Ursprünglich wollte Gregor Bieler, General Manager der One Commercial Partner Organisation bei Microsoft Deutschland, in seiner Rede den Buzz-Begriff "Digitale Transformation" vermeiden, das ist ihm aber nicht ganz gelungen. Er sprach zuerst vom Kulturwandel und wie viele Unternehmen "auf den Kopf gestellt" werden müssen. "Jetzt gilt es, die Digitale Transformation mit Leben zu füllen", war die erste Anregung von Bieler an die in Leipzig anwesenden Microsoft-Partner. "Sie müssen Ihre Kunden vom Mehrwert der digitalen Geschäftsprozesse überzeugen!".
Ebenfalls gleich zu Beginn seines Vortrags zitierte der Chef der Partner-Organisation die Microsoft Deutschland-Geschäftsführerin Sabine Bendiek, die am Tag zuvor von einem 194-Milliarden-Euro-Business-Potential für die Partner sprach.
Wie Microsoft auf derartige Zahlen kommt? Nun aktuell schätzt Bieler, dass für jeden mit Microsoft-Lösungen umgesetzten Euro Partner weiter acht Euro erwirtschaften, und dieses Verhältnis könnte sich laut Bieler auf bis zu 15 zu eins erhöhen. Gleichzeitig hat sich Microsoft in Deutschland viel vorgenommen: In den kommenden drei Jahren möchte der Software-Anbieter hier zu Lande den Umsatz verdoppeln.
Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, müssen sämtliche "Silos" in der Company konsequent zerstört werden, so Bieler zu seinen Partnern: "Das schaffen wir nur gemeinsam!" Der Channel-Chef glaubt, nur mit diesem starken Wachstum am Markt bestehen zu können, den der "Markt selbst wächst derzeit explosionsartig". 2016 konnte Bielers Partnerorganisation ihre Umsätze um 13 Prozent erhöhen, diese Wachstumsrate soll sich seinen Vorstellungen nach 2017 verdoppeln. Das liegt durchaus im Bereich des Möglichen, denn nach der Reorganisation fällt auch das Enterprise-Geschäft mit Partnern in den Zuständigkeitsbereich von Bieler - eben nicht nur das Business mit dem Mittelstand.
Überdurchschnittlich stark hat bei Microsoft das Cloud-Business zugelegt. Aktuelle beträgt der Anteil der Cloud relevanten Umsätze am Business von Microsoft Deutschland genau 34 Prozent, am Ende des aktuellen Geschäftsjahres Mitte 2018 soll dann schon mehr als die Hälfte des Geschäfts in der Cloud erwirtschaftet werden. Dazu sollen natürlich vorwiegend die Microsoft-Partner beitragen. Von derer etwa 30.000 in Deutschland betreiben bereits rund 6.000 Cloud-Business - vor einem Jahr war es nicht mal die Hälfte, und ständig werden es mehr Cloud Solution Provider (CSP).
Plädoyer für Cloud Solution Provider
An dieser Stelle plädierte Bieler, dass sich im Prinzip alle Microsoft-Partner mit dieser Thematik beschäftigen und dem CSP-Partnerprogram beitreten sollten. Denn Kunden - auch im Mittelstand - sind äußerst neugierig und exzellent informiert, was die Möglichkeiten in der Cloud betrifft. "Partner sind Vordenker ihrer Kunden", betonte Microsofts Channel-Chef. Hier verwies Bieler auf das seit 2016 bestehende Treuhändermodell und die Microsoft Deutschland Cloud.
Er ging aber auch auf das Mitte 2017 verabschiedete "One Commercial Partnerprogram" (OCP) ein: "Das Feedback unserer Partner auf OCP war vorwiegend positiv, aber wir müssen noch einiges nachjustieren". Eine kleine Umfrage unter den in Leipzig anwesenden Partner ergab, dass sie sich mit dem ständigen Wandel in der Partnerorganisation von Microsoft oft schwertun: "Jedes Jahr ein neuer Ansprechpartner, dem ich mein Geschäft erklären muss - das kostet Zeit", so ein Microsoft-Partner aus Hamburg. Er gab aber auch zu, dass die neuen jungen Mitarbeiter in der Partnerorganisation von Microsoft - immer öfter auch Frauen - äußerst engagiert sind und sehr schnell dazulernen. "Wir hören unseren Partnern nun auch besser zu", bestätigte auch Bieler - seit fast vier Jahren in der Partnerorganisation erscheint er dort als eine der wenigen Konstanten.
Die Halbwertszeit der Unternehmen sinkt dramatisch
Auf überwiegend positive Resonanz stieß die anschließenden Key-Note von Isabell Welpe, der Wirtschaftsprofessorin von der TU München. Sie beeindruckte das Publikum mit Detailwissen in der Startup-Szene - untermauert mit dramatischen Zahlen. So sank die Halbwertszeit der Unternehmen seit 1984 von 30 auf fünf Jahre. Das heißt, die Hälfte der in den 80er Jahren gegründeten Firmen existiert noch heute, von den in den 2010er Jahren entstandenen Startup ist nach fünf Jahren die Hälfte verschwunden, das heißt entweder haben sie Ihr Business aufgegeben oder sie wurden von den Großen geschluckt.
Meinung des Redakteurs:
Mitte 2018 möchte Microsoft mehr als die Hälfte des eigenen Geschäfts in Deutschland in der Cloud abwickeln - ein ehrgeiziges, aber durchaus realistisches Ziel. Von derartigen Cloud-Anteilen sind die meisten Microsoft-Partner aber weit entfernt - ausgenommen natürlich die "Born in the Cloud"-Provider. Bei den besser aufgestellten großen Systemhäusern dürfte sich der Cloud-Anteil maximal im unteren zweistelligen Bereich bewegen. Doch ein Umdenken hat dort schon stattgefunden, wie die jüngsten Cloud-Initiativen von Bechtle und Cancom belegen. (rw)
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