Wir sind gewachsen - trotz des administrativen Chaos, das wir im vergangenen Jahr zu bewältigen hatten", freut sich Oliver Schallhorn, General Manager der Magirus Deutschland GmbH. Und Schallhorn weiß, wovon er spricht, schließlich zehrte der Bau des neuen Logistik- und Technologiezent-rums sowie der Umzug des gesamten Lagerbestands nach Illkirch bei Straßburg gehörig an den Nerven der Stuttgarter.
Dennoch wird der Value-Added-Distributor (VAD) am Ende des Geschäftsjahres 2001/2002 (zum 31. März) einen Gesamtumsatz von etwa 560 Millionen Euro verbuchen können - lautet die Schätzung. Das entspricht europaweit einem Zuwachs von 15 bis 20 Prozent. Das Deutschlandgeschäft trug nach Angaben von Schallhorn etwa 55 bis 60 Prozent zum Ergebnis bei. Allerdings lag die Wachstumsrate hierzulande bei moderaten sechs bis acht Prozent, in den Monaten Januar und Februar 2002 lagen die Umsätze nur auf dem Niveau des Vorjahres.
"Das Unix-Geschäft tritt derzeit auf der Stelle", nennt der Magirus-Mann einen der Gründe. Aber auch das Geschäft mit HP- und IBM-Maschinen trägt derzeit kaum zum Wachstum bei, das Compaq-Geschäft sei sogar leicht rückläufig gewesen, so Schallhorn. Sehr gut liefen hingegen der Absatz von Highend-Servern mit mehreren Prozessoren, der Vertrieb von Security-Produkten sowie der Absatz von Storage-Lösungen.
Letztgenannter Bereich sei in den vergangenen beiden Jahren auch jener mit den größten Wachstumsraten gewesen und wird es nach Einschätzung von Schallhorn auch bleiben. Derzeit sucht das Unternehmen noch einen geeigneten Softwareanbieter, der im Storage-Umfeld tätig ist. Auch einen Distributionsvertrag mit Oracle hat der VAD nach wie vor im Auge - bisher ohne Erfolg.
Auch dem Geschäft mit Linux-Servern räumt der Deutschland-Chef sehr gute Chancen ein. "In diesem Jahr kommt es zum Durchbruch", glaubt er zu wissen. Insbesondere die Themen Server-Konsolidierung, Mittelstandsgeschäft und Services sind seiner Meinung nach Triebfedern einer stark anschwellenden Nachfrage.
Seine Akzente wird der schwäbische VAD jedoch im kommenden Jahr in einem anderen Bereich setzen. "Nachdem wir jetzt den Rücken frei haben und alle Aufgaben und Vorbereitungen erledigt sind, werden wir das Servicegeschäft massiv ausbauen", zeigt Schallhorn die weitere Marschrichtung auf. Ab 1. April nimmt die europaweit agierende "Service-Group" offiziell den Geschäftsbetrieb auf. Ausgebildete Vertriebsmitarbeiter werden ab diesem Zeitpunkt herstellerübergreifende und standardisierte Dienstleistungspakete für die Magirus-Kundschaft feilhalten.
Getragen werden soll die neu aufgestellte Geschäftseinheit, an deren Spitze Magirus-Vorstandsmitglied Axel Feldhoff steht, von den drei Grundsäulen Finanzierung, Technik und Marketing. Ziel ist es, Systemintegratoren, Value-Added-Resellern und Systemhäusern spezielle Serviceleistungen rund um diese Themen zu verkaufen (siehe ComputerPartner 05/02, Seite 48).
Magirus will einen deutlichen Bedarf an derartigen Dienstleistungen ausgemacht haben. "Was liegt näher, wenn ein Systemhaus beispielsweise Marketing-Dienstleis-tung bei uns einkauft? Der Partner wird feststellen, dass wir das günstiger erledigen können als er selbst", erklärt der Magirus-Deutschland-Chef. Der zunehmende Kostendruck, von dem auch die Systemhäuser nicht verschont bleiben, soll also mit Hilfe der Serviceangebote seitens Magirus abgefedert werden.
Insgesamt ist der Magirus-Chef optimistisch, was die Zukunft der Branche anbelangt. "Der Peak, der einen deutlichen Trend nach oben ausweist, ist zwar noch nicht zu erkennen, doch die Projektlisten nehmen wieder deutlich an Umfang zu." Allerdings räumt der Manager ein, dass die Zurückhaltung in puncto Investitionsbereitschaft noch immer zu spüren sei. "Je größer das Auftragsvolumen der geplanten Projekten ist, umso länger dauert es, bis sie tatsächlich in Angriff genommen werden und es zum Geschäftsabschluss kommt", erklärt der Manager gegenüber ComputerPartner. Doch im zweiten Halbjahr - da ist sich Schallhorn sicher - werden die Geschäfte wieder anziehen.
Weiterhin mau werden aber wohl die Verkaufszahlen mit den Produkten der Software AG ausfallen. Als erster VAD wagte Magirus den Einstieg in den Vertrieb von "Tamino" und Konsorten. Das erregte noch vor zwei Jahren viel Aufsehen. Doch der anfänglichen Freude darüber folgte die Ernüchterung. "Möglicherweise war der Einstieg einfach zu früh.", legt Schallhorn die Karten offen auf den Tisch. Auch würde seitens des Lieferanten keine Nachfrage im indirekten Kanal generiert. Sein Fazit: "Die Software AG ist derzeit noch keine distributionstaugliche Firma."
www.magirus.com
ComputerPartner-Meinung:
Magirus nimmt derzeit viel Geld in die Hand. Das neue Logistik- und Technologiezentrum hat den Value-Added-Distributor eine Stange Geld gekostet. Jetzt pumpen die Stuttgarter weiteres Geld in das Unternehmen, um die neu aufgestellte Vertriebsorganisation "Service-Group" zum Laufen zu bringen. Ob sich die getätigten Investitionen rechnen und Magirus es schafft, dem Handel seine "vertriebsgerechten" Dienstleistungspakete zu verkaufen, wird sich aber erst noch zeigen müssen: Denn es erfordert auch auf Seiten der Handelspartner neue Denkansätze und Geschäftsmodelle. Hier ist sicherlich noch viel Aufbauarbeit zu leisten. Bleibt zu hoffen, dass Magirus über einen langen Atem verfügt, damit es den Weg hin zu einem Service-Distributor auch wirklich schafft. (cm)