Context-Chef Howard Davies

Distribution zwischen Zusammenbruch und Boom

Armin Weiler kümmert sich um die rechercheintensiven Geschichten rund um den ITK-Channel und um die Themen der Distribution. Zudem ist er für den Bereich PCs und Peripherie zuständig. Zu seinen Spezialgebieten zählen daher Notebooks, PCs, Smartphones, Drucker, Displays und Eingabegeräte. Bei der inoffiziellen deutschen IT-Skimeisterschaft "CP Race" ist er für die Rennleitung verantwortlich.
Corona, Ukraine-Krieg und gestörte Lieferketten machen auch der Distribution zu schaffen. Sie schlägt sich aber außerordentlich gut, meint Howard Davies, CEO des Channel-Markforschungsunternehmens Context.

Mit über 160 Distributoren, die in Europa mit fast 300 Landesgesellschaften präsent sind, hat das auf den Channel spezialisierte Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Context ein Panel aufgebaut, das einzigartige Einblicke in die aktuelle Situation des Channels liefert. Howard Davies, CEO und Co-Founder von Context, kann sowohl aus diesem Datenschatz schöpfen als auch durch seine langjährige Expertise die derzeitige Lage der Distributionsszene analysieren.

Howard Davies, CEO und Co-Founder des auf den Channel spezialisierten Marktforschungsunternehmens Context, bescheinigt den Distributoren eine gute Anpassungsfähigkeit in Krisenzeiten.
Howard Davies, CEO und Co-Founder des auf den Channel spezialisierten Marktforschungsunternehmens Context, bescheinigt den Distributoren eine gute Anpassungsfähigkeit in Krisenzeiten.
Foto: IDG

"Zu Beginn, Anfang bis Mitte 2020, war nicht immer klar, ob die Branche kurz vor dem Zusammenbruch oder vor einem Boom stand", stellt Davies beim Blick auf die vergangenen Monate fest. So bescheinigt der Analyst den Grossisten einen "hervorragenden" Job in Krisenzeiten. "Alles was mit der Aufrechterhaltung der Lieferketten zusammenhing, wurde in kürzester Zeit in Angriff genommen und größtenteils gelöst", bestätigt er. Und dies, obwohl die gesamte Branche mit Personalproblemen und extrem schwankender Produktverfügbarkeit zu kämpfen hat. "Die IT-Branche kann zu Recht sehr stolz auf die unglaubliche Leistung ihrer Vertriebspartner sein", bekräftigt Davies.

Besonders lobt der Context-Chef die finanziellen Unterstützungsmaßnahmen der Distributoren die für Reseller mit Finanzproblemen ein "sicherer Hafen im Sturm waren", waren, der ihnen Liquidität und Überleben ermöglichte.

Distribution stärkt Mittelstand

Doch auch jenseits der aktuellen Unwägbarkeiten des IT-Geschäfts werden die Distributoren weiterhin wichtige Funktionen im IT-Vertrieb übernehmen. So sieht Davies die Grossisten besonders bei Fragen der Nachhaltigkeit sowie bei Clous Computing, Security und bei Lifecycle Management im Fokus. Hier kommt ihre Fähigkeit, Angebote und Lösungen verschiedener Anbieter bereitzustellen und zu integrieren zum Tragen. Besonders kleiner und mittelständische Reseller profitieren davon, da Distributoren dabei helfen können, ein breites Angebot bereitzustellen, ohne die Komplexität zu groß werden zu lassen. Das kommt wiederum der digitalen Transformation des gesamten Mittelstands zugute. Davies bezeichnet dies als "Schlüssel zur Gesundheit der europäischen Volkswirtschaften".

Der Markforscher verweist darauf, dass hierzulande mehr als die Hälfte der Wirtschaftszeitung mit 60 Prozent der Arbeitsplätze und sogar 80 Prozent der Auszubildenen auf das Konto des Mittelstands geht. Es sei daher von "entscheidender Bedeutung", dass kleine und mittelständische Unternehmen bei der digitalen Transformation "an vorderster Front" stehen.

Hilfe bei der Kundenakquise

Doch trotz aller Unterstützungsmaßnahmen der Distribution kommen diese nicht immer bei den Systemhauspartnern, Service Providern und Fachhändlern an. Laut einer aktuellen Context-Umfrage fühlen sich nur 53 Prozent der Wiederverkäufer von den Distributoren bei der digitalen Transformation ihrer Kunden unterstützt.

Nahezu die Hälfte der von Context befragten Reseller fühlt sich von der Distribution bei der digitalen Transformation ihrer Kunden nur unzureichend unterstützt.
Nahezu die Hälfte der von Context befragten Reseller fühlt sich von der Distribution bei der digitalen Transformation ihrer Kunden nur unzureichend unterstützt.

Howard Davies ist der Meinung, dass Distributoren hier einfach nachbessern können, indem sie mehr über die Bedürfnisse der Endkunden in Erfahrung bringen. "Reseller müssen wissen, was sie verkaufen müssen, wann sie verkaufen müssen und an wen sie verkaufen sollen", umreist er die Anforderungen. Für Reseller gebe es zwar ein riesiges Angebot an Möglichkeiten, aber der Aufwand bei der Suche nach den optimalen Kunden müsse mithilfe der Distribution reduziert werden.

Trotz neuer Herausforderungen werden laut Davies auch traditionellen Geschäftsmodelle der IT-Distributoren werden auf absehbare Zeit in der einen oder anderen Form fortbestehen. "Die Rolle des IT-Distributors hat sich jedoch stark verändert", stellt der Context-Chef fest. Wo es beispielsweise früher eher darum ging, die Händler vor Ort mit Ware zu versorgen und die Verfügbarkeit von Produkten zu gewährleisten, ist heute auch die Fähigkeit gefragt den Kunden im Namen des Händlers direkt zu beliefern.

Auch aufgrund der in Krisenzeiten bewiesenen Fähigkeit, Geschäftsmodelle anzupassen, sieht Davies die Distribution in der Lage, die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen. Die wichtigsten Themen sind für ihn dabei die Bereitstellung von Cloud Services, die Kenntnis der Endkunden und Analyse deren Bedürfnisse sowie die Fähigkeit, Anforderungen, die Nachhaltigkeitsbestrebungen mit sich bringen, zu erfüllen.

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