. Wichtig sei aber neben der Einbindung solcher Heimdrucker in die Unternehmens-IT auch die Integration entsprechender Sicherheitskonzepte.
Der Trend zum Homeoffice hat Herstellern in die Karten gespielt, die auf dezentrale Drucklandschaften mit kleineren Geräten gesetzt haben. "Dokumente und Drucker müssen überall dort verfügbar sein, wo sie benötigt werden. Dies lässt sich mit unserem Druckerportfolio, welches vor allem auf dezentrale Büroumgebungen ausgelegt ist, in Kombination mit Cloud-basierten Drucklösungen, problemlos realisieren", freut sich Sascha Bick, Vertriebsleiter Fachhandel, Retail & Distribution bei Brother International. Bei Epson hat man einen weiteren Aspekt flexibler und hybrider Arbeitsmodelle ausgemacht: "Uns kommen diese Entwicklungen zugute, da die Anforderungen an energiearmen und nachhaltigen Systemen deutlich gewachsen ist", stellt Jens Greine, Head of Sales Office Printing, fest.
Doch sind am modernen IT-Arbeitsplatz überhaupt noch gedruckter Unterlagen notwendig? "Das Drucken von einzelnen Dokumenten wie Briefen war auch schon vor der Pandemie auf dem Rückzug", räumt Victoria van den Berg, Managerin Produktmarketing Workspace bei Canon Deutschland, ein. Nach wie vor werde aber alles gedruckt, was rechtsverbindlich ist, was umfangreich ist und gelesen werden muss, was als Trainingsunterlage gebraucht oder als aufmerksamkeitsstarke Werbung benötigt wird. "Wir sehen großes Interesse und Bedarf an MfPs mit Funktionalitäten wie Broschürendruck und vor allem auch Professional-Print-Lösungen mit hochwertiger Qualität, hohem Durchsatz und Geschwindigkeiten", meint die Canon-Managerin. "Papier ist und bleibt ein wichtiges Trägermedium für Geschäftsinformationen, die innerhalb und zwischen Unternehmen fließen, auch wenn der Papierverbrauch in Büroumgebungen insgesamt sinkt", da ist sich Thomas Schimpf von Konica Minolta sicher. Überall dort bleibe das Drucksystem ein integraler Bestandteil eines modernen. Digitalen Arbeitsplatzes.
Moderne Drucksysteme bieten mehr
Multifunktionssysteme bieten, wie bereits die Bezeichnung aussagt, wesentlich mehr als nur die Druckfunktion. "Mehr denn je sind im Büro moderne und leistungsfähige Multifunktionsgeräte gefragt", berichtet HP-Vertriebschef Husemann. Er verweist auf den "deutlichen Schub", den die Digitalisierung in den allermeisten Unternehmen durch die Pandemie bekommen hat. "Entsprechend sind Drucker nicht nur für den Ausdruck, sondern mit leistungsstarker Scan-Einheit als Eingangstor für den digitalen Arbeitsablauf gefragt", betont er.
Diesen Wandel in den Anforderungen sieht auch Sascha Bick von Brother: "Drucker oder Multifunktionsgeräte sind mittlerweile Teil von oft komplexen Dokumenten-Workflows. Neben dem Bedrucken von Papier sind vor allem Scan-Features und die einfache Ansteuerung über Apps, sowie Druck- und Scanlösungen von großer Wichtigkeit", meint er.
Dabei spielt auch die Einbindung in die Unternehmensprozesse eine wesentliche Rolle: "Multifunktionsgeräte sind die Schnittstelle zwischen papierbasierten und digitalem Dokumentenmanagement und ermöglichen im Zusammenspiel mit der Cloud erst das hybride Arbeiten", gibt Lexmark-Chef Lang zu bedenken. Um auf die dynamischen Entwicklungen der Zeit bestmöglich vorbereitet zu sein, brauche es flexible Lösungen, die vor allem in Cloud-Technologien zu finden seien.
Laut Konica-Minolta-Manager Schimpf kommt es Unternehmen vor allem darauf an, dass sich die Systeme von Anfang an und auch remote absichern lassen. "Sowohl der Zugriff auf die Systeme und Daten als auch die Übertragung der Daten über das Kundennetzwerk müssen abgeschirmt und vor Angriffen sicher sein", fordert er.
Lösungsverkäufer sind gefragt
Die Entwicklung zu hybriden Arbeitsumgebungen sowie zu digitalen Dokumentenprozessen bleibt so nicht ohne Auswirkungen auf die Art und Weise, wie Druck- und Dokumentenlösungen vertrieben werden. "Alleine mit Maschinen- und Consumable Verkauf ist es nicht mehr getan", betont Canon-Produktexpertin Victoria van den Berg. Sie verweist auf "maßgeschneiderte Services", die vom Kernservice beim Flottenmanagement, der Druckoptimierung, der Fernüberwachung und des Reportings bis hin zu erweiterten Services für die Verwaltung mehrerer Anbieter und spezialisiertem Service und Support für Unternehmen, sowohl in den zentralen Büros als auch in den Homeoffices reichen.
Hartmut Husemann von HP ist sich sicher, dass das hybride Arbeitsmodell bleiben wird. Seiner Erfahrung nach wird dies auch in aktuellen Ausschreibungen nachgefragt. "Wir haben bereits sehr früh reagiert und gemeinsam mit den Partnern Lösungen angeboten, mit denen wir Drucker im Homeoffice in bestehende MPS-Verträge integrieren oder individuelle Vertragsmodelle wie Instant Ink anbieten können", erläutert er. Dabei seien die Anforderungen sehr unterschiedlich. "Sie reichen von der Versorgung heimischer Drucker mit Verbrauchsmaterialien bis zur vollen Integration in die Unternehmen s-IT inklusive passender Sicherheitskonzepte", so Husemann. "Bei einem Großteil der Projekte unserer Endkunden werden dezentrale Systeme in den Homeoffices in die Verträge mit eingebunden", bestätigt auch Epson-Vertriebsleiter Jens Greine. Hier setze man sowohl auf eigene als auch auf Lösungen externer Partner, um den Anforderungen an die moderne Arbeitswelt "umfassend und effizient" zu begegnen.
Den klassischen Fachhändler mit Fokus auf den rein transaktionalen Vertrieb kann dies durchaus "vor größere Herausforderungen" stellen, wie Brother-Manager Bick konstatiert. Er erwähnt die langjährige Erfahrung mit dezentralen Kundenanforderungen, die für Brother "kein Neuland" seien. "Unsere MPS-Konzepte sind genau für diese Anwendungen ausgelegt", meint er. Dank Cloud-basierten Print-Management-Lösungen kann so weiterhin eine seitengenaue Abrechnung erfolgen. Den erwähnten Resellern mit transaktionalem Ansatz will Bick den Einstieg durch verständliche Angebote sowie Trainings erleichtern. ""Partner, die bereits große Erfahrung mit dem MPS- und Lösungsvertrieb haben, werden weiterhin eine wichtige Rolle bei der Beratung zu Dokumenten-Workflows spielen und sich gleichzeitig mit neuen Produktfeldern befassen, die ihr Portfolio ergänzen und Cross-Selling-Möglichkeiten bieten", verspricht Bick. Als Beispiel nennt er das "deutlich gestiegene Interesse" an professionellen Labelling-Produkten und -Lösungen.
Der Markt bleibt herausfordernd
Dass manch ein MPS-Partner der Drucker- und Kopiererhersteller durch die Pandemie gelitten hat, blieb der Industrie nicht verborgen. "Die vergangenen beiden Jahre waren für Partner, die vor allem auf das MPS-Geschäft fokussiert sind, nicht einfach", räumt HP-Director Husemann ein. Man habe aber die Partner in dieser Zeit "eng begleitet" und nicht nur finanziell unterstützt. "Mit der Rückkehr ins Büro nehmen aktuell auch wieder die Ausschreibungen für Office-Lösungen und neue MPS-Verträge zu", macht Husemann Mut. Mit der neuen Serie von A3-Multifunktionsdruckern, die ab Oktober 2022 verfügbar sein sollen, will HP den Partnern "zusätzlich gute Argumente" für den vertrieblichen Erfolg liefern.
Konica-Minolta-Vertriebsexperte Schimpf sieht aber nicht alle MPS-Partner unter Druck: So pauschal ist das nicht ganz richtig", korrigiert er. Es komme stark darauf an, aus welcher Branche die Kunden kommen. "Was die Pandemie aber auf jeden Fall beschleunigt hat, ist die digitale Kontaktaufnahme", hat er festgestellt. Daher investiere man in den Aufbau paralleler Vertriebsstrukturen und in die Optimierung bestehender Vertriebskanäle.
In diesem herausfordernden Marktumfeld wird das Geschäft für die Office-Spezialisten nicht einfacher. "Die gesamte Branche steht seit vielen Monaten vor enormen Herausforderungen", stellt Jens Greine von Epson fest. Verfügbarkeiten, verlässliche Lieferzusagen, Corona-bedingte Produktionsausfälle und weitere äußere Einflüsse werden das Geschäft auch in den nächsten Monaten beeinflussen, lautet seine Prognose. "Dennoch gestaltet sich unsere Auftragslage als sehr positiv", freut sich Greine. Dies sei auch einem nachhaltigen Investitionsbewusstsein geschuldet.
So ist Michael Lang von Lexmark der Meinung, dass weniger die Pandemie der Branche zugesetzt hat als die Nichtverfügbarkeit an Halbleitern und weiterer wichtiger Komponenten. Er sieht aber "Licht am Ende des Tunnels" und ist zuversichtlich, dass sich die Situation bis 2023 normalisieren wird.
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