Auf der Ende April 2022 in Berlin veranstalteten Docuworld 2022 hatte der DMS-Anbieter Kunden und Partnern viel zu erzählen. Schließlich hatte man sich in zwei Pandemiejahren nicht wirklich in größerem Rahmen persönlich austauschen können. Und mit der Übernahme von Docuware durch Ricoh kurz vor Pandemiebeginn hatten sich seit dem letzten, persönlichen Treffen die Vorzeichen verändert. Allerdings betonte das Unternehmen auf der Veranstaltung trotz der organisatorischen Veränderungen die Kontinuität. Dafür stehen auch die schon seit 2018 für Docuware verantwortlichen Geschäftsführer Dr. Michael Berger und Max Ertl.
Insgesamt war die Stimmung bei den Partnern gut. Schließlich hat die Pandemie den Firmen gezeigt, dass Aktenordner, Unterschriftenmappen und Hauspost mit Fächern in der Poststelle nicht mehr zeitgemäß sind. Von den einsetzenden Modernisierungsbemühungen hat der gesamte Markt profitiert. Docuware wuchs eigenen Angaben zufolge sogar überdurchschnittlich. Der Gesamtumsatz stieg im Geschäftsjahr 2021, das am 31. März 2022 endete, im Vergleich zum Vorjahr um 24,7 Prozent. Die Anzahl der Neukunden nahm im selben Zeitraum um 34,8 Prozent zu. Im Cloud-Bereich waren es sogar 36,8 Prozent, beim On-Premises-Geschäft immerhin noch 30,2 Prozent.
Der Umsatzzuwachs beim Cloud-Geschäft zeigt jedoch, wohin die Reise geht: Das Segment (Neu- und Bestandksunden) legte bei Docuware um 50,5 Prozent zu. Bemerkenswert ist das auch, weil Docuware im Gegensatz zu vielen Marktbegleitern schon vor der Pandemie ein solides Cloud-Business hatte - also nicht von Null angefangen hat. Das Unternehmen setzt schon seit 2012 auf die - damals noch sehr erklärungsbeürftige - Cloud. Damals hieß das Angebot noch "Docuware Online", inzwischen ist daraus die "Docuware Cloud" geworden, die von über 6.000 Kunden genutzt wird.
Cloud first, aber On-Premises nicht last
Geschäftsführer Max Ertl stellte auf der Docuworld 2022 gegenüber ChannelPartner aber auch klar, dass es keine Pläne gibt, das On-Premises-Angebot einzustampfen. "Wir präsentieren dem Markt eine Lösung - aber eben in zwei Bereitstellungsvarianten. Das hat sonst niemand und war auch ein erheblicher Aufwand." Laut Ertl, war es "eine der Entwicklungsaufgaben, dass das Produkt channel-ready sein muss."
Das bedeute, "dass der Partner keinen Diplom-Informatiker benötigt, um es beim Kunden einzurichten", so Ertl weiter. Denn er ist überzeugt: "In Zukunft werden die Systeme gewinnen, die auch Nicht-ITler selbst einrichten können." Das spricht vor allem Neukunden an. Sie setzten vorrangig auf das Cloud-Angebot: Weltweit sind es 80 Prozent der Neukunden, de so mit Docuware in Kontakt kommen. Das ist aus Sicht vieler Partner zwa auch durch die Pandemie bedingt, wird aber auch künftig so bleiben. Der Wechsel von Bestandkunden vom On-Premises zum Cloud-Angebot ist dagegen selten.
Partner Sales Manager statt Partnerbetreuern
Einige Partner haben sich bereits auch organisatorisch auf den Cloud-Boom bei Docuware eingestellt und Tochterfirmen für das Cloud-Business gegründet. Ansonsten sei es oft schwierig, den Kunden zu vermitteln, warum Beratung jetzt auf einmal etwas kostet. Auch intern ist es oft einfacher, wenn nur ein Vertriebsansatz gefahren wird. Ansonsten kommen sich die Provisionsmodelle für den Vertrieb in die Quere.
Laut Ertl fangen viele Docuware-Projekte zudem gar nicht mehr in der IT-Abteilung an. Sie werden von der kaufmännischen Abteilung angestoßen oder sind Ergebnis steuerlich relevanter Projekte. Auch von daher ist ein darauf ausgerichteter Vertrieb sinnvoll - schließlich muss neben dem DMS-Know-how auch das fachliche Wissen im jeweiligen Bereich vorhanden sein. Beim Einstieg ins Geschäft und auch im laufenden Business unterstützen die Partner Sales Manager von Docuware. Bei denen legt Ertl wert darauf, dass es eben keine "Partnerbetreuer" sind, sondern Docuware-Mitarbeiter, die in der Lage sind, wie der Vertriebsmitarbeiter des Partners zu agieren. "Das ist ein hohes Investment von unserer Seite, aber es lohnt sich", sagt Ertl dazu.
Außerdem schafft Docuware immer wieder neue Ansatzpunkte, zuletzt etwa mit dem Angebot "Smart Document Control". Dabei handelt es sich um eine Lösung, die kleine Workflows für Dokumente ermöglicht und auch die Arbeit aus dem Homeoffice unterstützt. Sie bietet sich gerade für kleinere Firmen an, die dafür bisher zum Beispiel Microsoft Onedrive nutzen, aber irgendwann den Überblick verlieren. Mit Volltextsuche, Wiedervorlage- und Genehmigungsfunktionen lassen sich bei kleinem Einstiegspreis (ab 200 Euro im Monat) die veränderten Bedürfnisse in kleinen Firmen abdecken.
Aufgrund steigender Kundenzahlen sucht Docuware auch nach neuen Partnern. Weltweit sind es derzeit 800, davon etwa 250 in der DACH-Region. Laut Ertl nimmt Docuware "selektiv neue Partner" auf. Das können und dürfen Ricoh-Partner sein, müssen aber nicht. Außerdem will er auch mit bestehenden Partnern gemeinsam wachsen, denn regionale Abdeckung sei nicht alles. Erstens erreichten manche ein Level, auf dem sie nicht mehr Neukunden aufnehmen wollen oder können, zweitens sei eine gewisse Partnerdichte erfahrungsgemäß für alle hilfreich. Dabei achte Docuware jedoch darauf, das es nicht zu einer übermäßigen Abdeckung und Rabattschlachten komme.
Das Marktwachstum und die Schwierigkeiten für kleinere On-Premises-Anbieter bieten auch schon genug Wachstumspotenzial. "Als Partner würde ich mir keinen Lieferanten aussuchen, der nur On-Premises macht oder erst jetzt mit Cloud anfängt", empfiehlt Docuware-Geschäftsführer Max. Er begründet dies damit, dass der Entwicklungsaufwand für die Cloud und in der Cloud deutlich höher sei als für eine klassische Software. Gerade für Nischenanbieter sei der Aufwand zu hoch. Es sei daher damit zu rechnen, dass sie allmählich aus dem Markt verschwinden.
Aber auch für die Partner gelte: "DMS macht man nicht nebenbei." Laut Ertl lohnt es sich jedoch, wenn der Partner sich engagiert und etwas Aufwand treibt. Denn DMS-Kunden blieben in der Regel etwa 20 Jahre Kunden. Ertls Fazit lautet daher: "Wer in den Markt starten will und nicht mit uns spricht, macht den Fehler seines Lebens."